Rott sieht Rot
stattfindet, hat Petra Ziebold ihre Trennung von Reinsdorf längst geplant. Sie braucht nur noch das Geld aus dem Autoverkauf. Als sie es hat, vernichtet sie ihre echten Papiere, zieht nach Remscheid und verwandelt sich in die Baronin Agnes von Rosen-Winkler - in eine Frau, die keine Freunde und keine Verwandten hat und die niemand vermisst. Reinsdorf kann sie nicht finden. Außerdem hat er Angst, verpfiffen zu werden. Er geht für Jahre nach Russland.«
Jutta schüttelte den Kopf. »Und dann heiratete Agnes, ich meine, diese Petra, die jetzt Agnes heißt, ausgerechnet den Mann, den sie damals betrogen hatte? Das leuchtet mir nicht ein.«
»Womöglich war es Zufall. Ein einziger, der das alles in Gang gesetzt hat. Übrigens ist die Ehe nicht auf ihrem eigenen Mist gewachsen.«
»Was meinst du damit?«
»Du hast die beiden zusammengebracht - schon vergessen? Du selbst. Mit deiner Schal-Intrige.«
»Soll das heißen, dass auch Agnes, also Petra, Tristan gar nicht erkannt hat?«
»Den Betrug hat Reinsdorf allein durchgezogen. Sie war damals nicht dabei.«
»Aber sie haben sich doch geliebt.«
»Mit Verlaub, das glaube ich nicht.« Ich war jetzt richtig in Fahrt. »Es war eine Zweckehe.«
»Was?«
»Jeder der beiden wollte vom anderen nur eines: Geld. Tristan hatte große finanzielle Probleme, und es würde mich nicht wundern, wenn Agnes, Petra also, auch welche hatte. Deshalb die Hochzeit. Nichts als eine PR-Veranstaltung.«
Ich schwieg und ließ alles wirken.
»Es stellt sich aber die Frage, wer in dem Porsche an der Autobahn auf Sie geschossen hat. Und wer hat diesen Reinsdorf auf dem Gewissen? Und nicht zuletzt: Wo ist Tristan Sülzbach?«, überlegte Krüger.
»Ich glaube, dass alles auf das Konto der angeblichen Baronin geht.«
»Wie kommen Sie darauf?«
»Sülzbach ist der ganzen Geschichte mit dem Betrug auf die Schliche gekommen. Er hat eine Woche vor seiner Hochzeit Reinsdorf gefunden. Er wird der Baronin alias Petra Ziebold davon erzählt haben. Ihr ist klar geworden, dass sie kurz vor der Entlarvung stand. Die alte Geschichte drohte rauszukommen.«
»Und damit die ganze Sache nicht rauskommt…«
»… hat sie Sülzbach aus dem Weg geräumt. Ich bin sicher, dass seine Leiche ziemlich bald gefunden wird. Und dann hat sie Reinsdorf umgebracht - der Einzige, der sie heute noch hätte identifizieren können. Seine Adresse hatte sie übrigens durch mich erfahren. Ich habe sie zu ihm geführt. Und wenn alles geklappt hätte, wäre nichts rausgekommen. Niemand hätte ein Motiv gefunden. Sie wäre die verlassene Ehefrau gewesen, auf die nicht der Schimmer eines Verdachts gefallen wäre. Es hätte sogar in allen Zeitungen gestanden. Sie hätte Sülzbach beerbt, verheiratet waren sie ja schon.«
»Was?« Jutta war baff.
»Ihre standesamtliche Hochzeit hat in Amerika stattgefunden. Ich habe die Urkunde selbst gesehen.«
Jutta brauchte ein paar Sekunden, um das zu verdauen. »Aber warum sollte sie es auf sein Geld abgesehen haben? Er hatte doch nichts«, wandte sie matt ein.
»Das hat sie nicht gewusst! Ich weiß noch genau, wie sie gestutzt hat, als ich ihr Sülzbachs finanzielle Lage schilderte. In diesem Moment muss ihr klar geworden sein, dass man ihr noch nicht mal unterschieben konnte, es auf sein Geld abgesehen zu haben. Wenn seine Leiche auftaucht und die polizeiliche Ermittlung beginnt. Für sie ein weiteres Motiv, den Mord zu wagen.«
Eine Weile herrschte Stille im Raum. »Moment mal, da stimmt aber immer noch was nicht«, sagte Jutta dann. »Agnes hat dich beauftragt, Tristan zu suchen. Warum hätte sie das tun sollen, wenn sie ihn selbst um die Ecke gebracht hat?«
Ich sah sie triumphierend an. »Sie hat mich nicht engagiert. Du warst es. Du hast ihr eingeredet, dass sie einen Detektiv braucht. Aber auch das passte letztlich in ihren Plan: So hat man ihr die Rolle der verlassenen Braut umso mehr abgekauft.«
»Unglaublich«, murmelte Jutta. »Aber du hast Recht.«
Krüger seufzte. »Ich hoffe«, sagte er, »ich werde das alles irgendwann mal voll und ganz verstehen.«
22. Kapitel
Dank Juttas Chefarzt-Kontakten durfte ich noch am selben Abend zu Svetlana. Sie lag im Koma; es war unmöglich, mit ihr zu sprechen.
»Die Kugel ist durch die Kehle ins Rückenmark gedrungen«, sagte der Arzt, der mit Jutta befreundet war. »Ehrlich gesagt, haben wir nicht viel Hoffnung.«
Er ließ mich allein, und ich blieb bei Svetlana sitzen. Sie lag starr auf dem Rücken, umgeben von all den
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