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Roulette der Liebe

Titel: Roulette der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lowell
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begann sie.
    »Brandschneisen wachsen zu«, unterbrach Reno sie. »Kleine Bäume wachsen sich zu Riesen aus. Riesen sterben und werden vom Wind gefällt. Blitze lösen neue Brände aus. Wurzeln gefällter Bäume werden von Unkraut überwuchert. Erdrutsche und Lawinen verändern die Form der Berge.«
    »Aber...«
    »Sieh da hin!« Reno deutete nach oben.
    Eve blickte hinauf und sah eine blasse Narbe am Berghang, wo Fels und dünnes Erdreich sich gelöst hatten und in eine Schlucht hinabgerutscht waren und damit alles unter sich begraben hatten, was vielleicht früher einmal als Zeichen von Bedeutung gewesen war.
    »Das kann vor zwanzig Jahren passiert sein oder auch schon vor zweihundertzwanzig Jahren«, fügte Reno hinzu. »Da keine Eiben oder Espen in der Narbe wachsen, läßt sich das schwer abschätzen. Feuerwinden und Weiden oder Erlen können in wenigen Jahren dort Fuß fassen und mit jedem Jahr ein ganzes Stück in die Höhe schießen. Pflanzen sind als Zeichen verdammt wenig nütze.«
    »Wie sollen wir dann die Mine finden?« fragte Eve bestürzt.
    »Auf die gleiche Weise, wie du den arrastra gefunden hast. Achte auf irgend etwas, das nicht ins Gesamtbild paßt, und such so lange danach, bis es dir förmlich ins Gesicht springt.«
    Den Rest des Tages und den ganzen nächsten Tag suchten Eve und Reno das Tal wie geduldige Spürhunde ab, schritten kreuz und quer über das Gebiet rund um den zugewachsenen arrastra. Sie fanden ein Rechteck, dessen Begrenzungen einmal Baumstämme gewesen waren, und von dem jetzt kaum mehr übrig war als schmale Mulden, in denen verschiedene Pflanzenarten wuchsen. Sie fanden Lederfetzen, die so lange der kalten, trockenen Bergluft ausgesetzt gewesen waren, daß sie fast versteinert waren.
    Von der Mine selbst entdeckten sie keine Spur.
    Eve kletterte einen Abhang hinauf und entdeckte eine flache Nische unter einem Felsvorsprung, die Schutz bot vor allem, außer vor den allerschlimmsten Stürmen. Mit von stundenlangem aufmerksamen Suchen geschärftem Blick bemerkte sie, daß die Stücke von zerfaultem Holz, die aus der Nische herausragten, zu regelmäßig angeordnet waren, um zufällig zu sein. Hier war einmal ein Wetterschutz oder Unterstand gewesen.
    ln einem Winkel der Nische fand Eve einen Geröllhaufen und einen zerknitterten Sack aus geflochtenen Lederstreifen, daneben die zu Holzkohle gewordenen Überreste eines uralten Feuers. Hastig trat Eve an den Rand des Felsvorsprungs und rief quer über die Wiese:
    »Reno! Ich habe Spuren von Menschen hier oben entdeckt!«
    Wenige Minuten später eilte Reno schnell und mit sicherem Schritt wie eine Katze den Abhang hinauf. Er musterte die Nische mit einem aufmerksamen Blick, dem nichts entging.
    Streifen verschieden getönter Felsen bildeten blasse Muster auf Wänden, Decke und Boden. Reno strich mit den Fingerspitzen an der Decke entlang, ertastete die Spuren, die Menschen mit Pickeln und Hämmern hinterlassen hatten, um die natürliche Einbuchtung zu verbreitern und höher zu machen.
    Der Unterstand hätte ein Minenkopf, ein Wohnraum oder ein Lagerraum gewesen sein können. Neben den Überresten des Feuers lagen Scherben von derben Tongefäßen und eine verfaulte hölzerne Form, die an einen Löffel erinnerte. Das wies auf ein Kochfeuer hin, was wiederum darauf schließen ließ, daß Menschen die Nische zum Wohnen benutzt hatten.
    Reno drehte sich zu dem Ledersack um, ging in die Hocke und befühlte das steife Gewebe. Kleine Stücke weißen Gesteins hingen zwischen den Lederstreifen. Stirnrunzelnd betrachtete er das Gestein der Nische. Hier gab es keinerlei weiße Stellen.
    »Ist dies der Minenkopf?« fragte Eve, als sie die Spannung nicht länger ertragen konnte.
    »Schon möglich, aber es sieht mehr nach einer Sklavenunterkunft aus.«
    »Oh...«
    »Siehst du diesen langen Riemen an der tenate ?«
    »Tenate ? Was ist das?«
    »Ein Sack oder Korb zum Transportieren von Erz. Siehst du den dicken Riemen? Den gepolsterten Teil trugen die Sklaven um die Stirn. Der Rest des Riemens verlief über ihre Schultern bis zu dem Sack auf ihrem Rücken.«
    Eve runzelte die Stirn. »Eine merkwürdige Art, etwas zu tragen.«
    »Es funktioniert besser, als du glaubst«, erwiderte Reno. »Man beugt sich vor und verteilt das Gewicht der tenate auf Stirn und Rücken. Dadurch hat man die Hände frei zum Graben oder Klettern oder zum Balancieren auf der Hühnerleiter. Auf diese Weise kann man gut hundert Pfund den ganzen Tag mit sich herumschleppen.«
    Eve

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