Rotlichtkrieg: Auf Leben und Tod gegen die Hells Angels (German Edition)
kommt plötzlich eine Handvoll Rocker auf mich zu. Es sind Mitglieder eines Unterstützerclubs der Hells Angels, sie nennen sich Clan 81. Die 81 ist die Zahl der Höllenengel, das H ist der achte, das A ist der erste Buchstabe des Alphabets. Um die großen Clubs scharen sich immer noch Unterstützerclubs wie der Clan 81, die gerade gut genug sind, um die Drecksarbeit für die großen Clubs zu erledigen.
»Ratingen ist Hells-Angels-Stadt«, sagt der eine zu mir. »Du bist hier nicht willkommen. Mach hier keine Geschäfte und trage keine Farben eines anderen Clubs.«
Ich spüre das Adrenalin durch meine Adern schießen. Aber äußerlich bleibe ich ruhig. Die wollen mir eine Ansage machen, sollen sie doch, es sind Kettenhunde ihrer Herren in Rot-Weiß. Warum sollte ich ernst nehmen, was mir Kettenhunde sagen?
Mit den Jahren habe ich einen ganz guten Instinkt dafür entwickelt, wann eine Situation wirklich gefährlich ist. Und wann jemand nur ein bisschen die Muskeln spielen lassen will.
Einige Tage später wird eine meiner Frauen auf einem Parkplatz in Essen von mehreren Männern umringt. Sie nehmen ihr das Handy ab. »Na, hat er dir geschrieben?«, fragt einer der Männer. Dann geht er ganz nah an die Frau heran und droht: »Wir werden ihn umbringen. Wenn du dabei bist, stirbst du auch. Halt dich also fern von ihm.«
Es wird ungemütlich werden im wilden Westen Deutschlands.
Die libanesische Großfamilie A. hat in Deutschland gut 4000 Mitglieder. Ein riesiger Clan, von dem einige in der organisierten Kriminalität mitmischen. Auch in Nordrhein-Westfalen sind sie durchaus mächtig. Wer in meinem Bereich arbeitet, wird früher oder später mit ihnen zu tun haben. Ich habe den Kontakt aber immer auf das Nötigste beschränkt. Bevor du mit jemandem Geschäfte machst, solltest du dich nämlich kurz in ihn hineinversetzen und mit seinen Augen auf dich schauen. Was bist du für ihn? Respektiert er dich? Und bei diesem Test fällt die Familie A. durch. Denn in deren Augen bin ich minderwertig. Ich bin Christ, habe für sie also schon einmal die falsche Religion. Außerdem verdienen die ihr Geld mit Drogen, mit Gewalt, mit Erschleichung von Sozialleistungen. Bordelle sind für sie unehrenhaft. Da ich das alles weiß, würde ich ihnen nie vertrauen.
Aber diese Leute sind wie Fliegen, sie kommen immer wieder. Lassen dich nie in Ruhe. Nicht weil sie mit dir etwas aufbauen wollen, gleichberechtigt, ein Geschäft, von dem beide Seiten profitieren. Sondern weil sie hoffen, dich als Helfershelfer missbrauchen zu können.
Einer von ihnen, Moussa, bestellt mich nach Duisburg. Weil ich neugierig darauf bin, was sie planen, komme ich. Dass ich gegen die Hells Angels bin und dass ich gerne Rache nehmen würde, hat sich im Milieu offenbar herumgesprochen. Jedenfalls offenbart mir Moussa, dass ein neues Chapter eines Motorradclubs geplant ist. Gremium Bosporus West soll es heißen und zum traditionsreichen deutschen Gremium-Motorradclub gehören. Es soll ein türkisches Chapter in Deutschland werden, mit Standort Dinslaken, in dem die unterschiedlichsten Nationalitäten zusammenarbeiten, das sich aber hauptsächlich aus Migranten rekrutiert, die bisher in den anderen Motoradclubs nicht viel zu sagen haben. Ich soll Mitglied werden.
Bei mir läuten sofort die Alarmglocken. Da haben sich Männer mit ganz unterschiedlichen Hintergründen zusammengetan. Die einen kommen aus Duisburg, die anderen aus Dinslaken. Die einen sind Türken, die anderen Kurden. Bozkurts sind dabei, PKK-Anhänger, Libanesen, Syrer, Aleviten, Schiiten … Gruppen, die untereinander verfeindet sind. Das wird sehr schwierig werden, deren Interessen unter einen Hut zu bekommen. Außerdem schreckt mich die Beteiligung der Familie A. ab. Denn der Clan teilt seine Macht nicht gerne. Wenn die sich bei etwas engagieren, wollen sie von der Sache mehr profitieren, als dass sie zu geben bereit sind.
Was mich aber dazu bringt, doch darüber nachzudenken, ist der Name Gremium. Von diesem alteingesessenen Motorradclub habe ich immer nur Gutes gehört. Wenn ich je daran gedacht hätte, mich in einem Club zu engagieren, dann wäre für mich immer nur Gremium infrage gekommen. Ich bin immer Einzelgänger gewesen, vielleicht war das ein Fehler, eine starke Gemeinschaft mit gemeinsamen Zielen könnte mich wieder ins Geschäft bringen.
Gremium ist der letzte große Club, der in Deutschland geblieben ist, ohne sich einem der amerikanischen Clubs anzuschließen. Gegründet wurde er
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