Rotlichtkrieg: Auf Leben und Tod gegen die Hells Angels (German Edition)
könnte, ist, dass ein Papa mal auf dem Heimweg bei uns einkehrt. Oder eine Mutter sich bei uns etwas dazuverdient. Geht aber beides die SPD nun wirklich überhaupt nichts an.
Mit blumigen Worten führt die SPD aus, was denn durch die Bordelle droht. Sogar die offene Drogenszene wird sich dann möglicherweise in Wandsbek ansiedeln.
Dass ich ganz in der Nähe seit Jahren den Saunaclub führe, das interessiert niemanden. Klar gab es durch den Club auch mal Stress, aber ich habe ja immer den Kopf hingehalten. Die Nachbarn haben da nie viel mitgekriegt.
Die CDU will natürlich nicht zurückstehen, beharrt darauf, dass in dem Gebiet dort nur produzierendes Gewerbe zugelassen ist, als das man einen Puff ja wohl nicht bezeichnen könne, außer ein Kondom reißt. O-Ton eines CDU-Politikers, was ja schon deutlich macht, auf welchem Niveau da diskutiert wird.
Die SPD schreibt schnell den Antrag »Bordelle in Wandsbek verhindern!«.
Gewaltkriminalität, Drogenszene, Kinder in Gefahr. Da bleibt auch der besonnenste Bürger nicht ruhig. Die Bürgerinitiative »Wandsbek wehrt sich« formiert sich.
Übrigens leide nicht nur ich unter der plötzlichen Prüderie in Wandsbek. Ein kleines, lange etabliertes Bordell mit vielleicht 30 Zimmern will zur selben Zeit im Stadtteil in ein neues Gebäude ziehen. Das ist unbürokratisch genehmigt worden und wird von der Politik dann gleich skandalisiert, dass die Zuhälter in Wandsbek Narrenfreiheit hätten.
»Automeile« nennt sich das Gebiet, in dem ich meinen Puff eröffnen will. Was edel klingt, bedeutet nur, dass sich da Autohändler an Autohändler reiht. Trotzdem findet die Politik plötzlich, dass die Straße ein Sahnestück des Bezirks ist, das durch das »Tropicana Islands« verschandelt werden würde.
Am Ende steht der Ruf von Wandsbek auf dem Spiel. Es könne doch nicht sein, findet die SPD, dass jeder, der in der Republik »Wandsbek« hört, sofort an einen Puff denkt. Dazu muss ich sagen: Immerhin wäre Wandsbek dann für irgendetwas bundesweit bekannt geworden.
Einige Monate lang köchelt so die Stimmung. Dann wird uns vonseiten der Behörde signalisiert, dass wir wohl nie die Genehmigung für den Bau, geschweige denn den Betrieb des »Tropicana Islands« bekommen werden.
Selbst wenn wir den Puff, vielleicht an anderer Stelle, gegen alle Widerstände bauen würden, stünden wir ständig unter strenger Beobachtung. Wir wären ein Puff, in dem das Ordnungsamt ein- und ausgeht. Nach Arbeitsgenehmigungen der Frauen verlangt, sich die Bücher ansieht. Die Steuer würde es besonders interessieren, welche Wege denn das Geld in unserem Club nimmt.
Nun wackeln auch die Investoren. Je mehr schlechte Presse im Umlauf ist, desto mehr schwindet der Glaube an meinen Mega-Puff.
Ob es im Hintergrund auch Druck von den Hells Angels gegeben hat, unser Projekt nicht zu finanzieren, habe ich bis heute nicht herausbekommen.
Die Albaner, das muss ich zugeben, machen ihre Sache geschickter. Bis auf 800 Unterschriften von Anwohnern regt sich kein Widerstand gegen ihr Projekt. Schon gar nicht vonseiten der Stadt. Natürlich feixen sie über unsere Probleme – und können schließlich ihren Mega-Puff bauen.
Das ist ein Nackenschlag, der uns heftig zusetzt. Aber es soll noch viel schlimmer kommen.
Locke
»Beim dritten Zeugen das gleiche Spiel: ›Türken-Musas‹ Expartner Gianni S. verweigert die Aussage. Als ehemaliger Betreiber des ›Tropicana‹ befürchte S., sich angesichts der Verbindung zu Angeklagtem und Zeugen selbst zu belasten, so dessen Anwalt. Das große Schweigen vor dem Hamburger Amtsgericht.«
Spiegel Online , 14.7.2009, »Prozess gegen Rotlichtgröße Musa A.«
Ich sitze in meiner Wohnung, surfe mit meinem Laptop im Internet, schaue mir Fitnessseiten an. Seit ich den Saunaclub nicht mehr an der Hacke habe, will ich wieder mehr trainieren. Dann sehe ich, dass ich auf »iLove« eine Nachricht bekommen habe. Bei dem Flirtportal sind viele von uns angemeldet. Die Nutten und die Zuhälter. Unser Facebook …
Die Nachricht ist von »Locke«. Sie schreibt einfach »Hi«. Im ersten Moment kann ich sie nicht einordnen, aber ihr Profilfoto gefällt mir. Dunkle, gelockte Haare, wache, blitzende Augen, Schmollmund, wie ihn die Mädels auf ihren Profilfotos gerne machen. Und sie zeigt ganz schön Ausschnitt. Also schreibe ich zurück.
Während ich mit ihr chatte, dämmert mir, woher ich sie kenne. Sie geht im »Tropicana« anschaffen, ich habe sie da ein paarmal gesehen. Sie ist
Weitere Kostenlose Bücher