Rotglut - Kriminalroman
ließ sich Pauline auf einen Hocker gleiten und schlüpfte aus ihren Sandaletten. Michaela wollte einen Teller mit Canapés organisieren und Christiane bestellte drei Gläser Rotwein. Vielleicht wusste Pauline ja Rat, wie sie aus dieser Misere wieder herauskommen würde. Sie nippte an ihrem Wein, und eine Hitzewelle durchströmte sofort ihren Körper. Der Wein war allerdings lediglich zimmerwarm, die Wärmequelle musste eindeutig von woanders herkommen. Delano hatte das Gespräch mit Anne-Marie höflich beendet und sich hinter Christianes Hocker gestellt. Sie konnte seine Körperwärme durch den Stoff ihres Kleides spüren und musste sich eingestehen, dass sie es genoss. Hölzle hatte offenbar von dem neuen Gast noch nichts mitbekommen, und sie hoffte – obwohl sie sich über Marks Anwesenheit freute – inständig, dass Mark nur kurz auf ein Glas Wein bleiben würde. Sie drehte den Kopf und versuchte, einen Blick auf Heiner zu erhaschen, der mit dem Rücken zu ihr in der Nähe des Pavillons stand und sich mit seinen Kollegen unterhielt. Sie sah, wie Peter in ihre Richtung nickte, Hölzle offenbar irgendwas fragte und dieser sich daraufhin umdrehte.
Im Schein der Fackeln konnte sie erkennen, wie Hölzle zusammenzuckte und seine Miene zu Eis erstarrte. Dann setzte er sich in Bewegung. Christiane war ganz mulmig zumute, so hatte sie ihren Freund noch nie gesehen. ›Hoffentlich macht er jetzt keine Dummheiten.‹
Ohne Christiane eines Blickes zu würdigen, wandte er sich an Delano. »Ich denke, Sie gehen am besten gleich wieder. Und zwar sofort.« Seine Stimme hatte einen bedrohlichen Klang angenommen und erinnerte Christiane an das Knurren eines Rottweilers kurz vor dem Zuschnappen.
»Haben Sie das zu entscheiden, Herr Hölzle? Ich amüsiere mich hier bestens.«
Christiane erwartete beinahe, dass aus Heiners Nasenlöchern Rauch aufsteigen würde, so wütend, wie dieser war. Sie mischte sich ein, bevor die Situation eskalieren konnte.
»Mark, bitte. Ich will keinen Stress. Ich weiß nicht, womit ihr beide ein Problem habt. Aber vielleicht ist es wirklich besser, wenn du wieder gehst.« Sie legte ihm ihre Hand auf den Arm und erhob sich.
Mark Delano warf einen geringschätzigen Blick auf Hölzle, hauchte Christiane zu allem Überfluss noch ein Küsschen auf die Wange, nickte den Damen zum Abschied zu und verschwand.
»Was hast du mit dem zu schaffen?«, polterte Hölzle los, ohne Rücksicht darauf, dass Christianes Freundinnen daneben standen.
»Äh, nichts, ich …«, stotterte Christiane.
»Lüg mich nicht an. Verarschen kann ich mich allein! Wir sprechen uns später zu Hause«, unterbrach er sie. Die Kälte in seiner Stimme ließ sie schaudern. Hölzle wandte sich um und ging zurück zu seinen Freunden, schnappte sich ein Bier und warf ihr nochmals einen so zornigen Blick über die Schulter zu, dass Christiane es nun wirklich mit der Angst zu tun bekam. Der Abend war mehr oder weniger gelaufen. Auf die Fragen ihrer Freundinnen reagierte sie ungehalten.
Als Michaela den anderen dann noch von dem Besuch Delanos am Morgen in Christianes Küche berichtete, hätte Christiane der Freundin am liebsten ein paar gescheuert. Petra wiederum versuchte abzulenken und erzählte, dass sie wahrscheinlich mit den Bremer Philharmonikern, bei denen sie ihre Harfe zum Einsatz brachte, zu einem viertägigen Gastspiel nach Österreich aufbrechen würde und dass sie noch am Überlegen sei, wem sie ihr Pferd Bellino in dieser Zeit anvertrauen würde. Anne-Marie verkündete, dass sie im nächsten Monat ein Haus in Schwachhausen einrichten sollte und die Besitzer hätten einen derart abstrusen Geschmack, dass ihr jetzt schon ganz bange sei. Egal, welche Themen die Freundinnen anschnitten, Christiane hatte für nichts ein Ohr und ihr graute davor, in ein paar Stunden mit Heiner allein zu Hause zu sein.
Pünktlich um Mitternacht piepste Hölzles Handy. Eine MMS von einer ihm unbekannten Nummer. Er öffnete die Mitteilung. Das Foto, das er sah, ließ ihn die Luft anhalten: Christiane und Mark Delano in herzlicher Umarmung. Er küsste sie auf die Wange und eine Hand Delanos lag auf Christianes Po. Es sah vertraut und besitzergreifend aus. Das Datum, das angefügt war, zeigte den 12. Juli 2010. Hölzles Brust schmerzte, als ob eine eiserne Faust sein Herz zusammenpressen würde. ›Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Heiner‹, gratulierte er sich selbst sarkastisch.
Um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, musste er wenige
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