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Rotzig & Rotzig

Rotzig & Rotzig

Titel: Rotzig & Rotzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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ich Ihre Personalien aufnehmen“, sagte die kleine, schmale, dunkelhaarige Schwester bedauernd und klopfte mit dem Kugelschreiber auf ihr Klemmbrett. „Das ist Vorschrift.“
    „Ah, okay. Mein Name ist Schostastochowitsch, Iwan Schostastochowitsch. Ich bin Komponist, wohnhaft in Brziginief-Terzonograd ...“
    „Mal langsam“, unterbrach mich die Schwester. „Das müssen Sie buchstabieren.“
    „Ah, ich weiß was Besseres. Ich geh eben schnell zum Auto und hole meinen Pass. Den können Sie dann fotokopieren, und ich kann zu meiner Verabredung mit dem Kultusminister. Ich bin sofort zurück.“ Ich kam bis zur Tür.
    Wie sich herausstellte, beschäftigte das Krankenhaus dasselbe Security-Unternehmen, bei dem auch Berck an den Wochenenden arbeitete. Zwei ausgesprochen bullige Kollegen von ihm versperrten mir den Weg nach draußen und bestanden auf einer Vernehmung meiner Person durch die Polizei. Sie wurden extrem handgreiflich, als ich mich damit nicht einverstanden zeigte, und hielten mich mit auf dem Rücken verdrehten Armen gegen eine Wand gepresst, bis jemand den Raum betrat und ihnen mit ruhiger Stimme befahl, mich loszulassen. Groß, schlank, in Kamelhaarmantel, Kashmir-Schal, Anzug und hochglanzpolierten Schuhen, schien es ihn einige Überwindung gekostet zu haben, auf die hoch ins aristokratisch lange, wellige Haar gesteckte Sonnenbrille zu verzichten.
    „Sie können gehen“, sagte er zu den beiden Wachmännern und „Sie nicht“ zu mir, als ich mich ihnen anschließen wollte.
    „Commissaire Leblanc“, stellte er sich vor und setzte sich auf das einzige Möbelstück im Raum, einen Schreibtisch. „Ich untersuche den Fall eines lebensgefährlich verletzten Polizeibeamten, Herr... Schostastochowitsch?“
    Er war ungefähr Anfang dreißig, also noch reichlich jung für seinen Rang, doch seine Haltung war bestimmt von einer ungeheuren Selbstsicherheit und sein starrer, niemals ausweichender Blick war der eines erfahrenen Kripobeamten.
    „Das muss eine Verwechslung sein“, sagte ich. „Die von mir verletzt aufgefundene Person war ein Wachmann eines privaten Sicherheitsdienstes, und mein Name ist nicht Schostastochowitsch.“ Ich reichte ihm meinen Ausweis rüber.
    Er warf einen Blick drauf und platzierte ihn sorgfältig neben sich, leicht eingeklemmt unter seinen Hintern. Ich war sein, bedeutete diese kleine Geste, und das, solange es ihm behagte. „Ihr Beruf, Herr Kryszinski?“
    Er hatte meinen Ausweis nur kurz überflogen, brauchte aber kein zweites Mal hinzuschauen, um meinen Namen zu wissen. Ja, ich war mir sicher, dass er ihn würde buchstabieren können. Er sah mich abwartend an, Blick gerade und bohrend, dabei frei von jeder Emotion. „Ihr Beruf?“, wiederholte er.
    „Hausmeister.“ Ich legte genug Mattigkeit in meine Stimme, um absolut glaubhaft zu wirken. Merke: Hausmeister sind immer matt. Es ist die Überarbeitung, weißt du.
    „Nun, Herr Kryszinski, schildern Sie mir bitte den genauen Ablauf der Auseinandersetzung mit dem Wachmann.“ Und ... Gong. Das Sparring war vorbei, hieß das.
    „Auseinandersetzung?“ Ich packte Verwunderung, Betroffenheit und auch ein gerüttelt Maß rechtschaffene Entrüstung in meinen Konter. „Soll das heißen, Sie versuchen, mich mit irgendetwas zu beschuldigen? Hören Sie, ich habe diesem Mann das Leben gerettet...“
    „Das ist noch keineswegs sicher“, unterbrach mich Leblanc. „Die Ärzte sind eher skeptisch. Nun, bitte, Ihre Schilderung.“ Seine ganze Aufmachung wirkte, als ob man ihn von einer Gala oder einem festlichen Abendessen weggeholt hätte, doch wenn er deswegen verstimmt oder in Eile sein sollte, zeigte er es nicht. Vielleicht lief er aber auch immer so aufgebrezelt herum. „Ich bin mit meinem Hund von einem Spaziergang zurückgekommen und sah eine Gestalt am Boden liegen, direkt vor einem Quad. Es gab keine Auseinandersetzung, nicht mit mir zumindest. Der Mann war ohne Bewusstsein, offensichtlich auf den Kopf gestürzt. Ich wollte sofort Hilfe rufen, doch mein Handy ist mir runtergefallen und in seine Einzelteile zerbrochen. Deshalb habe ich mich entschieden, den Mann notdürftig zu verbinden und mit meinem Auto ins Krankenhaus zu bringen.“
    So, da hast du's, dachte ich. Nur ein schlichter Hausmeister, ehrlich, unschuldig, aufopferungsbereit. Leblanc blickte unbeeindruckt. Und schwieg. Hockte bequem auf dem Schreibtisch und ließ mich stehen, starrte mich an. Stehen und beobachtet werden kommt Nacktsein am Nächsten, ohne sich

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