Rotglut
Besitzt in der Stadt eine Apotheke, hat zwei Angestellte, eine PTA und eine Apothekenhelferin. Der Laden lief schon seit Längerem schlecht, zu viel Konkurrenz durch andere Apotheken und natürlich durch das Internet. Harmsen hätte schon längst investieren sollen, die Apotheke sieht aus wie vor 30 Jahren.«
»Woher weißt du das denn schon wieder alles?«, fragte Harry leicht genervt.
Peter feixte. »Ich war vor euch da und habe mich bereits mit den Nachbarn unterhalten. Außerdem habe ich schon mal einen Blick in seine Bücher geworfen, da sieht’s nicht rosig aus.«
»Gut«, lobte Hölzle kurz und knapp.
»Angeber«, kommentierte Harry. »Neidhammel«, konterte sein Kollege.
»Könnt ihr mal aufhören?«, ging Hölzle dazwischen. »Ihr benehmt euch wie zwei Vierjährige, die sich gegenseitig die Sandförmchen klauen. Los jetzt. Einpacken und ab ins Präsidium. Kümmert ihr euch mal lieber um Stegmann.«
»Mann, hat der ’ne Fahne«, hörten sie Sebastian Dannecker von der Spurensicherung sagen, der gerade half, den Leichnam in einen schwarzen Sack zu hüllen. »Also, wie der das noch geschafft hat, sich die Waffe so präzise an den Kopf zu halten und zu schießen … Hut ab!«
Hölzle sah sich um. Nirgends standen ein Glas oder eine Flasche herum. Überhaupt fand er es hier für einen allein lebenden Mann sehr aufgeräumt. ›Der hot jo wohl kaum no sei Glas gspült ond d’Flasch en da Kühlschrank gschtellt, bevor er sich erschossa hot.‹ »Vielleicht ja doch kein Selbstmord«, konstatierte Hölzle.
Markus Rotenboom kam gut gelaunt in Hölzles Büro. »Lust, noch was trinken zu gehen?«
Hölzle nickte. »Gern. Besser, als nach Hause zu fahren, dort ist die Stimmung unter den Nullpunkt gefallen.«
Rotenboom setzte sich und sah seinen Freund fragend an. »Was ist los? Willst du drüber reden?«
»Bei mir zuhause ist die Kacke am Dampfen. Christiane schaut sich nach anderen Männern um und gerät ausgerechnet an diesen Delano.«
»Also ich versteh nur Bahnhof, erklär mir das nachher mal in Ruhe bei einem Hefeweizen. Bevor wir gehen, noch die neuesten Ergebnisse zum Selbstmord dieses Apothekers. Meine Jungs haben aus dem Geschirrspüler ein Glas mitgenommen und außer einem erstklassigen Whiskey auch Rückstände eines starken Schlafmittels gefunden.«
Hölzle pfiff leise durch die Zähne. »Schau mal an. Vielleicht wirklich kein Selbstmord?«
»Kommt darauf an, wie viel dieser Harmsen eingenommen hat und wann.« Markus Rotenboom blickte missbilligend in Richtung Musikbox. »Würde es dir was ausmachen, diesen Klimperkasten auszuschalten?«
Heiner Hölzle stand seufzend auf und ging um den Schreibtisch herum. »Nein, nein. Ich weiß ja, dass das außer mir keiner hören will.« Er drückte auf eine Taste und ›Der kleine Floh in meinem Herzen‹ verstummte. Markus nickte dankbar.
»Es läuft gerade an keiner Front«, schimpfte Hölzle unvermittelt los. »Ich weiß nicht, was wir bei diesem Stegmann-Fall übersehen. Es macht mich noch wahnsinnig. Überall lose Fäden, aber nichts Brauchbares zum Zusammenknüpfen. Es ist zum Kotzen!«
»Komm mal wieder runter«, beruhigte Markus den aufgebrachten Hölzle. »Wir gehen jetzt an die Schlachte, dann bekommst du vielleicht bessere Laune.« Er stand auf und klopfte seinem Freund aufmunternd auf die Schulter. »Ich war übrigens in dieser alten Villa und habe mich mal umgesehen. Aber das kannst du vergessen, da finden sich nach so vielen Jahren keine verwertbaren Spuren mehr.«
»Hab ich mir schon gedacht. Aber trotzdem, danke.«
Als sie aus der Bürotür traten, wären sie beinahe mit Harry und Peter zusammengestoßen.
»Harmsen hatte für nächste Woche einen Flug nach Venezuela gebucht. Komisch, dass einer, der sich umbringen will, noch eine Reise plant«, dröhnte Harrys tiefe Stimme durch den Flur, als er mit den Neuigkeiten herausplatzte.
Hölzle sah Markus an. »Scheint, die Toxikologie kann sich den Test sparen. Der ist bestimmt nicht freiwillig gestorben.«
»Eine Nachbarin, die drei Häuser weiter wohnt, hat beobachtet, dass wenige Stunden zuvor ein Taxi vorgefahren ist, aber leider nicht gesehen, wer der Fahrgast war«, sagte Peter. »Wie meinst du das mit der Toxikologie?«, wandte er sich dann an seinen Chef.
»Markus hat Schlafmittelrückstände in einem Whiskeyglas gefunden. Die Untersuchung der Blutprobe läuft noch.«
Harry und Peter hoben vielsagend die Augenbrauen. Bevor einer einen Kommentar abgeben konnte, klingelte
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