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Roulette der Liebe

Titel: Roulette der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lowell
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müssen.
    »Was jetzt?« fragte Eve.
    »Jetzt werden wir die Wiese noch einmal abschreiten. Nur benutzen wir diesmal die spanischen Wünschelruten.«
    Wolken bildeten sich am Himmel und ballten sich zu schäumenden Ungetümen zusammen, die die Nachmittagssonne mit einem Goldschimmer überzog. Blitze zuckten über die Flanken eines entfernten Berggipfels, während Regen in matten Schleiern niederging. Über allem, selbst über der Gewitterfront, spannte sich ein kobaltblauer Himmel. In der Sonne war es so warm, daß man ins Schwitzen kam. Im Schatten war es sehr kühl.
    Reno und Eve waren dankbar für den Schatten. Sie waren bereits einmal um das Tal herumgegangen. Ohne Erfolg. Vorwärtszugehen und dabei die Wünschelruten so zu halten, daß sie sich berührten, hatte sich als anstrengende Arbeit erwiesen. Es war aber auch seltsam belebend gewesen, obwohl sie nichts gefunden hatten. Die unbestimmbaren, geisterhaften Ströme ließen Eve und Reno ihre gegenseitige Nähe und die sinnliche Pracht des Hochgebirgstages bewußt werden.
    »Versuchen wir’s noch einmal«, schlug Eve vor.
    Reno sah sie an, seufzte und gab schließlich nach.
    »In Ordnung, noch einmal, Süße. Und danach werde ich ausprobieren, ob ich ein paar Forellen zum Abendessen fangen kann. Dann wäre der ganze verdammte Tag nicht völlig vergeudet.«
    Ihre gefesselten Pferde grasten am Rande der Wiese, achteten ständig auf Gefahren, selbst beim Fressen. Als Eve und Reno aus dem filigranen Schatten einer kleinen Gruppe Espen traten, warf die Graubraune den Kopf zurück, um Witterung aufzunehmen. Doch sie erkannte die vertrauten Gerüche von Eve und Reno augenblicklich und fuhr fort, Gras zu rupfen.
    »Fertig?« fragte Eve.
    Reno nickte.
    Sie bewegten leicht ihre Hände. Die Metallspitzen trafen sich, und wieder flossen gespenstische Ströme.
    Egal, wie oft es passierte — das sanft vibrierende, prickelnde Gefühl ließ Eve jedesmal wieder die Luft anhalten. Auch Reno stockte für einen Moment der Atem, als die Welt sich plötzlich auf unaufdringliche Weise verschob und eine Verschmelzung des Ichs mit anderen Wesen möglich schien.
    »Bei drei«, sagte er leise. »Eins... zwei... drei.«
    Langsam, mit sorgfältig aufeinander abgestimmten Schritten, bewegten Reno und Eve sich am Rande des schmalen Tales entlang. Vor Stunden hatten sie hier von dieser Stelle aus mit den Wünschelruten zu arbeiten begonnen.
    Erst im Rückblick schien es, als hätte sich dieser Teil des Tals von anderen unterschieden. Hier hatten die Ruten schwach gesummt. Hier hatten sie ausgeschlagen und gezittert und sich aneinander gestoßen.
    Reno und Eve hatten geglaubt, ihre mangelnde Geschicklichkeit sei der Grund, weshalb die Nadeln so zuckten. Jetzt fragten sie sich, ob es vielleicht das Vorhandensein von verborgenen Schätzen war, das die schlanken Wünschelruten zum Leben erweckte.
    Rechts von Eve öffnete sich eine schmale Schlucht, verstopft mit Geröll von einem lange zurückliegenden Bergrutsch. Links von Reno lag das Tal. Vor ihnen und dann um eine Felsnase herum war die Nische, in der ein Indianersklave seine tenate zum letzten Mal abgelegt hatte.
    Schweigend und konzentriert arbeiteten Eve und Reno sich am Rand des Tals entlang. Nur ganz selten trennten sich die Ruten, trotz des felsigen, unebenen Geländes und der Umwege um Bäume und auf dem Boden liegende Stämme. Bei jedem Schritt vibrierten die Metallstäbe fast sichtbar.
    »Hör auf, nach rechts zu ziehen«, sagte Reno.
    »Hör auf zu schieben«, gab Eve zurück.
    »Ich schiebe ja gar nicht.«
    »Ich ziehe auch nicht.«
    Wie auf Kommando blieben sie stehen und starrten auf die Ruten. Eves Wünschelrute zeigte fast geradeaus, statt waagerecht in ihrer Hand zu liegen. Renos stand im rechten Winkel dazu, als wollte sie die andere anstoßen - oder würde von einer unsichtbaren Macht gezogen.
    Langsam drehte Eve sich nach rechts. Reno folgte. Er paßte seine Bewegungen an ihre an, als hätte er sein Leben lang nichts anderes getan, als ihren Atem, ihr Blut, jeden einzelnen ihrer Herzschläge zu teilen.
    Als die Nadeln abermals geradeaus zeigten, standen Eve und Reno vor dem Geröll des alten Erdrutsches. Vorsichtig, Schritt für Schritt, tasteten sie sich an dem unregelmäßigen Rand der Lawine entlang. Die
    Nadeln drehten sich langsam, als wären sie an einem Punkt weiter oben inmitten des Geröllhaufens befestigt.
    »Da hoch«, sagte Reno heiser.
    Gemeinsam kletterten sie den Abhang hinauf, bewegten sich im Gleichklang

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