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Rotes Meer

Rotes Meer

Titel: Rotes Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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blasen, aber das würde im Auto riechen, und er musste an seine Kinder denken. Morgen würde er mit ihnen um die Mittsommerstange tanzen und die Mädchen würden Blumenkränze auf dem Kopf tragen, Angela und er vielleicht sogar auch. Hoffentlich hat Fredrik für eine Mittsommerstange gesorgt. Ich will tanzen, coole Jungs tanzen, wenigstens mit ihren Kindern.
    »Wir wissen nicht, worum es hier geht«, sagte Ringmar. »Oder so: Wir wissen, dass es sich um Mord handelt, aber wir wissen nicht, warum gemordet wurde.«
    »Ungewöhnlich oft diesmal«, sagte Winter.
    »Ungewöhnlich viele Morde.«
    Winter ließ das Autofenster herunter und zündete sich keinen Corps an. Sie waren allein. Manchmal fühlte man sich ungewöhnlich einsam zwischen den stillen Häusern.
    »Hörst du?« Er wandte sich zu Ringmar.
    »Was soll ich hören?«
    Winter antwortete nicht. Er lauschte auf etwas, das nicht da war.
    »Was soll ich hören?«, wiederholte Ringmar.
    »Die Stille«, sagte Winter. »Es ist vollkommen still, und genau darum geht es.«
    »Die Stille?«
    »Ja, die Stille. Hast du jemals eine Ermittlung durchgeführt, bei der es so still war?«
    Ringmar antwortete nicht. Das Schweigen war auch eine Antwort.
    »Da sitzen wir mitten in den nördlichen Stadtteilen mit ihrer aufregenden ethnischen Mischung, ihren achtundsechzig Nationalitäten, ihren kunterbunten kriminellen Organisationen und gut etablierten Gangs mit gut funktionierenden Informationsnetzen, wir mit unseren genauen Planspielen und besten Kontakten zu allen, die möglicherweise etwas wissen – und mittendrin geschehen die spektakulärsten Morde in der Kriminalgeschichte der Stadt. Morde, die die größte Aufmerksamkeit erregt haben, jedenfalls in den Medien. Vermutlich wird darüber in jeder Familie von Gårdsten über Bergsjön bis nach Rannebergen geredet.« Winter machte eine Pause. Vielleicht hatte er einen Windhauch über einem Dach, ein sanftes Säuseln gehört. »Und wozu hat das bisher geführt, Bertil?«
    »Schweigen.«
    Winter nickte. Er öffnete die Tür, stieg aus, zündete sich einen Corps an, nahm einen Zug, blies den Rauch aus und sah zu, wie er in den Himmel stieg. Der erste Zug des Tages, lieblich, sauber und unschuldig. Wie der Morgenfurz, lieblich wie die Morgenbrise.
    »Und das Schweigen hängt mit dem zusammen, womit diese Männer sich befasst haben«, sagte Winter. »Das war eine private Schweinerei, und deswegen ist auch das Schweigen privat. Verstehst du, was ich meine, Bertil?«
    »Ich glaube ja.«
    Ringmar war ebenfalls ausgestiegen. Er stand neben dem Auto und streckte die Arme über den Kopf.
    »In diesen Fall ist keine etablierte Organisation verwickelt, jedenfalls nicht direkt, jedenfalls nicht von Anfang an.«
    »Vielleicht gar nicht.«
    »Ich weiß es nicht, Bertil. Ich verstehe nicht, wie das mit Brors Informant zusammenhängen könnte. Warum ist er verschwunden?«
    »Wenn er verschwunden ist. Und wenn es in die Zusammenhänge gehört.«
    »Ich glaube, dass jemand Bescheid weiß, außer den Mördern und außer diesem Jungen, falls er ein Zeuge ist. Ich glaube, er ist einer.«
    »Ich weiß, dass du das glaubst, Erik.«
    »Vielleicht verschwindet er auch bald, wenn er nicht schon verschwunden ist.«
    »Nennt man das etwa positives Denken?«
    Winter antwortete nicht. Er hörte nicht zu. Er dachte an das Schweigen.
    »Ich hab mich selten so von der Sicherung von Spuren abhängig gefühlt«, sagte er. »Und trotzdem kann es uns wieder auf Null zurückwerfen.«
    »Komm schon, Erik. Hast du nicht gesagt, man muss immer bereit sein, zurück auf Los zu gehen? Dass das der Normalzustand eines Fahnders ist?«
    Winter nahm noch einen Zug. Er schmeckte mild, es war ein lieblicher Zigarillo. Der Rauch löste sich rasch auf, als ob die Luft wärmer geworden wäre. Es waren bestimmt über zwanzig Grad.
    »Ich hab schon lange nicht mehr Monopoly gespielt«, sagte er.
    »Jetzt tust du es«, sagte Ringmar.
    »Dann hoffe ich, dass ich mir ein Hotel am Strandvägen und eins am Norrmalmstorg in Stockholm bauen kann und keinen Mitspieler an mir vorbeilassen muss.«
    »Warum nicht am Rymdtorget?«, fragte Ringmar.
    »Hier kommt ja sowieso niemand vorbei«, antwortete Winter. Aber in derselben Sekunde, als er das sagte, wusste er, dass er sich täuschte.

    Winter bog statt nach rechts nach links auf den Bergsjövägen ein.
    »Ich dachte, wir wollten nach Hause«, sagte Ringmar.
    »Wir nehmen einen anderen Weg«, sagte Winter.
    »Den nördlichen, wie ich

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