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Rotkehlchen

Rotkehlchen

Titel: Rotkehlchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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weitergefahren. Ihm war eingefallen, dass es dort auch Bier gab.
    Die Ampel wurde grün. Harry gab Gas.
    Edvard Mosken hatte sehr heftig auf die Frage nach seinem Sohn reagiert. Harry entschloss sich, einmal nachzusehen, wer der Richter im Fall Mosken gewesen war. Dann warf er einen letzten Blick via Rückspiegel auf Drammen. Doch, es gab bestimmt schlimmere Städte.
     
    Ellens Büro, 7. März 2000
     
    47 Ellen war nichts eingefallen. Harry war hinunter in ihr Büro gegangen und saß in seinem alten, knarrenden Stuhl. Sie hatten einen neuen Mann eingestellt, einen jungen Kerl vom Lehnsmannbüro in Steinkjer, der in einem Monat kommen sollte.
    »Ich bin keine Hellseherin«, sagte sie, als sie Harrys enttäuschten Gesichtsausdruck bemerkte. »Und ich habe heute früh bei der Morgenbesprechung auch die anderen gefragt, keiner weiß etwas von einem Prinzen.«
    »Wie sieht’s mit der Waffenabteilung aus? Die sollten doch die Waffenschmuggler kennen.«
    »Harry!«
    »Ja?«
    »Ich arbeite nicht mehr für dich.«
    »Mit mir.«
    »Dann halt mit dir. Ich hatte immer den Eindruck, für dich zu arbeiten, du Grobian.«
    Harry stieß sich ab und drehte sich mit dem Stuhl im Kreis. Vier Runden. Öfter hatte er es nie geschafft. Ellen verdrehte die Augen.
    »Okay, ich hab auch bei den Waffenleuten angerufen«, bekannte sie. »Die wissen auch nichts von einem Prinzen. Warum kriegst du da oben im PÜD keinen Assistenten?«
    »Die Sache hat keine Priorität. Meirik lässt mich weitermachen, doch im Grunde will er bloß wissen, was sich die Neonazis für den Nationalfeiertag vorgenommen haben.«
    »Eines der Stichworte war Waffenmilieu. Ich kann mir kaum etwas Waffenfixierteres vorstellen als diese Neonazis. Warum fängst du nicht da an, dann schlägst du zwei Fliegen mit einer Klappe?«
    »Da hab ich auch schon drüber nachgedacht.«
     
    Ryktet, Grensen, 7. März
     
    48 Even Juul stand auf der Treppe, als Harry bei dem Haus vorfuhr.
    Burre stand neben ihm und zerrte am Halsband.
    »Das ging aber schnell«, meinte Juul.
    »Ich hab mich gleich nach dem Telefonat ins Auto gesetzt«, sagte Harry. »Kommt Burre mit?«
    »Nein, ich habe ihn beim Warten nur ein bisschen mit an die frische Luft genommen. Geh rein, Burre!«
    Der Hund blickte mit flehenden Augen zu Juul empor. »Sofort!«
    Burre zuckte zurück und verschwand nach drinnen. Sogar Harry war bei dem plötzlichen Ausruf zusammengezuckt.
    »Dann können wir«, sagte Juul.
    Harry sah ein Gesicht hinter der Küchengardine, als sie losfuhren.
    »Es ist heller geworden«, sagte Harry.
    »Wirklich?«
    »Die Tage, meine ich, sie werden länger.«
    Juul nickte, ohne zu antworten.
    »Es gibt eine Sache, über die ich immer wieder nachgedacht habe«, sagte Harry. »Die Familie von Sindre Fauke, wie ist die zu Tode gekommen?«
    »Das habe ich doch erzählt. Er hat sie getötet.«
    »Ja, aber wie?«
    Even Juul sah Harry lange an, ehe er antwortete:
    »Sie wurden erschossen. Durch den Kopf.«
    »Alle vier?«
    »Ja.«
    Sie fanden schließlich einen Parkplatz in Grensen und gingen von dort zu dem Lokal, von dem Juul am Telefon gesprochen hatte und das er ihm so dringend hatte zeigen wollen.
    »Das ist also das Ryktet?«, fragte Harry, als sie in das dunkle, fast leere Café kamen. Nur wenige Menschen saßen an den Tischen. Harry und Juul bestellten einen Kaffee und setzten sich ans Fenster. Zwei alte Männer saßen an einem Tisch weiter im Inneren des Lokals. Sie hielten in ihrem Gespräch inne und schielten zu ihnen herüber.
    »Erinnert mich an ein Café, in das ich hin und wieder mal gehe«, sagte Harry und nickte in Richtung der beiden Alten.
    »Die Unverbesserlichen«, erklärte Juul. »Alte Nazis und Frontkämpfer, die noch immer glauben, im Recht gewesen zu sein. Hierhocken sie und schreien ihre Verbitterung über den großen Verrat heraus, über die Regierung Nygaardsvold und den allgemeinen Zustand der Welt. Jedenfalls diejenigen von ihnen, die noch nicht das Zeitliche gesegnet haben. Die Reihen lichten sich, wie ich sehe.«
    »Noch immer politisch engagiert?«
    »Oh, ja doch, die sind noch immer wütend. Über die Entwicklungshilfe, die Kürzung des Verteidigungshaushalts, weibliche Pastoren, die Schwulen-Ehe, unsere neuen Mitbürger und und und. Sie können sich selber vorstellen, was diese Jungs alles aufregt. Im Grunde ihrer Seele sind das noch immer Faschisten.«
    »Und Sie meinen, Urias könnte hier verkehren?«
    »Wenn das irgendeine Art Rachefeldzug gegen die Gesellschaft ist,

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