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Rotkäppchen und der böse Wolf

Rotkäppchen und der böse Wolf

Titel: Rotkäppchen und der böse Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Name, der erstbeste, der ihr gerade eingefallen war.
    Tuppence zögerte einen Augenblick, dann ging sie wieder den Hügel hinunter, hinter der Fremden her. Irgendetwas befahl ihr, diese Frau im Auge zu behalten.
    Dann aber blieb sie plötzlich stehen. Nein, das war falsch. Damit zog sie die Aufmerksamkeit auf sich. Sie war im Begriff gewesen, in die Pension hineinzugehen, als sie mit der Frau gesprochen hatte; folgte sie ihr jetzt, so würde die Fremde – falls sie wirklich zu »denen« gehörte – merken, dass sie keine harmlose Mrs Blenkensop war. Und diese Rolle musste unter allen Umständen einwandfrei weitergespielt werden.
    Also kehrte sie wieder um, betrat das Sans Souci und blieb unten in der Halle stehen. Das Haus schien, wie fast immer am frühen Nachmittag, ganz verlassen. Betty schlief, die älteren Gäste ruhten sich aus oder machten einen Spaziergang.
    In der halbdunklen Halle stehend, überdachte Tuppence die sonderbare Begegnung, als ein kurzer, schwacher Laut ihr Ohr traf. Diesen Ton, dieses ganz leise, kurze Klingeln, kannte sie gut.
    Im Sans Souci befand sich das Telefon in der Halle. So, wie Tuppence es gerade eben gehört hatte, klingelte es, wenn am Nebenanschluss der Hörer abgehoben oder aufgelegt wurde. Es gab im Haus nur einen einzigen Nebenanschluss – in Mrs Perennas Schlafzimmer.
    Tommy hätte jetzt vielleicht gezögert. Aber für Tuppence gab es überhaupt keine Bedenken. Vorsichtig nahm sie den Hörer ab und hob ihn ans Ohr.
    Kein Zweifel, jemand sprach am Nebenanschluss. Eine Männerstimme. Tuppence hörte: »Alles in Ordnung. Am Vierten also, wie verabredet.«
    Dann eine Frauenstimme: »Gut. Macht nur weiter.«
    Mit einem leisen Klicken wurde der Hörer aufgelegt.
    Tuppence stand unschlüssig da und runzelte die Stirn. War das Mrs Perennas Stimme gewesen? Schwer zu sagen, sie hatte ja nur die vier Worte aufgefangen. Schade, dass sie nicht mehr gehört hatte. Vielleicht war es nur eine ganz harmlose, alltägliche Unterhaltung gewesen – nichts deutete auf etwas Besonders, Verdächtiges hin.
    Ein Schatten verdunkelte das durch die Tür fallende Licht. Tuppence schrak zusammen und legte den Hörer auf, als Mrs Perenna sie anredete.
    »Wunderbarer Nachmittag. Wollen Sie ausgehen, Mrs Blenkensop, oder kommen Sie gerade nachhause?«
    Es war also nicht Mrs Perenna gewesen, die vom Nebenanschluss aus gesprochen hatte. Tuppence murmelte etwas von einem schönen Spaziergang und wandte sich zur Treppe.
    Mrs Perenna folgte ihr. Sie schien größer als gewöhnlich. Eigentlich eine athletische Person, dachte Tuppence mit Unbehagen.
    »Ich möchte meinen Mantel ablegen«, sagte sie und lief eilig die Treppe hinauf. Als sie um den Treppenabsatz bog, stieß sie mit Mrs O’Rourke zusammen; die Riesengestalt versperrte ihr den Weg.
    »Lieber Himmel, Mrs Blenkensop, haben Sie es aber eilig!«
    Sie trat nicht beiseite, sondern blickte lächelnd auf Tuppence hinunter. Ihr Lächeln hatte, wie immer, etwas Unheimliches.
    Und plötzlich spürte Tuppence Angst.
    Oben stand diese große lächelnde Irin mit der tiefen Stimme und ließ sie nicht vorbei, und unten an der Treppe versperrte Mrs Perenna ihr den Weg.
    Tuppence warf einen verstohlenen Blick über die Schulter. War es nur Einbildung, oder sah das nach oben gewandte Gesicht der Pensionswirtin wirklich drohend aus? Unsinn, ermahnte sie sich, vollkommener Unsinn! Es war ein heller Tag, sie befand sich in einer nüchternen Pension – ja, aber das Haus war so still, kein Laut. Und sie hier auf der Treppe zwischen den beiden Frauen. Nein, kein Zweifel, es war tatsächlich etwas Seltsames in Mrs O’Rourkes Lächeln, etwas Wildes und Bedrohliches. Sie spielt mit mir wie die Katze mit der Maus, dachte Tuppence mit Herzklopfen.
    Dann löste sich die Spannung plötzlich. Oben vom Treppenabsatz her schoss eine winzige Gestalt mit lautem Freudengequiek auf sie zu: Betty Sprot im Nachthöschen. Sie rannte an Mrs O’Rourke vorbei, rief beglückt: »Gugguu!« und stürzte sich in Tuppence’ Arme.
    Die ganze Atmosphäre schien mit einem Schlag verändert. Mrs O’Rourke rief voller Freundlichkeit: »Ach, das süße Ding. Nein, wie groß sie schon ist!«
    Mrs Perenna war hinter der Küchentür verschwunden. Tuppence, Bettys Fingerchen fest in ihrer Hand, schob sich an Mrs O’Rourke vorbei und wandte sich Mrs Sprots Zimmer zu. Die junge Mutter stand an der Tür und schalt ihren kleinen Ausreißer.
    Tuppence trat mit dem Kind ins Zimmer.
    Merkwürdig erleichtert

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