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Rotkehlchen

Rotkehlchen

Titel: Rotkehlchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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Es war Halvorsen. Er hörte sich müde an und erklärte, er sei gerade erst aufgestanden.
    »Ich habe siebzig der einhundertzehn Leute auf der Liste überprüft, die mit irgendwelchen Schlagwerkzeugen andere verletzt haben«, sagte er. »Bis jetzt gibt es acht, die eine Glatze haben.«
    »Wie haben Sie das herausgefunden?«
    »Ich hab sie angerufen. Es ist unglaublich, wie viele Leute morgens um vier zu Hause sind.«
    Halvorsen lachte unsicher, als es an Harrys Ende der Leitung still blieb.
    »Sie haben jeden Einzelnen zu Hause angerufen?«, fragte Harry. »Ja klar«, sagte Halvorsen. »Oder über Handy. Es ist unglaublich, wie viele Leute ein Han …«
    Harry fiel ihm ins Wort:
    »Und dann haben Sie diese Verbrecher gebeten, der Polizei eine aktuelle Personenbeschreibung von sich zu geben?«
    »Nicht ganz. Ich habe behauptet, wir seien auf der Suche nach einem Verdächtigen mit langen roten Haaren, und sie dann gefragt, ob sie sich in letzter Zeit die Haare gefärbt hätten«, sagte Halvorsen.
    »Da komme ich nicht ganz mit.«
    »Wenn Sie sich eine Glatze geschoren hätten, wie würden Sie reagieren?«
    »Hm«, sagte Harry. »Ihr seid ja ein paar Schlauberger da oben in Steinkjer.«
    Das gleiche unsichere Lachen.
    »Schicken Sie mir die Liste per Fax«, sagte Harry.
    »Sie kriegen sie, sobald ich sie zurückhabe.«
    »Zurück?«
    »Einer der Beamten hier im Dezernat hat sie. Er wartete darauf, als ich kam. Es eilte wohl.«
    »Ich dachte, die Gjelten-Sache wäre eine Angelegenheit der Kripo.«
    »Anscheinend nicht.«
    »Wer war es?«
    »Ich glaube, er hieß V å geri, oder so ähnlich«, antwortete Halvorsen.
    »Es gibt keinen V å gen bei euch im Dezernat. Meinen Sie Waaler?« »Das war es, ja«, bestätigte Halvorsen und fügte leicht beschämt hinzu: »Es gibt im Moment so viele neue Namen …«
    Harry hätte den jungen Beamten am liebsten dafür ausgeschimpft, dass er Ermittlungsdaten an Menschen weitergab, die er kaum kannte. Doch das war jetzt nicht der Zeitpunkt für harsche Kritik. Der Junge war drei Nächte hintereinander wach geblieben und vermutlich zum Umfallen müde.
    »Gute Arbeit«, sagte Harry und wollte auflegen.
    »Moment! Ihre Faxnummer?«
    Harry starrte aus dem Fenster. Die Wolken zogen sich über dem Ekeberg wieder zusammen.
    »Finden Sie auf der Telefonliste«, erwiderte er.
    Kaum dass Harry aufgelegt hatte, klingelte das Telefon erneut. Es war Meirik, der ihn bat, sofort in sein Büro zu kommen.
    »Wie läuft’s mit dem Bericht über die Neonazis?«, fragte er, als er Harry in der Tür erblickte.
    »Schlecht«, erwiderte Harry und ließ sich auf einen Stuhl fallen. über Meiriks Kopf hing ein Bild des norwegischen Königspaares, das auf ihn herabschaute. »Das E auf der Tastatur klemmt«, fügte Harry hinzu.
    Meirik lächelte ebenso gezwungen wie der Mann auf dem Bild und bat Harry, den Bericht vorläufig zu vergessen.
    »Ich brauche Sie für etwas anderes. Gerade hat mich der Sprecher des Norwegischen Gewerkschaftsbundes angerufen. Beinahe die Hälfte aller Führungspersonen haben heute per Fax eine Morddrohung erhalten. Unterzeichnet mit 88. Das ist ein Kürzel für Heil Hitler. Es ist nicht das erste Mal, aber dieses Mal hat die Presse davon Wind bekommen. Es gehen bereits die ersten Anrufe bei uns ein. Uns ist gelungen, den Herkunftsort der Faxe zu bestimmen. Es ist ein öffentliches Faxgerät in Klippan. Deshalb müssen wir die Drohung ernst nehmen.«
    »Klippan?«
    »Ein kleiner Ort, dreißig Kilometer östlich von Helsingborg.
    Sechzehntausend Einwohner, aber Schwedens schlimmstes Nazinest. Es gibt dort Familien, die seit den dreißiger Jahren ohne Unterbrechung hinter den Nazis stehen. Einige der norwegischen Neonazis pilgern dorthin, um zu sehen und zu lernen. Ich möchte, dass Sie eine große Tasche packen, Harry.«
    Harry schwante etwas Unangenehmes.
    »Wir schicken Sie dorthin, damit Sie ein wenig spionieren, Harry. Sie sollen das Milieu unterwandern. Job, Identität und andere Details liefern wir noch. Seien Sie darauf vorbereitet, dort eine Weile zu bleiben. Unsere schwedischen Kollegen haben Ihnen bereits eine Wohnung beschafft.«
    »Spionieren«, wiederholte Harry langsam. Er traute seinen Ohren kaum. »Davon hab ich doch überhaupt keine Ahnung, Meirik. Ich bin Ermittler. Oder haben Sie das vergessen?«
    Meiriks Lächeln war gefährlich dünn geworden.
    »Das lernen Sie schnell, Harry, das ist keine große Sache. Betrachten Sie das als eine interessante neue

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