Roter Lampion
beispielsweise die Strecke von Kuala Lumpur nach Hongkong in gut drei Stunden zurücklegen.«
Sorokins Augen erhielten ihren brennenden Glanz zurück. »Und was kostet eine Düsenmaschine?«
»Da bin ich überfragt«, antwortete Cooper, dessen Gedanken wild durcheinanderwirbelten. »Ich schätze jedoch, daß man für ein fabrikneues Flugzeug etwa sechshundert- bis neunhunderttausend US-Dollar ausgeben muß.«
Ivo Sorokin knibbelte an seinen rissig gewordenen Lippen. »Sie sagten: fabrikneu. Gibt es auch Düsenmaschinen aus zweiter Hand?«
»Natürlich«, erwiderte Cooper lebhaft, da er Sorokins Überlegung unschwer erriet. »Bei Flugzeugen kann man jedoch nicht hereinfallen wie beispielsweise bei Autos. Sämtliche Teile eines Flugzeuges werden nach einem genau vorgeschriebenen Schema laufend kontrolliert und überholt.«
»Du wirst dir doch jetzt kein Flugzeug anschaffen wollen«, warf Margit Holstein fassungslos ein.
Gordon Cooper mußte sich beherrschen, den Mund zu halten.
»Und warum nicht?« fragte Sorokin, gleich wieder aufgebracht. »Wenn überhaupt, dann habe ich gerade jetzt ein Flugzeug nötig. Ich muß beweglich sein und Verhandlungen führen, die mir niemand abnehmen kann.«
»Ich begreife dich nicht«, erregte sich Margit Holstein. »Wie kannst du an Geschäfte denken, wo es um deine Gesundheit geht.«
»Jawohl, es geht um meine Gesundheit, der eine Krankenhausatmosphäre ebenso abträglich ist wie dein Wunsch, mich zu einem Menschen zu machen, der sein Geld den Armen vor die Füße wirft, um dann als Wanderprediger durch die Lande zu ziehen.«
»Das habe ich nie von dir verlangt«, begehrte sie auf.
»Natürlich nicht«, entgegnete er. »Aber es kommt auf das gleiche hinaus.« Damit wandte er sich an Gordon Cooper. »Sie möchte, daß ich keine Waffen mehr verkaufe und Organisationen wie das ›Rote Kreuz‹, ›Misereor‹ und ›Terre des hommes‹ unterstütze. Da wäre mein Geld schnell zu Ende. Machen wir es also kurz. Ich bin bereit, fünfhunderttausend Dollar für ein Flugzeug auszugeben, das mir die Möglichkeit bietet, auch im gelähmten Zustand wieder aktiv tätig zu sein. Wie und woher Sie die Maschine besorgen, das ist Ihre Angelegenheit.«
Gordon Cooper klopfte das Herz bis zum Halse. Sein kühnster Traum ging in Erfüllung. Im Geiste sah er sich bereits in zehntausend Meter Höhe am Himmel dahin jagen. Schade nur, daß Margit der große Elan fehlte. Cooper ahnte, worauf sie hinaus wollte, er wußte aber auch, daß man ein Rennpferd nicht vor den Pflug spannen darf. Er mußte unbedingt mit Margit sprechen.
Für Gordon Cooper wurde es ein aufregender und anstrengender Tag. Kaum hatte Margit Holstein das Krankenhaus verlassen, um ihre Reisevorbereitungen zu treffen, da stürzte sich Ivo Sorokin so sehr in die Arbeit, daß man hätte meinen können, er fliehe vor sich selber und fürchte sich vor Dingen, die in seinem Privatbereich lagen. Cooper konnte dies nur recht sein, denn intensive Arbeit war ihm lieber als eine an ein Wechselbad erinnernde Atmosphäre. Am Spätnachmittag wurde er dann von Patrice MacDonald mit Beschlag belegt. Damit hatte er jedoch gerechnet, als er Margit Holstein vorschlug, sich von ihrer Gönnerin zum Krankenhaus zurückbringen zu lassen. Er hatte es sich sogar gewünscht, denn er konnte trotz allem, was er über Patrice MacDonalds Vergangenheit wußte, keinen schlechten Menschen in ihr erblicken. Außerdem war sie attraktiv, und in seiner gegenwärtigen Situation fiel es ihm schwer, sein Feuer vor einem jähen Aufflammen zu bewahren. An diesem Abend ging ihm ihr Getue aber auf die Nerven. Sie umschwirrte ihn wie ein nektarbesessenes Kolibriweibchen, und der Ausschnitt ihres Kleides bot ihm eine so verführerische Aussicht, daß seiner Phantasie kein Spielraum mehr verblieb.
Er atmete daher tief durch, als es ihm nach dem sinnlosen Hinunterschütten einiger Whiskys mit Anstand gelang, ihr Apartment zu verlassen.
Sein Hotel aber suchte er nicht auf. Er fühlte sich verpflichtet, noch an diesem Abend mit Margit Holstein zu sprechen, und er nahm deshalb im Vestibül ihres Hotels Platz, in dem das Publikum an Eleganz miteinander wetteiferte. Wenn die europäische Kleidung auch vorherrschte, so gab es doch viele Malaiinnen und Chinesinnen in bunten, flammensprühenden Seidengewändern. Sogar Sultane, die in ihren farbenprächtigen und mit vielen Orden geschmückten orientalischen Uniformen wie Figuren aus Tausendundeiner Nacht aussahen, wanderten
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