Rotlichtkrieg: Auf Leben und Tod gegen die Hells Angels (German Edition)
dem Diablos MC Heinsberg.
Außerdem kommen einige Clubs einem Verbot zuvor, indem sie sich selbst auflösen. Prominentestes Beispiel ist natürlich das Hannoveraner Hells-Angels-Charter unter Frank Hanebuth. Im Rockerprozess in Kiel hat vorher ein ehemals den Hells Angels nahestehender Mann behauptet, Hanebuth hätte einen Mord in Auftrag gegeben. Danach wurde Hanebuths Villa durchsucht, die Polizei erschoss bei der Erstürmung des Anwesens seinen Hund.
All das klingt vielleicht nach Erfolg der Justiz, und sicher kann sich der eine oder andere Innenminister dafür feiern lassen. Aber wirklich ändern wird sich an der Macht der Gruppen dadurch nichts. Das glaubt auch kein Staatsanwalt.
Ein bisschen Geld wird beschlagnahmt, vielleicht ein paar Motorräder. Selbst das ist aber schon ein ziemlicher Glücksgriff, meist sind die echten Werte nie wirklich im Besitz des Clubs, die Motorräder also auf einzelne Mitglieder zugelassen. Die wichtigste Sache aber, der Einfluss auf das Rotlichtmilieu, lässt sich nicht beschlagnahmen. Ob der Typ, der das Schutzgeld kassiert, eine Kutte trägt oder das nicht mehr darf, ist dem Wirt ziemlich egal. Er wird trotzdem bezahlen. Und wenn ein Bordellbesitzer gute Erfahrungen damit gemacht hat, einen bestimmten Motorradclub mit der Sicherheit seines Puffs zu beauftragen, warum sollte er dessen Dienste dann nicht mehr in Anspruch nehmen, nur weil die Leute eine andere Arbeitskleidung tragen?
Außerdem sind Nachfolgeclubs schnell gegründet. Die Hells Angels Hamburg sind seit 1986 verboten. Trotzdem gab es in Hamburg immer Hells Angels. Sie nennen sich nur nicht mehr Hells Angels Hamburg. Aktuell nennen sie sich Hells Angels Harbour City. Der Club ist offiziell in Schwerin registriert.
In März 2012 will es Harbour City dann richtig wissen. Ein Mitglied, Tommy, stellt sich mit seiner Kutte mit Hells-Angels-Logo vor den Hamburger Michel, das Wahrzeichen der Stadt, und lässt sich so von seinen Kumpels fotografieren. Und schickt das Foto den Behörden. Es kommt, was kommen muss: Die Staatsanwaltschaft durchsucht daraufhin das Haus von Tommy. Dem ist das ganz recht, grinsend übergibt er den Polizisten die Kutte. Vor Gericht erklärt er den ganzen Quatsch so: »Wir wollen einfach mal Rechtssicherheit haben.«
Und tatsächlich: Das Amtsgericht entscheidet für ihn. Zwar sei das Logo der Hells Angels Hamburg verboten. Das Logo der Hells Angels Harbour City aber nicht. Dass sich das nur durch ein paar Buchstaben unterscheidet, spiele da keine Rolle. Der optische Unterschied sei trotzdem zu groß.
So etwas ist dumm, weil es einfach nicht gut fürs Geschäft ist. Warum sollte man die Polizei provozieren? Jeder im Milieu kann doch froh sein, wenn uns die Polizei in Ruhe arbeiten lässt. Aber es zeigt zumindest mal sehr deutlich auf, was von Clubverboten zu halten ist.
Milieu-Auseinandersetzungen werden im Milieu geregelt. Das hat den Vorteil, dass so gut wie nie jemand bei diesen Auseinandersetzungen verletzt wird, der nicht zum Milieu gehört. Außer natürlich, ein Passant gerät aus Versehen in eine Schießerei.
Das Einzige, was eine Gruppe wirklich schwächen kann, ist, wenn wichtige Mitglieder in den Knast wandern. Aber auch das macht das Leben im Milieu nicht friedlicher. Wenn die Motorradclubs den Job nicht machen, dann eben andere deutsche oder ausländische Banden.
Die Clubverbote in Nordrhein-Westfalen haben zumindest eine Wirkung: Die Explosion wird herausgezögert. Eigentlich sollte der Krieg schon 2009 losgehen. Damals erschoss ein Hells Angel einen Bandido vor dem Bandido-Clubhaus in Duisburg. Timo A. vom Hells-Angels-Charter in Solingen fuhr in seinem Mercedes nach Duisbug, zu der Zeit unangefochten Bandido-Stadt. Er stoppte direkt vor dem Clubhaus der Bandidos. Bandido Eschli E. wollte sich diese Provokation nicht bieten lassen, rannte zum Auto des Hells Angels und brüllte: »Komm raus!«
Timo A. zog eine Pistole, stieg aus seinem Wagen und schoss viermal auf den Bandido. Eschli bekam eine Kugel in den Kopf. Ein Höllenengel hat einen Bandido in einer Bandido-Stadt vor dem Bandido-Clubhaus erschossen. Mehr braucht es nicht für einen Krieg.
Die Beerdigung von Eschli E. war würdevoll, 1000 Menschen nahmen Abschied, danach fuhr eine Prozession von 300 Bandidos auf ihren Motorrädern durch die Straßen.
Am 31. Oktober wollten die Bandidos dann Rache nehmen. Aus ihrer Kneipe »Fat Mexican« marschierten 40 von ihnen in Richtung Eros-Center Duisburg, ein Laufhaus, das
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