Rotes Pferd mit schwarzer Mähne
die fettgedruckte Überschrift der ersten Seite: «Trabrennfahrer aus Coronet entging in Bedford knapp dem Tod.» Darunter stand: «Jimmy Creech, Fahrerveteran, mußte nach einem schweren Zusammenstoß mit dem 29jährigen Frank Lunceford aus New York bewußtlos ins Krankenhaus gebracht werden. Lunceford blieb unverletzt, während Creech aus dem Sulky geschleudert wurde und mit dem Kopf hart auf den Boden aufschlug. Obwohl er verschiedentlich auf die neue Vorschrift hingewiesen worden war, trug Jimmy Creech keinen Sturzhelm unter der Fahrerkappe, sonst hätte es nicht so schlimm werden können.»
Tom legte die Zeitung weg. Er war blaß geworden. Er konnte nicht gegen den Gedanken an: Das ist echt Jimmy! Weil es eine Neuerung ist, verschmäht er den Sturzhelm! Was wird nun geschehen? Jimmy hat bis jetzt nur wenig verdient. Einmal wollte er Queen verkaufen. Er wird doch jetzt nicht daran denken, Feuerteufel wegzugeben...? Niemand konnte Voraussagen, was Jimmy Creech tun würde, wenn er verzweifelter Stimmung war.
Zwei Wochen später kehrten Jimmy und Georg nach Coronet heim. Jimmy war erschreckend blaß, sein Kopf dick bandagiert. Georg wollte ihm aus dem Wagen helfen, doch er schob die ausgestreckte Hand beiseite: «Nicht nötig!» sagte er kurz und begrüßte dann Tom, als wäre nichts geschehen.
Tom brachte kein Lächeln zustande, so erschrocken war er über das kranke Aussehen seines alten Freundes. Jimmy eilte zum Stall. Tom ging neben Georg langsam hinter ihm her. «Wie steht es?» erkundigte er sich leise.
«Eine ganz schöne Wunde», antwortete Georg. «Freilich hat er noch Glück gehabt — die hinter ihm trabenden Pferde hätten ihn zertrampeln können. Trotzdem macht mir nicht die Verletzung, sondern sein Magen große Sorgen. Er muß auf schnellstem Wege wieder zum Arzt.»
Tom fragte, ob sie nicht zuerst Symbol ausladen sollten?
«Den Wallach hat er verkauft», antwortete Georg ruhig, «selbstverständlich wieder viel zu billig, obwohl er Geld braucht. Ein junger Mann von einer Farm in der Umgebung von Bedford kam zu ihm ans Krankenbett und machte ihm ein Angebot. Merkwürdig, daß er bei einem Pferd weiß, wann es Zeit ist, aufzuhören, bei sich selbst aber nicht.»
Vom Stalleingang aus sahen sie Jimmy vor Feuerteufels Box stehen. Als er ihr Kommen bemerkte, ging er in die Geschirrkammer. Dort fanden sie ihn, den Kopf auf die Hände gestützt, am Tisch sitzen. «Schmerzt dich die Wunde?» fragte Georg besorgt.
«Nein!» Jimmy sprang auf und ging nervös im Raum auf und ab.
«Setz dich hin, Jimmy!» sagte Georg mit einem entschiedenen Tonfall, den Tom noch niemals bei ihm gehört hatte.
Jimmy gehorchte, plötzlich wieder blaß geworden.
«Ich habe dir immer geduldig zugehört, jetzt wirst du mich einmal anhören!» sagte Georg hart. «Ich habe nämlich genau gesehen, was vorgegangen ist: Du hast versucht, Lunceford an den Zaun zu drängen, damit du an ihm vorbeikonntest. Du wußtest, daß Symbol nicht imstande war, um ihn herumzulaufen. Aber Lunceford gab dir den Weg nicht frei, du verhaktest eure Sulkyräder ineinander. Doch das traurigste dabei ist, ich glaube beinahe, daß du dir gar nicht bewußt bist, was du getan hast. Du dürftest in diesem Zustand keine Rennen mehr fahren, Jimmy. Es ist unverantwortlich!»
Jimmy erwiderte kein Wort, als Georg geendet hatte. Er war sichtlich tief getroffen.
Nach langer Stille hörte Tom Jimmy mit zitternder Stimme fragen: «Du meinst tatsächlich, daß ich Lunceford bedrängt habe und nicht er mich? Bist du sicher?»
«Ja, ich habe es mit meinen eigenen Augen gesehen!» Georgs Ton war sanfter, als er weitersprach: «Du willst doch wieder gesund werden, Jimmy, und willst das Fohlen einfahren, nicht wahr? Es ist vorbereitet, du kannst beginnen!»
«Du weißt, daß ich das möchte», sagte Jimmy sehr matt, «ich könnte mir einen unschlagbaren Traber aufbauen. Aber woher soll ich das Geld nehmen, ihm Futter zu kaufen? Ich habe kaum etwas zum Leben.»
«Aber ich besitze eine kleine Reserve!» antwortete Georg energisch. «Verfüge darüber und höre auf, dir über diesen Punkt Sorgen zu machen!»
«Und ich habe auch 100 Dollar auf meinem Sparbuch!» rief Tom. «Sie gehören dir, Jimmy!»
«Das kann ich nicht annehmen», begann Jimmy, doch Georg unterbrach ihn energisch: «Das Fohlen gehört auch Tom und mir, wir schenken dir gar nichts, wir denken nur an unser Pferd, nicht wahr, Tom?»
«Das stimmt», sagte Jimmy, «es gehört uns dreien.»
«Also!
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