Roulette der Liebe
Gottes.
Eve erschauerte bei dem Gedanken an die Ruinen, die sie oben im Tal erblickt hatte. Die Nachfahren der Menschen, die diese vielstöckigen Behausungen erbaut hatten, waren keine gefühllosen Kreaturen gewesen, die von anderen Menschen hätten ungestraft versklavt werden dürfen.
Aber sie waren versklavt worden, und kein Krieg war geführt worden, um sie zu befreien. Sie hatten gelebt, hatten brutalste Arbeit ertragen, waren jung gestorben und wie Abfall in unbezeichneten Gräbern verscharrt worden.
Eve fühlte eine innere Verbundenheit mit den vergessenen, namenlosen Toten. Mehr als einmal während der vergangenen Tage waren auch sie und Reno nahe daran gewesen, allein und unbemerkt zu sterben, ihre Gräber nicht mehr als ein beliebiges Fleckchen Erde, auf das sie nach ihrem letzten Atemzug gefallen wären. Die Lehre von der Sterblichkeit des Menschen war so alt wie der Auszug des Menschen aus dem Paradies. Das Leben war kurz. Der Tod währte ewig.
Eve wollte mehr vom Leben, als sie bisher erfahren hatte. Sie wünschte sich etwas, was sie nicht benennen konnte.
Doch auch ohne genau zu wissen, wonach sie sich so schmerzlich sehnte, spürte Eve, daß es sie in Renos Armen erwartete.
14. Kapitel
Als Reno zum Lager zurückkehrte, war Eve mit Mieder, langen Spitzenhosen und einem von Renos dunklen Hemden bekleidet. Sie lag auf seiner Bettrolle zusammengerollt und schlief. Vorsichtig nahm er das Tagebuch aus ihren entspannten Händen und legte es beiseite. Eve bewegte sich schläfrig und blickte mit Augen zu ihm auf, die Sonnenlicht und Dunkelheit reflektierten.
»Rutsch ein bißchen zur Seite, gata. Ich könnte auch einen Mittagsschlaf vertragen.«
Als Reno sich neben Eve ausstreckte, lächelte sie.
»Du riechst nach Flieder«, murmelte sie. »Ich mag den Duft.«
»Das solltest du auch. Es ist deine Seife.«
»Du hast dich rasiert«, meinte sie und berührte eine Stelle an seinem Hals, wo er sich verletzt hatte. »Ich hätte dich nicht geschnitten. Warum hast du mich nicht gefragt?«
»Ich bin es müde, Dinge von dir zu fordern«, erwiderte er schlicht.
Eve öffnete die Augen und schaute Reno an, hörte all die Worte, die er nicht aussprach.
»Ich rasiere dich gern. Es gefällt mir«, flüsterte sie.
»Was ist, wenn du mich küßt? Gefällt dir das auch?«
Renos grüne Augen brannten vor Leidenschaft, dennoch näherte er sich ihr nicht.
»Ja«, flüsterte sie. »Das mag ich auch.«
Langsam beugte Reno sich vor und legte seinen Mund auf Eves, ließ seine Zunge zwischen ihre Lippen gleiten. Die warme, begehrliche Frage, die in Renos Liebkosungen lag, ließ sie vor Lust erbeben. Lange, süße Sekunden lang lernte sie aufs neue den samtigen Rhythmus von Eindringen und Zurückziehen, erlebte aufs neue die Leidenschaft seines Kusses, fühlte aufs neue, wie Renos Glut Wogen der Verzückung in ihrem Körper auslöste.
Reno nahm Eves Gesicht in beide Hände, ließ die Wärme ihrer Haut in sich dringen, kostete hungrig ihre Hitze. Eves Geschmack, ihr zarter Duft, ihre weichen Lippen, die sich bereitwillig unter seiner Zärtlichkeit öffneten, ließen heiße Flammen über seine Haut züngeln.
»Gata«, flüsterte er. »Du verbrennst mich.«
In einem Schauer der Erregung antwortete sie nur mit einem gebrochenen Schrei, als seine Zähne zart über ihren Hals streiften.
Ihr Schrei war wie eine Rasierklinge, die die Fesseln von Renos Selbstbeherrschung zu durchschneiden drohte. Alles in ihm verzehrte sich danach, Eve die wenigen Kleidungsstücke abzustreifen und in die feuchte Weichheit zwischen ihren Schenkeln einzudringen, von der er wußte, daß sie nur auf ihn wartete.
Aber noch mehr als das wünschte er sich, Eve so weit zu bringen, daß sie ihn zumindest ebenso sehr begehrte wie er sie. Er wollte ihr lustvolles Stöhnen hören, wollte, daß sie sich leidenschaftlich an ihn klammerte, ihn anflehte, sie zu nehmen. Er wollte, daß sie ihre kalte Berechnung vergaß und sich ihm ohne Zweifel und Vorbehalte hingab, in einem Feuer, das ihn in brennende Lust stürzte.
Dann würde auch er Eve in ein leidenschaftliches Feuer mit sich hinabreißen, ein Zeichen auf ihr hinterlassen, das sie niemals vergessen würde. Ganz gleich, wie viele Männer sie vor ihm gekannt hatte - sie würde sich nie wieder einem anderen Mann hingeben, ohne daran zu denken, wie es gewesen war, Renos Geliebte zu sein.
Er fragte sich nicht, warum es ihm so wichtig war, daß Eve ihn niemals vergaß. Er akzeptierte es, so wie er die
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