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Rotwild: Der zweite Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Rotwild: Der zweite Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Titel: Rotwild: Der zweite Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Signe Danielsson , Roman Voosen
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Sommerregen. Eine verirrte Hummel sauste über den Tisch, flog eine Doppelschleife und brummte wieder nach draußen. Plötzlich verspürte Nyström den unbändigen Drang, schwimmen zu gehen. Einen Waldsee zu finden, sich auszuziehen und stundenlang auf dem Wasser zu treiben. Nichts zu hören, nichts zu sagen, nichts zu denken. Wie eine Seerose möchte ich sein, dachte sie, von der Sonne gewärmt, vom dunklen Wasser gekühlt, zwischen warm und kalt oszillierend.
    »Du hast recht«, sagte sie. »Es sieht alles danach aus, dass Hakelius’und Anderssons wahre Identitäten in die ehemalige DDR führen. Und Dahlin war wohl auch dort.«
    »Ich fliege nach Berlin«, sagte Forss.
    Ihr hängendes Augenlid vibrierte.
    »Ja«, sagte Nyström. Ihr Blick war der Hummel gefolgt. Hinaus aus dem Fenster. In die Wälder zu den schwarzen Seen.
    Raipanen lächelte kühl.
    2
    Als das Flugzeug auf dem kleinen Flughafen in Växjö landete, war es bereits früher Nachmittag. Delgado erwartete sie am Ausgang. Er trug Shorts, eine Baseballkappe und Sonnenbrille.
    »Du siehst aus, als würdest du in den Urlaub fahren«, sagte Nyström, nachdem sie sich begrüßt hatten.
    »Ja, so ähnlich«, sagte er. »Wo ist denn Stina?«
    Sie antwortete mit einer Gegenfrage.
    »Wie – So ähnlich ? Wie meinst du das?«
    Delgado schnippte seine Zigarette weg.
    »Ich glaube, ich muss dir etwas erzählen.«
    Auf der Fahrt ins Präsidium berichtete er. Edman hatte am Vormittag einen Anruf aus Stockholm erhalten. Wegen der neuesten Ermittlungsergebnisse aus Skellefteå im Fall der Märtyrermorde habe die Reichskriminalpolizei in enger Zusammenarbeit mit dem Staatsschutz mit sofortiger Wirkung die Leitung der Ermittlung übernommen. Alle diesbezüglichen Akten seien unverzüglich den verantwortlichen Reichskrim- und Säpo-Beamten vor Ort zu übergeben. Da der Fall eine Dimension erreicht habe, die eng mit Fragen der nationalen Sicherheit verknüpft zu sein scheine, seien alle lokalen Kräfte sowohl in Växjö als auch in Skellefteå bis auf weiteres von der Ermittlung befreit.
    »Verdammt«, rief Nyström. Sie griff in ihr Haar. Ihr erster Impuls war es, Tomas Raipanen zu verwünschen. Warum hatte der Kollege nichts Besseres zu tun, als die neuen Spuren und Wendungen des Falls sofort nach Stockholm weiterzutragen und dadurch dafür zu sorgen, dass sowohl er als auch sie der Verantwortung enthoben wurden? Aber der Vorwurf war natürlich Blödsinn. Raipanen hatte vollkommen vorschriftsmäßig gehandelt. Und die stellvertretende Landespolizeichefin hatte ihr schließlich schon nach dem Tod von Olof Andersson mit dem Eingreifen der Reichskrim gedroht. Jetzt, wo es so schien, dass der Fall auch noch eine geheimdienstliche Komponente bekommen könnte, war es nur logisch, dass sich Reichskriminalpolizei und Staatsschutz einmischten. Aber mussten sie deshalb gleich die gesamte Ermittlung an sich reißen? Sie kam sich beraubt vor.
    »Warum wurde ich nicht persönlich informiert?«
    »Ich habe bestimmt fünfmal versucht dich anzurufen. Du warst den ganzen Tag nicht zu erreichen, Ingrid.«
    Das stimmte. Seit dem Check-in am Vormittag in Skellefteå hatte sie ihr Handy ausgeschaltet gehabt.
    »Wie hat Edman reagiert?«, fragte sie.
    Delgado warf ihr einen Blick zu und verzog die Mundwinkel.
    »Rate mal.«
    »Mir ist gerade nicht nach raten.«
    »Er hat sich gefreut wie ein Honigkuchenpferd, weil er die Verantwortung los ist. Als dann gegen Mittag die Anzugträger aus der Hauptstadt eingetroffen sind, hat er natürlich den dicken Max markiert. Seine Ermittlung hier, seine Ermittlung da. Lasse hat einen Lachanfall bekommen. Anette und ich durften eine anderthalbstündige Übergabe machen, die anderen hat Edman nach Hause geschickt, Mittsommer feiern.«
    »Ist heute wirklich schon Freitag?«, fragte Nyström.
    Wieder warf Delgado ihr einen Seitenblick zu, diesmal länger als der erste.
    »Du siehst unglaublich müde aus, Ingrid.«
    Dann, nach einer Pause: »Vielleicht ist es gar nicht so schlecht, mal für einen Augenblick loszulassen.«
    Ich würde so gerne schwimmen gehen, dachte Nyström. Aber sie sagte es nicht laut. Draußen neben der Straße schimmerte der Helgasee.
    3
    Stina Forss hatte das Fenster des Taxis heruntergelassen und den späten Großstadtnachmittag in das Auto hineingelassen. Sie war auf dem Weg vom Flughafen Tegel in die Stadtmitte. Es war ihr früher nie aufgefallen, wie stark Berlin roch. Wie feucht und schmutzig die Luft war im Sommer. Seifig, staubig,

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