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Rotes Meer

Rotes Meer

Titel: Rotes Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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jung. Aber er würde immer noch im arbeitsfähigen Alter sein, wenn Elsa das Abitur machte, vielleicht immer noch, wenn sie ihr Doktorexamen machte. Falls sie studieren wollte. Vielleicht wollte sie lieber singen. Oder tanzen. Lilly konnte gut Twist tanzen. Angela legte Chubby Checker für die Mädchen auf, Let’s twist again , wieder und wieder.
    Die Straßen waren sauber und still. Alle Spuren der Dunkelheit waren verschwunden. Der Himmel war wie blank geschrubbt, genau wie die Erde. Bereit für den Tag. Er öffnete das Fenster und ließ die Sommerdüfte sanft und diskret hereingleiten, nur nicht übertreiben. Sie waren hier im Norden.
    Er stellte das Radio an. Nirgends wurden Verkehrsstaus gemeldet, weil nirgends Verkehr war. Wer die Stadt verlassen konnte, hatte es bereits getan. Mittsommer war ein heiliger Tag. Das Wetter würde schön werden, teilte eine fröhliche Frauenstimme im Radio mit. Ihre Stimme klang verdammt fröhlich, halb so fröhlich hätte auch genügt. Fröhliche Stimmen sind mir schon immer auf den Geist gegangen, nicht zuletzt im Radio und im Fernsehen, dachte er. Wer neutral ist, schmeichelt sich nicht ein, ganz zu schweigen von dem, der sauer ist. Es ist ein besseres Gefühl, einem sauren Typen zuzuhören, sicherer. Heute müssen alle fröhlich sein. Er legte eine CD ein und fuhr mit Bobo Stensons Musik an Gamlestaden vorbei. Das war Morgenmusik, wie ein indischer Morgenraga. Oleo de mujer con sombrero , das war Spanisch. Er verstand die Worte, aber der beste Jazz war seine eigene Sprache. Das schwarzweiße Cover lag auf dem Beifahrersitz: eine Ebene, ein Strand, eine Wüste, eine große, leere Landschaft. War Orphans , die Scheibe hatte er vor etwa zehn Jahren gekauft. Waisen des Krieges. Er war auf dem Weg zu ihnen, und er hatte das Gefühl, dass es ein langer Vormittag werden würde, vielleicht der längste.

    Lars Palm, Chef der Wohnungsverwaltung, wartete vor dem Büro. Er wirkte munter, als hätte er genügend Zeit gehabt, sich auf den Tag vorzubereiten. Auf dem Marktplatz von Hjällbo, der hinter der Kirche lag, sah Winter keine anderen Menschen. Es war immer noch sehr früh.
    »Entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie aus dem Bett geholt habe«, sagte Winter.
    »Das haben schon andere vor Ihnen geschafft.« Palm lächelte.
    »Wohnen Sie hier?«
    »Fast. Oben am Hjällbovallen. Und Sie?«
    »Fast in Heden«, sagte Winter.
    »Aha. Ich hab ein bisschen Probleme mit dem Verkehr im Zentrum.«
    »Wer hat das nicht«, sagte Winter.
    »Wir leben hier fast wie auf dem Lande«, sagte Palm.
    »Jedenfalls an einigen Stellen.«
    »Ich habe Riita erwischt«, sagte Palm. »Sie arbeitet im Augenblick.«
    »Sie arbeitet Mittsommer?«
    »Nur einige Stunden. Unten auf der Sandspåret. Wir können gleich hingehen.«

    Auf dem Weg dorthin kamen sie am Limonell Café vorbei. Es würde in einer Stunde öffnen.
    »Oben in Gårdsten haben sie dichtgemacht«, sagte Winter.
    »Das wusste ich nicht.«
    »Falls es derselbe Besitzer ist.«
    »Ich glaube schon. Die Gäste sind jetzt überwiegend Somalier.«
    »Ach?«
    »Die haben die meiste Zeit.«
    »Aha.«
    »Sie stehen ganz unten in der Rangordnung, früher waren es die Zigeuner. Jetzt sind es die Somalier.«
    Winter nickte.
    Sie gingen in Richtung Süden, einige Treppenstufen hinunter. Die Häuser verteilten sich in geraden Kolonnen über die Wiesen.
    »Jetzt kenne ich mich aus«, sagte Winter.
    »Inzwischen waren Sie ja auch einige Male hier oben.«
    »So habe ich das nicht gemeint. Genau hier kenne ich mich aus.«

20
    R iita Peltonen sah jünger aus, als Winter erwartet hatte. Er hatte keine Ahnung, was er sich vorgestellt hatte, vielleicht jemanden, der geradewegs dem östlichen Karelien entstiegen war, spätes neunzehntes Jahrhundert. Vorurteile stellten sich leicht ein, besonders hier, in diesen Stadtteilen, wo die Vorstellung von Menschen nie mit Wissen über sie einherging, und wenn doch, dann war es das Wissen anderer, und in den meisten Fällen war es falsch.
    Er wollte Riita Peltonen selbst treffen, selbst mit ihr reden.
    Sie sprach ein singendes Schwedisch. Wenigstens das entsprach seiner Erwartung. Das war kein Vorurteil, es handelte sich einfach um eine schöne Sprache. Sie erinnerte an Mittsommer, bevor der Hochsommer die Oberhand gewann.
    Riita Peltonen sagte: »Hier gibt es viele Jungen auf Fahrrädern.«
    »Das verstehe ich.«
    »Wie sieht er aus?«
    Winter versuchte, den Jungen zu beschreiben.
    »So sehen viele aus.« Sie lächelte.
    »Er

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