Rott sieht Rot
immer ein paar, die glauben, da müsse was dran sein. Und das sind dann die zwanzig, die da rumsitzen und bis zum Schluss glauben, sie hätten ein Schnäppchen gemacht.« Ich griff nach dem Handy.
»Wen willst du anrufen?«
»Meine Auftraggeberin.«
»Die Baronin? Warum das denn?« Svetlana machte ein bestürztes Gesicht.
»Weil ich auch sie danach fragen muss, ob sie einen Rob Reinsdorf kennt.«
Svetlana seufzte.
»Was ist los?«, wollte ich wissen.
»Ist schon gut«, sagte sie. »Tu, was du nicht lassen kannst.«
»Svetlana«, sagte ich ruhig. »Eifersucht hilft uns jetzt überhaupt nicht weiter. Wir müssen ihn finden. Und wir müssen jede Möglichkeit nutzen, um weiterzukommen.«
»Ist klar.«
»Die Rosen-Winkler weiß ja nicht, dass du hier bei mir bist. Wenn Sie es wüsste, würde sie mich wahrscheinlich sofort feuern.«
Svetlana lächelte. Der Gedanke, hinter dem Rücken der Baronin aktiv zu sein, gefiel ihr wohl. Sie nahm den Autoatlas und blätterte darin herum. »Ruf sie an. Ich kriege solange raus, wie wir fahren müssen.«
Ich suchte Juttas Nummernspeicherplatz. Sie meldete sich sofort.
»Wie sieht es aus?«
»Es gibt was Neues. Aber das muss ich mit deiner Freundin besprechen.«
»Jetzt?«
»Ja. Ist sie bei dir?«
»Sie schläft.«
»Weck sie bitte. Es muss sein.«
Als die Baronin ans Telefon kam, erkannte ich ihre Stimme kaum wieder. Sie klang sehr müde.
»Rott. Was haben Sie herausgekriegt?«
Ich fasste mich kurz. »Sagt Ihnen der Name Rob Reinsdorf etwas?«
In der Leitung wurde es still; offenbar dachte die Baronin nach.
»Wer soll das sein?«, hauchte sie.
»Ihr Mann hat ihn gekannt. Und er hat ihn gesucht.« Ich fasste zusammen, was passiert war und wo wir uns befanden. Dann erklärte ich, wie Tristan Hanna Schneider besucht hatte und dabei auf Reinsdorf gestoßen war. Svetlana erwähnte ich natürlich nicht. »Einen Verdacht sind wir also los«, schloss ich. »Ihr Mann war nicht auf der Suche nach dieser Frau Schneider. Und es hat wohl auch nichts mit einer Affäre zu tun. Wir müssen jetzt sehr schnell etwas über diesen Reinsdorf herauskriegen.«
»Tut mir Leid. Ich kenne den Namen nicht. Wo wohnt er denn?«
Ich nannte die Adresse, aber auch die sagte der Baronin nichts. »Wir sind … das heißt, ich bin jetzt dahin unterwegs«, sagte ich. »Ich melde mich wieder.«
Ich fuhr weiter in den Abend hinein. Mittlerweile war es stockdunkel geworden.
»Glaubst du, dass wir Tristan in Leverkusen finden?«, fragte Svetlana.
»Keine Ahnung«, antwortete ich wahrheitsgemäß. »Ich weiß nicht, was uns da erwartet.«
15. Kapitel
Die Bundesstraße über Wipperfürth, Hückeswagen und Wermelskirchen verlief zwar nicht genau in Richtung Leverkusen, aber immerhin erreichten wir die Al, auf der wir uns dann Richtung Süden wandten und schneller vorankamen.
»Die Adresse liegt in Leverkusen-Manfort«, sagte Svetlana. »Genau an der A3.«
»In Manfort? Wie weit ist die Straße von der Gustav-Heinemann-Straße entfernt?«
Svetlana musterte die Karte. »Im Stadtplan vielleicht vier Zentimeter. Wieso? Was ist denn in der Gustav-Heinemann-Straße?«
Ich klärte Svetlana darüber auf, dass dort offiziell Hanna Schneider mit ihrem Mann wohnte.
»Dann scheint ja zu stimmen, was sie gesagt hat. Dieser Reinsdorf ist ein Bekannter von ihr und wohnt in der Nähe.«
Wir erreichten das Leverkusener Kreuz und wechselten auf die A3. Hier war die Autobahn durch eine lange Kette von Lampen beleuchtet. Das Neon der Gewerbegebiete war nur noch schwach zu sehen. An der Anschlussstelle Leverkusen fuhr ich ab.
»Achtung, jetzt musst du gleich links einbiegen«, sagte Svetlana.
Ich fuhr in eine sehr schmale Straße, und plötzlich wurde es stockdunkel. Links und rechts wuchsen Pflanzen in hohen Stauden. Es waren Maisfelder, die aus unerfindlichen Gründen niemand abgeerntet hatte. Ich hielt an und schaltete die Innenbeleuchtung ein. »Zeig mal die Karte«, sagte ich.
Svetlana tippte mit dem Finger auf die Stelle, an der wir uns befanden. Die Straße beschrieb einen kleinen Bogen und setzte sich als dünne Linie schnurgerade zwischen grünen Flächen fort. Eine breite rosa Linie zeigte an, dass hier die Stadtgrenze zum rechtsrheinischen Köln verlief. Ich setzte bis zu den ersten Häusern zurück. »Sehen wir uns mal um.«
Draußen empfing uns die Lärmwolke von der nahen Autobahn. Hinter dem Feld wanderten stetig die Lichter der Fahrzeuge vorbei. Entlang der Straße verlief eine weiße Mauer,
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