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Rotkäppchens Rache

Rotkäppchens Rache

Titel: Rotkäppchens Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim C. Hines
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Wurfmesser aus, ebenso wie zwei aratheanische Krummdolche, die lang genug für den Nahkampf waren. Ein einschneidiges Kurzschwert wanderte nach hinten in ihren Gürtel. Auch ihre Zaraqpeitsche nahm sie an sich, eine spindelförmige Waffe mit einer dünnen Schnur aus Trollhaar, an der ein spitzes Bleigewicht befestigt war.
    Während sie über die Narbe an ihrem Unterarm rieb, begab Talia sich auf die gegenüberliegende Seite der Wand, wo an Holzhaken mehrere Rüstungen hingen. Sie nahm sich ein Paar schwarze Lederarmschienen, probierte sie an und vergewisserte sich, dass sie sie nicht behinderten, wenn sie die Messer an ihren Armen zog.
    Von dort aus ging sie durch die andere Tür in die Bibliothek, die Schnee auch als Laboratorium diente und in der sie gerade arbeitete. Regale säumten die Wände und bogen sich unter der Last der gesammelten Schriftrollen, Folianten und anderer merkwürdiger Sachen. Alte, krebsverkrustete Krüge füllten ein Regal; auf einem anderen lag ein kleiner, gehörnter Schädel mit einem senkrechten Riss in der Mitte. Auf einem Haufen Gerümpel in der Ecke lag eine Webarbeit aus Trollhaar.
    Schnee schien Talias Gegenwart nicht bemerkt zu haben. Sie saß auf einem Schemel vor ihrem berühmten Spiegel; neben ihr stand ein vernarbter und stark verschmutzter Holztisch, der gegenwärtig leer war bis auf Roudettes Kästchen und einen unberührten Becher Tee.
    Der Zauberspiegel war so groß wie Schnee, klar und glatt, gerahmt in Platin. Im Augenblick zeigte er nur Schnees Spiegelbild, wie sie eine Grimasse schnitt und sich näher heranbeugte, um ihre Erscheinung zu betrachten. Sie berührte sich am Augenwinkel und zog die Haut straff, als wollte sie die kleinen Fältchen dort verbergen.
    »Du bist schön«, kommentierte Talia. »Find dich damit ab!«
    »Ich weiß.« Schnee sprach ohne Eitelkeit oder Stolz, nahm das Gesicht aber nicht weg. »Ich bezweifle allerdings, dass ich immer noch die Schönste im ganzen Land wäre.«
    »Kommt aufs Land an.« Alles Weitere, was Talia noch hätte sagen können, hätte sie beide nur verlegen gemacht. Stattdessen verlegte sie sich wieder auf die gewohnte Neckerei. »Willst du den ganzen Tag damit zubringen, dich zu bewundern? Da läuft nämlich eine Mörderin herum, die wir schnappen sollen, schon vergessen?«
    Schnee fuhr sich mit den Fingern durch die Haare, zupfte an ein paar weißen Strähnen herum und verzog das Gesicht.
    »Wenn es dich so sehr stört, es gibt Farbstoffe -«
    »Das wäre gemogelt.« Schnee warf ihr Haar zurück und ließ kurz ein sorgloses Lächeln sehen. »Meine Mutter hat sie alle benutzt, als sie älter wurde. Es ist nicht dasselbe.« Sie streckte die Hand aus und nahm Roudettes Zettel aus dem Kästchen.
    Talia ging näher heran und setzte sich schwungvoll auf die Tischkante, um einen besseren Blick zu haben.
    Schnee berührte mit dem Zettel den Spiegel. »Spieglein, Spieglein, hör mein Flehen, lass mich Roudette die Mörderin sehen!«
    »Nicht schlecht!«, zollte Talia Beifall. »Der zweite Teil war ein bisschen gekünstelt, aber besser als ein paar deiner anderen Reime.«
    »Pst!« Schnee streckte ihr die Zunge raus. Ihr Spiegelbild warf kleine Wellen und verblasste. Roter Rauch erfüllte das Glas, der wie blutiger Nebel herumwirbelte und alles undeutlich werden ließ bis auf einen Schatten, der möglicherweise eine Frau darstellte.
    »Ist das letztes Mal nicht auch passiert?«, fragte Talia.
    »Es ist ihr Umhang.« Schnee ergriff den Becher mit dem Tee und nippte geistesabwesend daran. Ihr Gesicht runzelte sich. Sie flüsterte einen raschen Zauberspruch, und Dampf begann von dem Gefäß aufzusteigen. »Er ist so verzaubert, dass er Magie ablenkt.«
    »Eine nützliche Eigenschaft für eine Attentäterin.«
    Schnee nahm noch einen Schluck, ohne ihren missbilligenden Blick vom Spiegel abzuwenden. Der Rauch lichtete sich kurz, und einen Moment lang erspähte Talia hartes Erdreich und fahle Baumwurzeln. Ein verschwommener brauner Fleck zog durchs Bild.
    »Was war das?«, fragte Talia.
    »Ich bin nicht sicher.« Schnee drückte die Finger aufs Glas, doch der Rauch verbarg schon wieder, was immer es gewesen war. »Könnten ihre Schuhe gewesen sein, könnte aber auch ein verängstigtes Backenhörnchen gewesen sein.«
    »Wie nahe befindet sie sich am Steinwäldchen?« Talia schnitt eine Grimasse. »Trittibars Elfenfalke ist schnell genug, um die Reise in einer Stunde zu schaffen. Wenn es sein muss, könnten wir -«
    »Sie ist schon da.« Schnee

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