Rotkäppchens Rache
Fluch auslösen.
»Ich fürchte, das ist es doch«, sagte Nagesh. »Meine liebe Talia! Schon als du noch ein Säugling warst, hatte dein Geist solches Feuer. Fast elfenhaft, so wie es brannte. Das ist einer der Gründe, weshalb unser Fluch so gut funktioniert hat.«
Talias Augen verengten sich.
»Roudettes Plan hätte vielleicht geklappt«, fuhr die Trollin fort. »Das Gift haftet dem Metall noch an. Zestan hätte eine hübsche Summe für dieses kleine Spielzeug bezahlt. Stattdessen habe ich mehrere Jahre lang daran gearbeitet, ein Duplikat des Giftes herzustellen.«
»Es war in Lakhims Palast versteckt«, versuchte Roudette, Nageshs Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. »Sie versuchten, einen Trank zu entwickeln, der die Wirkung umkehrte, um sich zu schützen.« Lakhim glaubte, dass es die Elfen waren, die in ihren Palast eingebrochen waren und das Gewicht gestohlen hatten.
»Du hättest dir die Gunst der mächtigsten Elfe in Arathea erwerben können«, sagte Nagesh.
»Kein Interesse.« Worauf wartete Talia? Ihr Arm war angespannt, ihre Hand zitterte, aber sie rührte sich nicht.
Nageshs Lächeln wurde breiter und ließ Zähne wie rissige Marmorplatten sehen. »Meine Magie fließt mit jedem Herzschlag durch ihre Glieder. Glieder, die meinem Willen gehorchen, nicht ihrem.«
Sie trat vor, um das Zaraqgewicht an sich zu nehmen, und sagte zu Talia: »Du gehörst mir, Kind. So wie du es immer getan hast.«
Talias flehender Blick fand Roudette. Roudette sammelte sich, rief die Stärke des Wolfs an. Sie war zu schwach, um gegen Nagesh zu kämpfen, aber es bräuchte nur einen einzigen gewaltigen Sprung, um Talia zu erreichen und das Messer zu versenken.
Ein Pfeil schlug in Roudettes Oberschenkel ein und sank bis zur Befiederung darin ein. Ein zweiter traf sie in die Seite. Sie krachte in Talias Beine und schickte sie beide zu Boden.
»Tötet sie nicht!«, rief Nagesh.
Das Messer war weggeflogen, außer Reichweite. Roudette versuchte es ein letztes Mal und robbte auf Talias Hals zu.
Nageshs Stab fuhr krachend auf Roudettes Hinterkopf nieder, und sie brach über Talia zusammen. Die Hände der Wilden Jagd brannten, als sie sie wegzogen.
»Bringt sie beide hinein! Sobald wir uns über das Ausmaß von Roudettes Verrat im Klaren sind, könnt ihr sie haben.«
Wäre sie stärker gewesen, hätte Roudette vielleicht Furcht bei diesen Worten verspürt. Besser tausend Tode sterben als zu einer Angehörigen der Wilden Jagd gemacht zu werden. Aber sie hatte nichts mehr zum Fürchten übrig. Sie konnte an nichts anderes als an ihr Versagen denken - und an den Beutel, den sie Talia vom Gürtel gerissen hatte.
Als die Jäger sie durch die eingefallenen Überreste der Schlossmauer schleppten, ließ sie den Beutel in die Trümmer fallen.
Ihr letzter Gedanke war, dass sie vielleicht so viel Glück haben würde, zu verbluten, bevor die Jagd sie holte, und dann wurde alles weiß.
*
Mit nervös zuckenden Schnurrhaaren schob Schnee die Nase aus dem Beutel.
Was siehst du?
Sonderbar, Danielles Stimme in ihrem Verstand zu hören. Das musste es sein, was Tiere hörten, wenn Danielle mit ihnen sprach. Schnee war sich nicht sicher, was sie davon halten sollte; allerdings verspürte sie eine eigenartige Befriedigung, dass ihr Gestaltwandlungszauber so gut funktionierte, dass sie Danielles Gabe hören konnte. Es wäre jedoch viel praktischer gewesen, wenn Schnee auf gleiche Weise hätte antworten können.
Zwei Jäger schleppten Roudette ins Schloss. Schnee konnte nicht sagen, ob sie tot oder nur bewusstlos war. Die Geister waren noch da; allerdings waren sie so weit verblasst, dass sie kaum noch mehr als menschenförmiger Nebel waren. Nagesh und Talia kamen auf sie zu.
Schnee zwängte sich aus dem Beutel und krabbelte in die Finsternis zwischen den herabgefallenen Steinen; einen Augenblick später folgte ihr Danielle. Sie warteten im Dunkel und beobachteten, wie Nagesh das Schloss betrat.
Nagesh blieb stehen, um den Beutel aufzuheben. Sie stülpte ihn um, runzelte die Stirn und steckte ihn in ihren Gürtel.
Talia folgte ihr ohne irgendein Zeichen des Widerstands. Schnee hatte Talias Elfenfluch nie wahrnehmen können, doch wusste sie, dass manche Elfen dazu in der Lage waren. Aber jetzt war das Kribbeln von Magie so stark, dass es ihre Haut durchdrang und ihre Knochen jucken ließ. Und wenn das nicht genug gewesen wäre: Als sie Talias Schatten im Mondlicht betrachtete, sah sie die Umrisse von Nageshs Gestalt in der Dunkelheit. Talia
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