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Rotkäppchen und der böse Wolf

Rotkäppchen und der böse Wolf

Titel: Rotkäppchen und der böse Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Der Sendeapparat! Der deutsche Diener! Aber er war doch in den Garten der Pension gegangen…
    Anscheinend war jemand hinter ihm hergeschlichen und hatte ihn niedergeschlagen. Daher tat ihm der Kopf so weh.
    Und er hatte sich schon in Sicherheit gewiegt! Also war dieser Haydock kein solcher Dummkopf!
    Haydock? Aber Haydock war ja in sein Haus zurückgegangen und hatte die Tür hinter sich geschlossen. Wie konnte er den Hügel heruntergekommen sein, wie hatte er ihm im Garten vom Sans Souci auflauern können?
    Das war nicht möglich. Tommy hätte ihn sehen müssen.
    Also vielleicht der Diener? Hatte er ihn vorausgeschickt, damit er ihm auflauerte? Nein, auch das war nicht möglich!
    Beim Durchqueren der Halle hatte er ja durch die halb offene Küchentür Appledore hantieren sehen.
    Tommys Augen hatten sich jetzt an die Finsternis gewöhnt und entdeckten ein Rechteck gedämpften Lichts. Ein Fenster oder ein kleines Gitter. Die Luft war eisig und roch muffig. Also lag er wohl in einem Keller. Seine Hände und Füße waren gebunden, und ein Knebel in seinem Mund war durch eine Binde festgehalten.
    Scheint nicht mehr viel Aussicht für mich zu geben, dachte Tommy.
    Er versuchte mit aller Kraft, seinen Körper, seine Glieder zu bewegen, aber es war unmöglich.
    In diesem Augenblick hörte er ein ganz schwaches Knarren, und eine Tür hinter ihm wurde geöffnet. Ein Mann mit einer Kerze trat herein. Die Kerze setzte er auf den Boden. Tommy erkannte Appledore. Auf einem Tablett brachte er einen Krug Wasser, etwas Brot und Käse.
    Er beugte sich nieder, prüfte die Stricke, die Tommy fesselten, und berührte dann den Knebel. Mit völlig farbloser Stimme sagte er: »Das werde ich jetzt wegnehmen. So können Sie etwas essen und trinken. Sobald Sie aber nur das geringste Geräusch machen, kneble ich Sie wieder.«
    Tommy versuchte vergeblich, mit dem Kopf zu nicken. Stattdessen schloss und öffnete er mehrmals die Lider.
    Sobald Tommy den Mund frei fühlte, bewegte er die Kinnlade, um die schmerzende Steifheit zu verjagen. Appledore hielt ihm ein Glas Wasser an die Lippen. Zuerst machte ihm das Schlucken große Mühe, dann ging es leichter. Das Wasser tat ihm unsagbar wohl.
    »Jetzt geht’s besser«, murmelte er mit steifer Zunge. »Ja, die alten Knochen. So jung, wie ich war, bin ich nicht mehr. Gibt’s auch etwas zu essen, Fritz – oder heißen Sie Franz?«
    »Hier heiße ich Appledore«, erwiderte der Mann ruhig.
    Er hielt ihm eine Schnitte Brot mit Käse an den Mund, und Tommy biss heißhungrig hinein. Zum Schluss trank er noch ein paar Schluck Wasser.
    »Wie geht das Programm weiter?«, fragte er dann.
    Statt jeder Antwort nahm Appledore wieder den Knebel zur Hand.
    »Ich wünsche Commander Haydock zu sehen«, sagte Tommy rasch.
    Appledore schüttelte den Kopf, befestigte den Knebel geschickt und ging fort.
    Wieder lag Tommy im Finstern und sann vor sich hin. Er sank in eine Art Halbschlaf, aus dem ihn das Geräusch der sich öffnenden Tür aufschreckte. Diesmal kamen Haydock und Appledore zusammen herein. Der Knebel wurde ihm abgenommen und die Armfesseln gelockert, sodass er sich aufsetzen und die Arme ausstrecken konnte. Haydock hatte eine Selbstladepistole bei sich. Tommy glaubte keinen Augenblick an einen Erfolg; trotzdem versuchte er, seine Rolle vom letzten Abend weiterzuspielen.
    »Hören Sie mal, Haydock«, sagte er entrüstet, »was denken Sie sich eigentlich? Mich einfach niederzuschlagen und zu entführen…«
    Haydock schüttelte den Kopf. »Sparen Sie Ihren Atem«, sagte er, »es lohnt sich nicht.«
    »Und wenn Sie auch zum Geheimdienst gehören! Deshalb können Sie doch nicht einfach…«
    Haydock schüttelte wieder den Kopf.
    »Nein, Meadowes, nein. Versuchen Sie erst gar nicht so zu tun, als ob Sie mir je auf diesen Leim gegangen wären. Sie brauchen Ihre Rolle nicht weiterzuspielen.«
    Aber Tommy zeigte sich nicht beunruhigt. Mit Bestimmtheit konnte Haydock gar nichts wissen. Wenn er also gut weitermimte…
    »Zum Teufel, was bilden Sie sich eigentlich ein?!«, fragte er. »Vielleicht sind Ihre Befugnisse sehr weit gehend, aber solche Geschichten dürfen Sie doch nicht machen. Ich kann den Mund halten, bei mir sind Geheimnisse auch ohne solche Mittel sicher, besonders wenn es sich um unser Leben und Sterben handelt.«
    »Sie spielen ausgezeichnet«, sagte der andere kalt. »Aber mir ist es ganz gleichgültig, ob Sie zum englischen Geheimdienst gehören oder nur ein alberner Dilettant auf eigene Faust

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