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Rotkäppchen und der böse Wolf

Rotkäppchen und der böse Wolf

Titel: Rotkäppchen und der böse Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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verschwunden…«
    Tommy krümmte sich vor Wut. Der joviale englische Gentleman! Waren denn alle blind, dass sie den preußischen Quadratschädel nicht erkannten? Unglaublich, was ein erstklassiger Schauspieler erreichen konnte.
    Da lag er nun – gescheitert, schmählich gescheitert, zusammengeschnürt wie ein Huhn; und niemand hatte eine Ahnung…
    Hätte Tuppence doch nur das Zweite Gesicht! Käme ihr nur der richtige Verdacht! Ihre Hellsichtigkeit war zuweilen fast unheimlich… Was war das?!
    Angespannt lauschte er auf ein fernes Geräusch.
    Ein Mann pfiff ein Lied.
    Und er lag da, unfähig, durch irgendein Geräusch die Aufmerksamkeit des Mannes auf sich zu ziehen.
    Das Pfeifen kam näher. Schauderhaft falsch pfiff der Bursche. Aber trotz allem war die Melodie erkennbar. Das Lied war im vorigen Krieg aufgekommen, und in diesem Krieg war es wieder aufgegriffen worden.
    »Wärst du das einzige Mädchen auf Erden und ich der einzige Bursch…«
    Wie oft hatte er es 1917 gesungen und gepfiffen!
    Zum Teufel mit dem Kerl da – konnte er nicht wenigstens richtig pfeifen?
    Plötzlich straffte sich Tommys Körper. Diese falschen Noten, gerade an dieser Stelle, die kannte er. Nur einer machte immer wieder diesen Fehler!
    Albert, dachte er, himmlische Güte, Albert!
    Albert schnüffelte ums »Schmugglernest« herum. Albert war ganz dicht bei ihm, und er konnte weder Hand noch Fuß rühren, keinen Laut von sich geben…
    Keinen Laut? Oho, vielleicht doch!
    Ein Geräusch gab es – nicht so leicht mit verbundenem Mund zu machen, aber es ging doch.
    Mit verzweifelter Anstrengung begann Tommy zu schnarchen. Die Augen hielt er fest geschlossen, um tiefen Schlaf vorzutäuschen, falls Appledore herunterkommen sollte, und er schnarchte und schnarchte…
    Kurzes Schnarchen, kurzes Schnarchen, kurzes Schnarchen – Pause – langes Schnarchen, langes Schnarchen, langes Schnarchen – Pause – kurz, kurz, kurz…
     
    Nachdem Tuppence ihn verlassen hatte, war Albert ganz verwirrt.
    Mit den Jahren hatte sein Denkapparat die Arbeit verlangsamt, aber er bedachte alles um so gründlicher.
    Die ganze Welt, wie sie heute war, schien ihm aus den Fugen geraten.
    Das Schlimmste aber war der Krieg, aller Übel Urbeginn. Und dann Mrs Beresford. So eine großartige Frau! Und nun saß sie in der Patsche und wollte noch tiefer hinein – was konnte er nur tun, um es ihr auszureden? Sie hörte nicht auf ihn. Immer wieder diese Fünfte Kolonne – Herrgott, was für ein übles Pack war da beisammen. Vielleicht sogar Engländer? Schöne Schweinerei!
    Und der Chef, Mr Beresford – der Einzige, der die Frau zurückhalten konnte, wenn das Temperament mit ihr durchging – gerade jetzt war er auf und davon!
    Scheußliche Sache! Sah höchst bedrohlich aus. Als ob sie Beresford erwischt hätten.
    Langes Überlegen lag Albert nicht. Wie die meisten Engländer hatte er ein starkes, einfaches Gefühl, das ihn sicherer leitete als der Verstand. Und hatte er erst mal einen Zipfel erfasst, so ließ er nicht locker, bis er sich irgendwie Klarheit verschafft hatte. Albert war entschlossen, seinen Herrn zu finden, und so machte er sich, mehr wie ein treuer Hund, auf den Weg, um ihn zu suchen.
    Er hatte keinen bestimmten Plan. Er suchte genauso, wie er die Handtasche seiner Frau oder seine Brille suchte, wenn diese unentbehrlichen Gegenstände verlegt worden waren. Das heißt, er begab sich zu dem Ort, wo er die Sachen zuletzt gesehen hatte, und begann dort seine Suche.
    In diesem Fall wusste man nur, dass Tommy mit Commander Haydock im »Schmugglernest« zu Abend gegessen hatte, dann zur Pension gegangen und in den Garten eingebogen war. Also schritt Albert hügelan zum Gartenzaun und starrte fünf Minuten hoffnungslos auf den Zaun. Da ihm dabei keine Erleuchtung kam, wanderte er langsam weiter hinauf, dem »Schmugglernest« zu.
    Auch Albert hatte in dieser Woche das Kino besucht und war von der Geschichte des Wandernden Troubadours tief beeindruckt worden. Das war einmal romantisch! Ging es ihm nicht jetzt ebenso? Tatsächlich, genau wie der treue Blondel im Film war er auf der Suche nach seinem gefangenen Herrn. Nur der treue Blondel konnte ihn finden und in die liebenden Arme der Königin Berengaria zurückführen.
    Albert seufzte tief, als ihm das schmelzende Lied »R i chard, o mon roi!« einfiel, das der treue Troubadour unter allen Türmen schluchzte.
    Schade, dass er nie eine Melodie behielt. Bis er einmal etwas Neues pfeifen konnte …
    Wie wär’s,

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