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Rotzig & Rotzig

Rotzig & Rotzig

Titel: Rotzig & Rotzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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Tages und auch von meinen Sorgen um die Jungs, aß ein Sandwich, trank ein Bier und nahm dann mit Struppi zusammen den Bus in die Stadt hinunter, den Toyota holen, der immer noch vor der Schule parkte.
    Bis Heckenpennes sich meldete, blieb eigentlich nicht viel zu tun, außer zu warten. Und warten, machen wir uns nichts vor, warten kann ich nur schlecht. Schnee fiel, leicht und knisternd, und überzog die Fahrbahnen mit einer hellgrauen, im Licht der Scheinwerfer schimmernden Schicht. Langsam rollte ich an der sich parallel zur Straße hinziehenden, schmiedeeisernen Grundstückseinfassung der Reiffs vorbei, sah ihr Haus auf seinem Hügel, alle Fenster hell erleuchtet, alle Türen fest verschlossen, und fühlte mich ausgesperrt.
    Die Grundstücksmauer knickte in einem rechten Winkel ab, und ein Hinweisschild wies auf einen Wanderweg in gleicher Richtung hin.
    Ich riss den Toyota herum, und wir kamen schlingernd zum Stehen. Hund und Halter stiegen aus. Der Weg war saumäßig glatt. Vierbeiner Struppi machte das wenig, doch ich musste mich Schritt für Schritt vortasten. Schon nach wenigen Metern waren wir aus dem gelben Lichtschein der Straßenbeleuchtung, und weiß durchtanzte Schwärze schloss uns ein.
    Ein kleines Strahlflugzeug, ein Learjet oder so was, fauchte über meinen Kopf hinweg, tief genug, dass seine Landungsscheinwerfer den riesigen, eiförmigen Findling auf der Reiffschen Grundstücksgrenze erfassten. Ein rotes Warnlicht blinkte über der Spitze des Felsens, vermutlich von einer Antenne. Mobilfunk oder so was. Kaum war der Jet hinter dem nächsten Hügelkamm verschwunden, sprang in der Remise neben dem Haus ein Motor an. Rücklichter glommen auf, Rückfahrscheinwerfer. Der schwarze Q7 setzte zurück, stoppte und rollte dann vorwärts auf ein Tor zu, dessen Flügel automatisch aufschwangen. Und zwar nur hundert Meter oder so vor mir. Ich sah mich rasch nach Deckung um, fand keine, und rief mich dann zur Ordnung. Wozu Deckung? Schließlich führte ich nur in aller Unschuld meinen Hund spazieren.
    Der Allradier erreichte das Tor, doch statt in meine Richtung bog er links ab und beschleunigte lustvoll über den glatten, verschneiten Grund dem landenden Jet hinterher.
    Spontan hastete ich auf das Tor zu. Vergeblich. Die Flügel schwangen herum und verschränkten sich scheppernd, ehe ich auch nur zehn rutschige Schritte weit gekommen war.
    Also, wieder allein und immer noch ausgesperrt, besah ich mir den Zaun näher, packte die kalten Stäbe, rappelte probeweise daran und stand schlagartig im Zentrum eines grellen Lichtkegels. Fehlte eigentlich nur, dass jemand hörbar eine Waffe durchlud. Blinzelnd ging ich ein paar Schritte rückwärts und dann weiter, raus aus dem Licht, rein in die Finsternis. Nach rund dreißig Sekunden verlosch der Scheinwerfer hinter mir. Dafür näherten sich kurz darauf zwei neue von vorn. Eng zusammenstehend, begleitet von einem Knurren. Dem Knurren eines Einzylinders. Er kam direkt auf mich zu, blendete mich mit seinem auf- und abwackelnden Fernlicht. Ein Quad. Ich rief nach Struppi, trat zur Seite, um das Vehikel vorbeizulassen, doch es stoppte, noch bevor es mich erreichte. Ich beschattete die Augen und sah eine große, breite Männergestalt absteigen. Mit selbst im Gegenlicht zu erkennenden Schulterklappen, also irgendeiner Form von Uniform. Gereizt erwartete ich einen Vortrag über Leinenpflicht oder sonst einen Scheiß, und nahm mir vor, trotzdem die Nerven zu behalten. Der Unifomierte schaltete Motor und Beleuchtung des Quads aus, trat auf mich zu, und mein Vorhaben, die Nerven zu behalten, geriet ins Wanken wie Neujahrsvorsätze nach dem fünften Glas Silvesterbowle.
    Es war Claude Berck. Er schon wieder. „Guten Abend“, begrüßte er mich förmlich, ganz so, als ob wir uns das erste Mal begegneten. „Sicherheitsdienst. Darf ich Sie fragen, was Sie hier um diese Uhrzeit machen?“
    Sicherheitsdienst? Ich beugte mich ein bisschen vor und las den Schriftzug Luxecure auf der blauen Uniformbrust.
    „Was ist, Berck, nicht ausgelastet mit dem Job als Bulle?“
    „Sie haben sich am Zaun zu diesem Privatgrundstück zu schaffen gemacht und damit einen Alarm ausgelöst. Ich muss Sie bitten, sich schleunigst von hier zu entfernen.“
    Demonstrativ sah ich mich um. Mal abgesehen von der Reiffschen Grundstücksmauer umgab uns nur freie Landschaft. Freie, winterliche Landschaft. Die Erinnerung an meinen Fußmarsch loderte in mir auf wie die Flamme in einem Asphaltkocher. Bis es oben

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