Roter Zar
eingenommen wurde, ließ man kurzerhand alle Gefangenen frei. Sobald Grodek draußen war, meldete er sich zu den Revolutionsgarden und wurde später von der Tscheka rekrutiert. Als er hörte, dass Tscheka-Leute zur Bewachung des Zaren abgestellt würden, meldete er sich freiwillig. Ich habe erst herausgefunden, wer er war, als er bereits in Swerdlowsk war. Ich war ihm nie zuvor begegnet.«
»Und du meintest, das alles vor mir verheimlichen zu müssen?«
»Ich habe es dir nicht erzählt, weil ich fürchtete, du würdest bei den Ermittlungen nicht mithelfen, wenn du wüsstest, dass Grodek auf freiem Fuß ist. Und das Büro wollte meine Beförderung doch nur dann aussprechen, wenn ich dich dazu bringe, in dem Fall zu ermitteln.«
»Und stimmt es? Hat Grodek, als er im Ipatjew-Haus stationiert war, dem Zaren angeboten, ihm bei der Flucht zu helfen?«
»Ja. Im Austausch gegen den Goldschatz des Zaren. Grodek wollte die Familie freilassen, wenn der Zar ihn zum Goldversteck führt. Der Zar ließ sich darauf ein. Es war alles ausgearbeitet.«
»Und du hast ihm dabei geholfen, oder?«
Anton nickte. »Jemand musste für Ablenkung sorgen, während Grodek die Familie aus dem Haus schaffte und auf einem unserer Laster wegbrachte.«
»Und was hast du dafür bekommen?«
»Ich sollte die Hälfte von allem bekommen.«
»Und wie hat dieses Ablenkungsmanöver ausgesehen?«, fragte Pekkala.
»Grodek und ich haben den Wachen erzählt, dass wir in die Schänke gehen. Da waren wir jede Nacht, es ist also kaum aufgefallen. Aber dann bin ich in die Polizeidienststelle eingebrochen, habe im Ipatjew-Haus angerufen und mich für einen Offizier aus der Kaserne in Kungur auf der anderen Uralseite ausgegeben. Ich habe gesagt, die Weißen wären gerade an Kungur vorbeigezogen und hätten es auf Swerdlowsk abgesehen, und ihnen auch gleich noch befohlen, alle verfügbaren Männer zum Bau einer Straßensperre abzustellen. Dann bin ich zu dieser Straßensperre und habe herumerzählt, dass Grodek noch in der Schänke und zu betrunken sei, um mitzukommen. Ich habe dafür gesorgt, dass wir so lang wie möglich an der Straßensperre blieben, damit Grodek genügend Zeit hatte, die Romanows zu befreien.«
»Und was hatte Katamidse dabei verloren?«
»Wir wussten, dass mindestens zwei Leute zur Bewachung der Romanows zurückgelassen würden. Der Zar hatte Angst, jemand aus der Familie könnte verletzt werden, wenn Grodek versuchte, die Wachen zu überwältigen. Deshalb sperrte er sich gegen den Rettungsplan, bis Grodek mit der Idee kam, einen Fotografen ins Haus zu schicken. Dadurch war es möglich, alle sicher im Keller zu versammeln, bis sich Grodek um die beiden Wachleute gekümmert hatte.«
»Aber musste es den Wachen nicht verdächtig vorkommen, wenn Katamidse nach Einbruch der Dunkelheit eintraf?«
»Nein. Wir haben unsere Anweisungen zu jeder Tages- und Nachtzeit erhalten. Manchmal hat es sechs Stunden gedauert, bis die von Moskau ausgegebenen Befehle bei uns eingetroffen sind. Dann war es bei uns vielleicht schon Mitternacht, aber wenn der Befehl beinhaltete, ihn sofort auszuführen, dann haben wir das eben getan.«
»Zu Grodeks Plan gehörte es dann also, zwei der eigenen Leute umzubringen?«
Anton hob langsam den Kopf. »Hast du vergessen, was ihr ihm beigebracht habt? Grodek hat eine Terrorzelle aufgebaut, deren einziges Ziel ein Attentat auf den Zaren war. Und als diese Leute Grodek vertraut haben, hat er sie alle verraten. Sie haben alle sterben müssen, sogar die Frau, die er geliebt hat. Was tat es da noch zur Sache, wenn zwei weitere Menschen sterben sollten?«
»Mehr als zwei«, sagte Pekkala. »Er hatte doch nie wirklich vor, den Zar zu befreien, oder?«
»Der Zar hat Grodek erzählt, der Schatz wäre ganz in der Nähe versteckt. Er könnte ihn noch in derselben Nacht hinführen. Grodeks Plan sah vor, den Zaren zum Versteck zu begleiten, sich zu vergewissern, dass das Gold auch wirklich dort war, und dann ihn und die Zarin umzubringen. Die Kinder wollten wir freilassen. Laut Grodek wollte er sie nicht erschießen, wenn es nicht unbedingt nötig sei. Später hat er behauptet, der Zar und die Zarin seien beim Fluchtversuch erschossen worden. Aber das stimmt nicht. Es ist von Anfang an schiefgelaufen.«
»Was ist passiert?«
»Sie haben sich gestritten. Als Grodek in den Keller kam, hat der Zar ihn angeblich verhöhnt und behauptet, der Schatz sei direkt vor seinen Augen, die Romanows selbst wären der Schatz. Grodek hat
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