Roulette der Liebe
Wort halte, daß ich seines Vertrauens würdig bin. Dann wird er mich nicht mehr nur aus Lust ansehen. Er wird sich mehr von mir wünschen als nur meinen Körper, bis wir die Mine gefunden haben.
So wird es doch sein, nicht wahr?
Es gab keine Antwort auf diese Frage, außer, sie bot sich selbst noch einmal als Wetteinsatz an. Ein Frösteln lief durch Eves Körper bei dem Gedanken an das Risiko, das sie damit einginge.
Was, wenn er alles nimmt, was ich zu geben habe, und mir nichts weiter dafür gibt als seinen eigenen Körper?
Das war die Gefahr, das Risiko und das mögliche Ergebnis. Ein Teil von Eve wußte es mit der kühlen Logik einer Waise, die gelernt hatte, alles zu überwinden, was das Leben ihr an Widrigkeiten bescherte.
Doch der andere Teil ihres Ichs hatte immer daran geglaubt, daß das Leben aus mehr bestand als aus bloßem Überleben. Ein Teil von ihr glaubte an ein Wunder wie das Lachen im Angesicht des Schmerzes, die Freude eines Babys, das zum erstenmal in seinem Leben glitzernde Regentropfen entdeckt, und die Liebe, die stark genug ist, um Mißtrauen zu überwinden.
Sie ist eine Kartenbetrügerin und eine Diebin, und sie hatte es darauf angelegt, daß ich den Tod fand.
Traurig und bedrückt beendete Eve ihr Bad, trocknete sich ab und zog ein Hemd an, das Reno ihr geliehen hatte. Dann ging sie langsam zum Lager zurück.
Renos Augen brannten vor Begehren, als er Eve anschaute.
»Ich habe die Seife für dich dort liegen lassen«, sagte Eve. »Und das Handtuch.«
Er nickte und ging an ihr vorbei. Sie schaute ihm nach, bis er in dem schmalen Felsspalt verschwunden war, bevor sie zu der Wäscheleine ging, die sie zwischen zwei Pinien aufgespannt hatte.
Eve drehte Don Lyons schwarze Twillhosen auf der Leine um. Das weiße Rüschenhemd war noch nicht ganz trocken. Sie schüttelte es und hängte es wieder über die- Leine. Sie wendete auch Renos dunkle Hosen, beneidete ihn um den Luxus, die Kleidung wechseln zu können. Da ihr Sackkleid zerrissen war, hatte sie nichts weiter als Don Lyons zweitbeste Spielerkleidung zum Anziehen, denn in seiner besten hatte sie ihn begraben.
Bleibt immer noch das rote Kleid.
Eve verzog das Gesicht bei dem Gedanken. Sie würde dieses Kleid niemals wieder in Renos Gegenwart tragen. Lieber würde sie nackt gehen.
Sie fragte sich, ob Reno jetzt unbekleidet war und in dem Regenbogenteich badete, so wie sie vor kurzem noch dort gebadet hatte. Der Gedanke irritierte sie.
Eves rastloser Blick fiel auf die Tagebücher, die neben Renos Bettrolle lagen. Sie griff nach den Büchern, hockte sich im Schneidersitz auf den Boden und zog das lange Männerhemd über ihren Knien zurecht. Jenseits der schmalen Schlucht, in der sich der Teich befand, stand die Sonne immer noch heiß und glühend am Nachmittagshimmel. In dem klaren, hellen Licht waren die Tagebücher leicht zu lesen.
Die knappe, nüchterne Ausdrucksweise von Calebs Vater sagte viel über die Jahrhunderte aus, in denen die Indianer unter spanischer Herrschaft gelitten hatten...
Knochen ragen aus dem Wüstensand heraus. Brustbein und Teile des Beckens. Sieht wie das Gerippe eines Kindes aus. Weiblich. Lederfetzen dicht daneben.
Bent Finger sagt, daß es die Knochen einer indianischen Sklavin sind. Nur Kinder paßten in die Hundelöcher, die die Spanier Minen nannten.
Spanische Zeichen auf Felsen. Kreuze und Initialen.
Bent Finger sagt, daß die versprengten Felsblöcke einmal eine vista waren, eine Art kleiner Missionsstation. Winzige Kupferglocke bei den Knochen des Kindes gefunden. Gegossen, nicht gehämmert.
Spanier nannten sie nicht Sklaven. Sklaverei galt als unmoralisch. Deshalb nannten sie sie Encomienda. Die Spanier lehrten die Wilden das Christentum. Dafür schuldeten sie ihnen Münzen oder Arbeit.
Krieg war ebenfalls unmoralisch. Also gab der König einen Erlaß heraus, der vorgelesen werden mußte, bevor die Kämpfe begannen. Er besagte, daß jeder, der Gottes Soldaten bekämpfte, damit eindeutig die Grenzen überschritt.
Dieser Erlaß lief letzten Endes darauf hinaus, daß jeder Indianer, der die Spanier bekämpfte, zum Sklaven erklärt und in die Minen geschickt wurde. Da die Spanier Kauderwelsch mit den Indianern sprachen, verstanden diese die Warnung nicht.
Nicht, daß es etwas ausmachte. Die Indianer hätten so oder so gekämpft.
Spanische Priester betrieben die Minen. Sklavenarbeit. Männer überlebten ungefähr zwei Jahre. Frauen und Kinder wesentlich kürzer.
Die Hölle auf Erden im Namen
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