Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rotzig & Rotzig

Rotzig & Rotzig

Titel: Rotzig & Rotzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
Vom Netzwerk:
tiefste Nacht, Schnee, richtiger Schnee schwebte vom Himmel, und ich stand schwankend, pisste gegen das einzige Alurad meiner Carina und dachte, so für mich, was für ein nettes Fleckchen Erde Luxemburg doch ist.

TAG 7
    Struppi wühlte sich unter der Decke hervor und knurrte. Jemand kratzte und wischte an den Autoscheiben herum und versuchte, hineinzuspähen. Jemand unter einer blauen Uniformmütze.
    Ich warf die Decke zur Seite und schälte mich mühsam aus dem Schlafsack. Zog den Knopf der Verriegelung und musste den Fuß gegen die Tür stemmen, um sie aufzudrücken. Mit einem reißenden Geräusch gab die eingefrorene Dichtung schließlich nach. Ich fühlte mich verquollen und dickschädelig und überhaupt nicht in Stimmung für eine Unterredung mit einem Uniformierten, schon gar nicht wenn er rothaarig mit Sommersprossen und weißen Wimpern daherkam. Erst mal sprach er mich auf Französisch an, worauf ich mit meinem Stumpfesten Unverständnis reagierte. Dann wies er mich auf Deutsch darauf hin, dass das Nächtigen in Autos in Luxemburg nicht gern gesehen wird, was mich nicht die Bohne interessierte. Entweder strafbar, oder aber nicht strafbar, alles andere geht mir komplett am Arsch vorbei.
    Ob das mein Fahrzeug sei, wollte er wissen und mein „Ja“ durch entsprechende Papiere untermauert sehen. Mehr als meinen Führerschein konnte ich nicht vorweisen, weil mir die Bullen bei der Stilllegung natürlich den Schein abgeknöpft hatten. „Vergessen“, sagte ich und knöpfte mir die Hose zu. Weder aus meiner Nächtigung im Auto noch aus den nicht vorhandenen Kfz-Papieren konnte er mir einen Strick drehen, und es fuchste ihn. Suchend umrundete er den Toyota. Die nagelneuen Kennzeichen erweckten sein Misstrauen und auch die zweieinhalb Jahre TÜV kamen ihm suspekt vor. Damit gerieten wir nun mehr und mehr in die Zone, in der ihm die Sache mit dem Strick doch noch gelingen könnte, was mich zum Aufwachen zwang.
    „Bei Neuzulassungen in Deutschland gibt es grundsätzlich drei Jahre TÜV“, behauptete ich und konnte seine Ungeduld spüren, sich auf das Neu vor den Zulassungen zu stürzen. „Unabhängig vom Alter des Fahrzeugs“, kam ich seiner Frage deshalb rasch zuvor. „Dieses Auto hier habe ich erst kürzlich eigenhändig aus Japan importiert. Der 77er Toyota Carina ist ein Modell von automobilhistorischer Signifikanz.“
    Automobilhistorische Signifikanz. Noch vor dem ersten Kaffee. Manchmal staune ich über mich selbst. Das musste er jetzt entweder widerlegen, oder aber seine Ignoranz eingestehen. Das eine konnte, das andere wollte er nicht, also wechselte er stattdessen den Kurs. Er war eine dieser geborenen Nervensägen. „Haben Sie eine feste Adresse?“ Noch so ein überflüssiger Vorstoß. Es gibt kein Gesetz, das einen dazu verpflichtet, eine zu haben.
    „Nein“, antwortete ich deshalb. „Nicht mehr. Steuerliche Gründe zwingen mich zur Suche nach einem neuen Domizil hier im Fürstentum.“
    „Großfürstentum“, korrigierte er mich. Geht mir auf den Sack, so was. Wie wenn die Ösis drauf bestehen, dass man Österreich sagt, und nicht Ostreich, wie ein normaler Mensch. „Hat der Hund einen Impfpass?“
    „Aber klar doch. Tetanus, Schweinegrippe und alles.“
    „Sie scheinen mich nicht richtig ernst zu nehmen, Herr...“, er studierte, wie alle, noch mal meinen Führerschein,“... Kryszinski. IchkannSieauchalsunenwünschten wohnungslosen Ausländer verhaften und meinen deutschen Kollegen übergeben. Möchten Sie das?“
    „Nur zu, Herr ...“, ich beugte mich vor und studierte sein Namensschild, „... Berck. Ich habe von jeher ein blendendes Verhältnis zu Ihren deutschen Kollegen.“
    „Sie möchten also, dass ich Sie verhafte? Möchten Sie das?“ Er legte einen ungesunden Eifer in diese Frage, eine spürbare Erregung, und ich fragte mich, ob er eventuell schwul war. „Möchten Sie das?“ Aber vielleicht kam er im beschaulichen Großfürstentum auch einfach nur selten dazu, jemanden in Eisen zu legen, und geiferte jeder Gelegenheit entgegen. Wie auch immer, er wurde mir gruselig. „Wenn ich mal schonungslos ehrlich sein darf, bliebe ich lieber auf freiem Fuß.“
    „Dann rate ich Ihnen, sich unauffällig zu verhalten, solange Sie sich auf luxemburgischem Boden befinden.“ Ich versprach es ernsthaft, und er stieg in seinen weißen, mit POLICE beschrifteten VW Passat und fuhr davon, jemand anderem auf die Nüsse gehen.
    Leyla stellte einen großen Milchkaffee auf die Theke und ein

Weitere Kostenlose Bücher