Rotkäppchens Rache
Gesicht der Villa zugewandt, das Schwert in der Hand. Sie trat zur Seite, als ein weiterer Pfeil in den Boden schlug, und hob die Hände, als ob sie sie herausfordern wollte, es noch einmal zu versuchen.
Ein Schatten erhob sich auf der Mauer am Rand des Gartens. Jhukha!
Danielle kniff die Augen zusammen. Einen Moment später flog eine Eule durch den Kopf des Elfen. Ein Falke folgte ihr. Keiner der beiden Vögel richtete einen wirklichen Schaden an, doch der Elf wankte und zog seine Gestalt dort, wo die Tiere sie zerstreut hatten, wieder zusammen.
Talia schrie und und fuchtelte mit dem Schwert in der Luft herum. Sie wich einem weiteren Pfeil aus, dann drehte sie sich um und rannte, sprang aufs Pferd und folgte Danielle auf die Straße.
»Du willst, dass sie dich sehen!«, begriff Danielle. »Das ist Teil deines Plans!«
»›Plan‹ ist vielleicht etwas übertrieben.« Talia beugte sich tief hinab, während sie ihr Pferd in die Straßen trieb. Der Wind verschluckte die Hälfte ihrer Worte, als sie an Danielle und Schnee vorbeiritt. »Die Wilde Jagd will mich. Wenn ich einfach verschwinde, werden sie Jahrasima dem Erdboden gleichmachen. Die beste Möglichkeit, die Stadt und den Tempel zu beschützen, ist, dafür zu sorgen, dass Rajil weiß, dass ich die Stadt verlassen habe. Was Rajil weiß, weiß Zestan.«
»Nicht ungefährlich«, bemerkte Danielle, aber sie lächelte.
»Das hängt davon ab, wie gut Roudettes Umhang funktioniert.«
Faziya zitterte in Danielles Schoß. Der Schakal wand sich unruhig hin und her und sah zur Villa zurück.
»Bleib bei mir!«, sagte Danielle. »Noch ein bisschen länger, und ich verspreche dir, dass du in Sicherheit sein wirst.«
Danielle beugte sich über ihr Pferd, sodass Faziya ihren Kopf in den Falten ihres Umhangs vergraben konnte. Danielle gab sich alle Mühe, Schritt zu halten, als die andern durch die Straßen Jahrasimas preschten. Passanten und Gebäude zogen wie im Flug vorbei. Das Läuten von Glocken ließ sie zusammenzucken; sie trieb das Pferd zu noch größerer Geschwindigkeit an und vertraute darauf, dass Talia schon wissen würde, wo sie hinritt.
»Wir sind fast da!«, rief Talia.
Weiter vorn sah Danielle eine Brücke, ähnlich der, die sie beim Betreten der Stadt überquert hatten. War seitdem wirklich erst ein Tag vergangen?
Bewaffnete Männer versperrten ihnen den Weg.
»Nicht anhalten!« Talia stellte erst einen Fuß auf den Sattel, dann den anderen, bis sie auf dem Pferderücken kauerte. Sie hob den Speer, sprang vom Pferd und krachte in die rechte Wache. Danielle rief Talias Pferd etwas zu, das daraufhin die andere Wache mit der Schulter von der Brücke stieß. Leuchtende Jaan schwammen auf den plantschenden Mann zu.
Um die dritte Wache kümmerte sich Roudette: Der bloße Anblick des auf ihn zustürmenden Wolfs genügte, um den Mann ins Wasser springen zu lassen.
Damit blieben nur noch die Wachen auf der anderen Seite. Die Pferde galoppierten, so schnell sie konnten, aber es würde nicht reichen: Die Brückenposten waren bereits dabei, das Ende der Brücke zu blockieren, indem sie Ketten quer darüberspannten, die an einem großen Pfosten auf der einen Seite befestigt waren. Zwei Männer gingen mit den schweren Ketten auf einen ähnlichen Pfosten auf der anderen Seite zu, um sie daran einzuhängen, wodurch ein provisorischer Zaun von einer Höhe entstehen würde, über die auch das stärkste Pferd nicht setzen könnte. Roudette sprintete an den anderen vorbei, aber auch sie wäre zu langsam, um die Wachen an ihrem Vorhaben zu hindern.
Danielle beugte sich vor und rieb den Hals der Stute. »Was hältst du davon, ein bisschen zu schwimmen, Mädchen?« Das Wasser würde sie zu leichten Zielen machen, aber ihr fiel sonst kein Weg ein, an den Wachen vorbeizukommen.
Ein Kurzspeer sauste von hinten über ihren Kopf hinweg, flog über die gesamte Länge der Brücke und zersplitterte weniger als einen Schritt von den Wachen entfernt auf den Pflastersteinen. Die Männer ließen die Ketten fallen und warfen sich in Deckung.
Diese Verzögerung reichte aus. Roudette war über ihnen, bevor sie sich wieder gefangen hatten, und dann galoppierten Danielle und Schnee auch schon vorbei, ließen die Steinbrücke hinter sich und stürmten die Straße hinunter.
Danielle drehte sich um und beobachtete Talia, die gleich darauf hinter ihnen herkam. Sie hatte wenig Mühe mit den Wachen gehabt und holte ihre Gefährtinnen schnell ein. In einer Hand ließ sie die Keule
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