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Rotkäppchen und der böse Wolf

Rotkäppchen und der böse Wolf

Titel: Rotkäppchen und der böse Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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politischen Ansichten so unumwunden geäußert hatte?
    Der Tee wurde serviert, und bald darauf kam Mrs Sprot aus London zurück. Sie setzte sich, trank mehrere Tassen Tee und erzählte des langen und breiten von ihren Einkäufen in London. Nach dem Tee begab man sich auf die Terrasse, denn die Sonne schien jetzt so warm, als hätte es nie geregnet.
    Betty sprang lustig umher, ging auf Entdeckungsreise hinter die Büsche und kam mit einem Lorbeerblatt oder mit einer Hand voll Kieselsteinchen zurück, die sie einem der Erwachsenen in den Schoß warf, wobei sie lange, aber unverständliche Erklärungen abgab. Zum Glück verlangte sie keine große Teilnahme bei ihren Spielen, sie war ganz zufrieden mit einem gelegentlichen »Wie hübsch, Darling. Ganz Recht hast du.«
    Geplauder, ein bisschen Klatsch, Mutmaßungen über den Krieg… Ob es wohl wahr war, dass…? Haben Sie schon gehört, dass…? Man sagt, dass… politische und militärische Skandalgeschichten wurden mit viel Behagen erörtert.
    Plötzlich sah Mrs Sprot auf die Uhr und fuhr auf.
    »Meine Güte, beinahe sieben. Das Kind müsste doch schon längst im Bett liegen. Betty – Betty!«
    Betty war schon einige Zeit nicht mehr auf die Terrasse gekommen, aber niemand hatte ihre Abwesenheit bemerkt.
    Mrs Sprot rief sie mit steigender Ungeduld.
    »Bettyyy! Wo mag das Kind nur stecken?«
    »Sicherlich richtet es irgendwo Unheil an«, sagte Mrs O’Rourke mit ihrem tiefen Lachen. »Wenn Kinder so still sind, ist immer etwas verdächtig.«
    »Betty! Komm sofort!«
    Keine Antwort. Mrs Sprot stand ein wenig ärgerlich auf.
    »Nun muss ich sie doch suchen gehen. Wo mag sie nur hingelaufen sein?«
    Miss Minton meinte, sie habe sich versteckt, und Tuppence, eingedenk der eigenen Kindheit, riet, in der Küche nachzusehen. Aber Betty war weder im Haus noch im Garten zu finden. Sie durchsuchten alle Schlafzimmer, gingen rufend durch den Garten – keine Spur von Betty.
    Mrs Sprot wurde immer unruhiger.
    »Das ist aber wirklich ungezogen. Ob sie auf die Straße gelaufen ist?«
    Sie trat mit Tuppence aus der Pforte, und beide blickten den Weg zum Hügel hinauf und hinab. Auf der Straße stand nur ein Laufbursche mit seinem Rad und plauderte mit dem Dienstmädchen von der gegenüberliegenden Villa.
    Tuppence fragte die beiden. Zuerst schüttelten sie den Kopf, dann schien das Dienstmädchen sich zu erinnern, und es erkundigte sich: »Ein kleines Mädchen in einem grün gestreiften Kleid?«
    »Ja, ja!«, rief Mrs Sprot eifrig.
    »Das habe ich vor einer halben Stunde gesehen – es ist mit einer Frau die Straße hinuntergegangen.«
    »Mit einer Frau?«, fragte Mrs Sprot erstaunt. »Mit was für einer Frau denn?«
    Das Mädchen überlegte.
    »Ja, etwas komisch hat sie ausgesehen. War wohl eine Ausländerin. Merkwürdig angezogen. Sie hatte so eine Art Schal umgebunden und keinen Hut – eben komisch, verstehen Sie? Ich hab sie schon ein- oder zweimal hier gesehen, und schon beim ersten Mal dachte ich, die ist wohl ein bisschen angepufft – na, Sie verstehen mich schon«, sagte sie.
    Mit plötzlichem Entsetzen sah Tuppence wieder das Gesicht vor sich, das nachmittags durch die Büsche gestarrt hatte, und sie entsann sich ihres unheimlichen Vorgefühls.
    Mrs Sprot taumelte.
    »O Betty, mein Kleines! Sie ist entführt, sie ist geraubt! Wie sah die Frau aus? Wie eine Zigeunerin?« Tuppence schüttelte energisch den Kopf.
    »Nein, sie war blond, sehr blond, ein breites Gesicht mit hohen Backenknochen und weit auseinander stehenden blauen Augen.«
    Mrs Sprot starrte sie an.
    Hastig erklärte Tuppence: »Ich sah die Frau heute Nachmittag, sie spähte vom Ende des Gartens durch die Büsche. Ich hatte schon früher bemerkt, dass sie sich hier herumtreibt. Einmal hat auch Carl von Deinim mit ihr gesprochen. Es muss die gleiche Frau sein.«
    »Mein Gott«, stöhnte Mrs Sprot, »was soll ich tun?«
    Tuppence legte den Arm um sie.
    »Jetzt kommen Sie zuerst einmal ins Haus zurück und trinken einen Schluck Kognak. Dann rufen wir sofort die Polizei an. Sicher werden wir Betty bald wieder hier haben.«
    Mrs Sprot ging gehorsam mit ihr. Sie murmelte halb betäubt: »Wie konnte Betty nur mit einer ganz fremden Frau gehen? Das verstehe ich nicht.«
    »Sie ist ja noch so klein«, sagte Tuppence, »viel zu klein, um sich vor Fremden zu fürchten.«
    Mit schwacher Stimme jammerte Mrs Sprot: »Ach, du liebe Zeit, womöglich will sie meine Betty umbringen!«
    »Unsinn«, entgegnete Tuppence derb, »es

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