Roter Zar
Leiter aus der Hütte und wischte sich die Hände an einem Lumpen ab. Er trug einen an den Knien zerrissenen und mit Ölflecken übersäten Blaumann.
»Willkommen im Swerdlowsker Regionalzentrum für Transport«, begrüßte er sie wenig freundlich und schlurfte durch Pfützen, auf denen ausgelaufenes Benzin in allen Regenbogenfarben schillerte. »Wir sind auch das Regionalzentrum für Kommunikation.« Er zeigte auf ein verbeultes Telefon, das in der Hütte an die Wand genagelt war. »Wollen Sie auch den Titel hören, den man mir verliehen hat, damit ich mich um das alles hier kümmere? Es würde fünf Minuten dauern, um ihn aufzusagen.«
»Wir wollen nur Benzin.« Anton zog eine Reihe von rostroten Benzinkupons aus der Tasche, zählte sie geschwind ab wie ein Kassierer in einer Bank und reichte sie ihm.
Ohne sie überhaupt anzusehen, warf der Mann sie in ein Fass mit alten Motorteilen und Öllumpen, bevor er sich am Benzinfass mit seiner Handpumpe zu schaffen machte. Mit der Pumpe baute er Druck im Fass auf, dann griff er sich den schweren Stutzen und begann den Emka aufzutanken. »Wo wollen Sie denn hin? Viele kommen hier nicht mehr mit einem Wagen durch. Die meisten nehmen heutzutage die Bahn.«
»Zur Irrenanstalt in Wodowenko«, erwiderte Kirow.
Der Tankwart nickte. »Und auf welcher Route?«
»Die Straße nach Süden führt direkt dorthin«, kam es von Kirow.
»Aha«, flüsterte der andere. »Verständlich, aber falsch. Aber Sie sind ja auch nicht von hier.«
»Was soll das heißen – falsch?«
»Sie werden feststellen, dass es die Straße … äh … nicht gibt.«
»Was soll das?«, fragte Anton. »Ich habe sie auf der Karte gesehen.«
»Na ja, es gibt sie schon«, versicherte der Tankwart. »Nur, im Süden ist kein Land mehr.«
»Kein Land mehr? Haben Sie jetzt ganz den Verstand verloren?«
»Haben Sie die Karte bei sich?«, fragte der Tankwart.
»Ja.«
»Werfen Sie mal einen Blick darauf, dann sehen Sie, was ich meine.«
Anton breitete auf der Motorhaube die Karte aus. Es dauerte etwas, bis er sich orientiert hatte.
»Hier ist die Straße«, sagte Anton und fuhr sie mit dem Finger entlang.
Der Tankwart deutete mit seinem dieselverschmierten Finger auf eine große weiße Fläche südlich der Stadt, auf der die dunkelblaue Linie der Straße zu einer gepunkteten Linie wurde.
»Das ist mir vorher nicht aufgefallen«, sagte Anton. »Was bedeutet das?«
Dem Tankwart war anzusehen, dass er es zwar wusste, aber nicht die geringste Absicht hatte, damit herauszurücken. »Fahren Sie außen herum«, sagte er und deutete auf eine andere Straße, die sich erst nach Süden schlängelte, bevor sie in weitem Bogen um die weiße Fläche herum- und nach Wodowenko führte.
»Aber das wird Tage dauern!«, protestierte Anton. »So viel Zeit haben wir nicht.«
»Wie Sie wollen«, erwiderte der Tankwart.
»Was verschweigen Sie uns?«, fragte Pekkala.
Der Tankwart hievte einen weiteren Benzinkanister hoch und wuchtete ihn Pekkala auf die Arme. »Nehmen Sie den auch noch mit, für alle Fälle«, sagte er.
Am Spätnachmittag erreichten sie den Rand der großen Leere auf der Karte; sie kamen an eine Straßensperre, die aus einem Baumstamm auf zwei Holzböcken bestand. Neben der Straße war eine kleine Hütte errichtet.
Ein Wachmann stand mitten auf der Straße und signalisierte mit erhobenem Arm, dass sie anhalten sollten. In der anderen Hand hielt er einen Revolver. Die enganliegenden Ohren des Wachmanns verliehen ihm das Aussehen eines Greifvogels. Am Kragen trug er die roten rechteckigen Abzeichen eines Offiziers.
Ein zweiter döste in der dunklen Hütte. Er hatte die Arme verschränkt, der Kopf war ihm auf die Brust gefallen.
Pekkala fiel auf, dass die Felder hinter der Straßensperre bewirtschaftet waren. In der Ferne schimmerten in der Sonne die gedeckten Dächer eines Dorfes.
Auch Anton hatte es gesehen. »Laut der Karte gibt es dieses Dorf nicht«, sagte er.
Kirow hielt an, ließ aber den Motor laufen.
Der Offizier kam ans Fahrerfenster. »Aussteigen«, sagte er. »Alle drei.«
Der zweite Wachmann – er hatte große, tiefliegende Augen und einen üppigen dunklen Vollbart – war mittlerweile aus der Hütte gekommen. Er schnallte sich den Revolvergürtel um und trat zu seinem Gefährten am Wagen.
Anton, Pekkala und Kirow standen am Straßenrand, während die beiden Wachleute den Wagen durchsuchten. Sie schraubten die Benzinkanister auf und schnüffelten am Inhalt. Sie inspizierten die
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