Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rott sieht Rot

Rott sieht Rot

Titel: Rott sieht Rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
Vom Netzwerk:
Ich hatte sie vor einigen Jahren kennen gelernt, als ich einen Mann, dessen Ehefrau eine Nebenbuhlerin vermutete, überwachte. Ich fand heraus, dass sich ihr Angetrauter mit professionellen Liebesdienerinnen vergnügte. Unter anderem mit Anja. Das Geld stammte aus einem Lottogewinn, den er seiner Ehefrau verschwiegen hatte.
    Später hatte ich Anja wiedergetroffen, als ich nach einem Rotlichtboss fahndete, doch leider hatte sich ihre Spur danach verloren. Ich hatte keine Ahnung, wo sie im Moment wohnte. Ich wusste noch nicht einmal ihren Nachnamen.
    »Du kennst ja interessante Leute«, stellte Svetlana fest.
    »Bringt der Beruf so mit sich.« Ich fuhr los.
    »War dein Vater eigentlich auch Detektiv?«
    »Wie kommst du denn jetzt darauf?«
    »Es interessiert mich eben. Vielleicht, weil deine Eltern auch so früh gestorben sind. Wie ist das eigentlich passiert?«
    »Es war ein Verkehrsunfall. Bei einem Sonntagsausflug. Ich hätte eigentlich mitfahren sollen. Es hat vorher ein bisschen Krach gegeben.«
    »Weil du nicht mit wolltest?«
    »Ja genau. Ich war damals fünfzehn, und mir ist das alles ziemlich auf den Keks gegangen. Mein Vater hat mich dann verdonnert, etwas für die Schule zu tun. Ich hatte unheimlich schlechte Noten - vor allem in Mathe.«
    »Ist mir auch so gegangen.«
    »Ich war ganz froh, dass ich zu Hause bleiben konnte. Irgendwann merkte ich dann, dass sie gar nicht zurückkamen. Bis es schließlich klingelte und ein Polizist vor der Tür stand.«
    »Da bist du sicher erschrocken, oder?«
    »Nein, überhaupt nicht. Mein Vater war auch Polizist. Und der Mann, der da kam, war ein Kollege. Ich kannte ihn. Deswegen habe ich mir erst nichts dabei gedacht. Dann kam nach und nach alles raus. Es ist irgendwo bei Altenberg passiert. In einer scharfen Kurve. Ein Motorradfahrer war schuld.«
    »Und was war dann?«
    »Danach kam ich zu einer Tante. Bei der bin ich dann geblieben, bis ich volljährig war.«
    »War sie denn wenigstens nett zu dir? Oder war sie die böse Stiefmutter?«
    »Sie ist schon in Ordnung. Aber das Leben änderte sich von heute auf morgen. Ich hatte ziemlich alte Eltern, weißt du. Sie haben immer nur Volksmusiksendungen im Fernsehen gesehen. Absolutes Highlight war der ›Blaue Bock‹.«
    »Sagt mir nichts.«
    »Da hast du nichts verpasst. Aber vielleicht gibt es dir eine Vorstellung von unserem Zuhause, wenn ich sage, dass mein Vater abends immer Tuba geübt hat.«
    »Tuba?«
    »Ja, er hat im Polizei-Blasorchester mitgespielt.«
    »Klingt ja irgendwie schräg.«
    »Eher langweilig. Als ich dann bei meiner Tante war, wurde das Leben natürlich etwas bunter. Kann man sich ja vorstellen. Sie ist heute noch sehr lebenslustig.«
    »Hast du noch Kontakt zu ihr?«
    »Natürlich.« Ich biss mir auf die Zunge. Ich musste hier aufhören, meine Familienverhältnisse auszuplaudern. Svetlana durfte nicht mitkriegen, dass Jutta die beste Freundin von Tristans regulär angetrauter Ehefrau war. Zum Glück war Svetlanas Neugierde in Bezug auf mein Familienleben befriedigt.
    »Warum ist diese Anja so wichtig?«, fragte sie und biss in einen Apfel. Ich sah zu, dass ich aus dem Diesel möglichst viel Geschwindigkeit herausholte.
    »Anja war nicht irgendeine Nutte, sondern eine, die sich um das Milieu kümmerte«, sagte ich. »Sie wollte eine Art Selbsthilfeverein für Prostituierte gründen.«
    »Klingt vernünftig.«
    »Soweit ich weiß, ist nichts daraus geworden. Aber eins ist sicher: Wenn jemand den Überblick darüber hat, wer in Wuppertal in dem Gewerbe mitmischte, dann sie.«
    »Jetzt musst du die Dame nur noch finden.«
    »Das lässt sich machen.«
    »Lass mich raten. Du kennst jemanden, der diese Anja kennt.«
    »Wahrscheinlich.«
    »Viel Glück«, sagte Svetlana und biss wieder in ihren Apfel, dass es krachte.
    Ich tippte auf den Nummernspeicherplatz von Jutta. Meine Hand zitterte. Die Tachonadel hing zwischen 160 und 170. Im Wagen donnerte es, als säßen wir in einer Düsenrakete. Die Vibration war so stark, dass die Plastikverkleidung der Armatur klapperte.
    »Remi hier«, schrie ich gegen den Sturm in das Telefon, als sich Jutta meldete.
    »Es wird Zeit, dass du mal anrufst! Wir sitzen hier wie auf glühenden Kohlen. In knapp vier Stunden fahren wir zur Kirche, ist dir das eigentlich klar?«
    »Wie geht’s deiner Freundin?«, fragte ich.
    »Ich gebe sie dir.«
    »Hallo?«
    »Hallo, Herr Rott? Tristan ist immer noch nicht aufgetaucht.«
    »Ich tue, was ich kann«, sagte ich lahm. Ich hatte keine

Weitere Kostenlose Bücher