Roter Lampion
antwortete der Chinese und wollte sich sogleich entfernen.
Cooper hielt ihn zurück. »Nicht Sie, sondern wir gehen ein paar Schritte zur Seite.«
Lo Sung wußte diese Geste zu würdigen, was zur Folge hatte, daß er nicht den geringsten Verdacht schöpfte, als Gordon Cooper mit dem Polizeihauptmann in den Garten ging und sich erkundigte, ob etwas Besonderes festgestellt worden sei.
»Das kann man wohl sagen«, erwiderte der Captain und berichtete von dem Safe und seinem seltsamen ›Sesam öffne dich‹. »Wenn ich mich nicht täusche, ist es ein Tompson-Tresor, den so schnell niemand knacken wird. Sollte sich diese Notwendigkeit jedoch einmal ergeben, dann suchen Sie den Friseursalon des Mandarin Hotels auf, und lassen Sie sich von ›Richard‹ bedienen. Er ist V-Mann, und Sie dürfen ihm mit dem Trinkgeld jede schriftliche Nachricht zustecken.«
»Ausgezeichnet!« entgegnete Cooper erleichtert. »Ich verstehe nur nicht, daß man mir Richard nicht schon früher genannt hat.«
Captain Collins lächelte. »Er wurde erst vor zwei Tagen auf Anweisung von London eingesetzt, um Ihnen ein ›Ausfallstor‹ zu beschaffen. Ich weiß es, weil ich ebenfalls V-Mann bin.«
»Was ich wiederum wußte«, erwiderte Cooper trocken. »Im Notfall hätte ich mich an Sie gewandt.«
»Hoffen wir, daß dieser Fall nicht eintritt.«
»Danke! Und jetzt wollen wir Schluß machen, sonst wird mein schwammiger Chinese noch argwöhnisch.«
Wenige Minuten später fuhr Captain Collins mit seinen Beamten und Bill Hawker, der noch am selben Tage eine Maschine nach Bangkok zu besteigen hatte, in die Stadt zurück, und Gordon Cooper bat Lo Sung, ihm noch eine Weile Gesellschaft zu leisten, da er gleich ein Gespräch nach Kuala Lumpur anmelden wolle, um den Druck loszuwerden, der auf ihm laste, bis er mit Sorokin gesprochen habe.
Der Chinese sagte gerne zu und versuchte, Cooper zu beruhigen. Dieser aber steigerte sich so in seine Rolle hinein, daß er später nicht mehr wußte, ob er sich nachträglich eingeredet oder wirklich vorausgeahnt hatte, was wie ein Gewitter über ihn hereinbrechen sollte. Der erste Blitz zuckte über den Himmel, kaum daß die Verbindung mit Kuala Lumpur hergestellt war.
»Haben Sie wieder Verwandtenbesuch?« fuhr ihn Ivo Sorokin gereizt an.
»No, Sir!« antwortete Cooper und brachte sekundenlang kein weiteres Wort über die Lippen.
»Nun reden Sie schon! Was wollen Sie von mir? Geschäftliche Dinge werden es bestimmt nicht sein. Und mein gesundheitlicher Zustand interessiert Sie ja auch nur am Rande.«
»Das ist nicht wahr, Sir!« brauste Cooper auf. »Was habe ich Ihnen getan, daß Sie mir derartige Dinge unterstellen?«
»Ich, ich… Bitte, nennen Sie mir den Grund Ihres Anrufes«, forderte Sorokin ihn in plötzlich ruhigem Tone auf.
Gordon räusperte sich. »Es fällt mir nunmehr sehr schwer, Ihnen sagen zu müssen, was mich bedrückt und veranlaßte, Sie anzurufen. Der Bruder meines Schwagers wurde heute mittag in Ihrem Haus verhaftet. Wegen einer Unterschlagung, die er in Rotterdam beging.«
»Peinliche Geschichte«, erwiderte Sorokin eisig. »Doch was geht sie mich an?«
Cooper war es, als hinge das Schwert des Damokles über ihm. »Die Verhaftung wurde in Ihrem Haus vorgenommen, das anschließend von der Polizei durchsucht wurde, weil…«
»Mein Haus wurde durchsucht?« schrie Sorokin auf und war in der nächsten Minute nicht wiederzuerkennen. Er tobte, als habe er den Verstand verloren, bis er mit einem Male ganz leise sprach, so als schleiche er sich an Cooper heran wie eine Katze an eine Maus. »Sind Sie noch da?« fragte er kaum hörbar.
»Ja, Sir!«
»Gut, Sie begeben sich augenblicklich zum Flughafen und fliegen mit der nächsten Maschine nach hier. Ob direkt oder über zehn Zwischenstationen, das ist mir gleichgültig. Ich wünsche Sie auf jeden Fall noch heute zu sehen. Und wenn es Mitternacht werden sollte, verstanden?«
»Aber ich kann doch nicht…«
»Dann sind Sie fristlos entlassen!« schrie ihn Sorokin an. »Sie haben die Wahl! Ende!«
Gordon Cooper war wie vor den Kopf geschlagen, doch es blieb ihm nichts anderes übrig, als seine Koffer zu packen und Lo Sung zu bitten, schnellstens bei einem Reisebüro anzurufen und zu versuchen, noch für den Nachmittag einen Flug nach Kuala Lumpur zu buchen. Und er hatte Glück. Er erhielt bei der ›BOAC‹ einen Platz in einer nach Singapore fliegenden Boeing 707, und von dort aus konnte er mit der Abendmaschine der Malaysian Airways nach
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