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Rousseau's Bekenntnisse

Rousseau's Bekenntnisse

Titel: Rousseau's Bekenntnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Jacques Rousseau
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demselben Zimmer schliefen, eine Gemeinsamkeit, die sich, sobald ein junger Mann von zwanzig Jahren und ein Mädchen von fünfundzwanzig mit einander reisen, selten darauf beschränkt.
    Dennoch geschah es diesmal. Meine Einfalt war der Art, daß mir während der ganzen Reise, obgleich die Merceret nicht unschön war, ich sage nicht die geringste galante Versuchung, sondern nicht einmal der entfernteste Gedanke daran kam; und wäre dieser Gedanke je in mir aufgestiegen, so wäre ich zu dumm gewesen, ihn zu verwerthen. Ich konnte mir keinen Begriff davon machen, wie ein Mädchen und ein Bursch dazu kommen könnten, zusammenzuschlafen; ich wähnte, dieses schreckliche Übereinkommen verlangte Jahrhundert lange Vorbereitungen. Wenn die arme Merceret darauf rechnete, daß ich sie dafür, daß sie mich frei hielt, schadlos halten würde, so täuschte sie sich sehr, und wir kamen in Freiburg eben so unschuldig an, als wir Annecy verlassen hatten.
    Als wir durch Genf kamen, besuchte ich niemanden, aber auf der Brücke wäre ich beinahe krank geworden. Nie habe ich die Mauern dieser glücklichen Stadt sehen, nie sie betreten können, ohne von einer gewissen krankhaften Schwäche befallen zu werden, die in einer übergroßen Rührung ihren Grund hatte. Während das erhabene Bild der Freiheit meine Seele erhob, rührte mich der Anblick der Gleichheit, der Einigkeit, der Sittenreinheit bis zu Thränen und erfüllte mich mit tiefer Trauer, alle diese Güter verloren zu haben. In welchem Irrthume befand ich mich, und doch, wie natürlich war er nicht! Weil ich dies alles in meiner Seele trug, glaubte ich es auch in meinem Vaterlande zu sehen.
    Auch durch Nyon führte uns der Weg. Es durchwandern, ohne meinen guten Vater zu sehen! Würde es mir an Muth dazu gefehlt haben, hätte ich mich zu Tode gegrämt. Ich ließ die Merceret im Gasthause und suchte ihn auf alle Gefahr hin auf. Ach, wie Unrecht hatte ich, mich vor ihm zu fürchten! Bei meinem Anblick öffnete sich sein Herz den väterlichen Gefühlen, die verschlossen in ihm ruhten. Wie viele Thränen flössen, als wir uns umarmten! Zuerst glaubte er, daß ich zu ihm zurückkehrte. Ich erzählte ihm, was ich erlebt und jetzt beschlossen hatte. Er machte wenig Einwendungen dagegen. Er zeigte mir die Gefahren, denen ich mich aussetzte, und meinte, die kürzesten Thorheiten wären die besten. Uebrigens gab er nicht einmal die Versuchung zu erkennen, mich mit Gewalt zurückzuhalten, und darin hatte er meines Erachtens Recht. Aber sicherlich that er, um mich zur Rückkehr zu veranlassen, nicht alles, was er hätte thun können; sei es, daß ich nach seiner Ansicht den einmal gethanen Schritt doch nicht zurückthun durfte, oder vielleicht auch aus Verlegenheit, was er in meinem Alter mit mir anfangen sollte. Später habe ich erfahren, daß er von meiner Reisegefährtin eine sehr unrichtige und weit von der Wahrheit entfernte, sonst aber sehr natürliche Meinung hatte. Meine Stiefmutter, eine gut und etwas süßliche Frau stellte sich, als ob sie mich zum Abendessen zurückhalten wollte. Ich blieb nicht, doch theilte ich ihnen meine Absicht mit, mich auf dem Heimwege länger bei ihnen zu verweilen, und gab ihnen mein kleines Packet, welches ich mit dem Schiffe hatte nachkommen lassen und das mir lästig war, in Verwahrung. Früh am folgenden Morgen machte ich mich wieder auf den Weg, voller Freude, meinen Vater gesehen und das Herz gehabt zu haben, meine Pflicht zu thun.
    Wir langten glücklich in Freiburg an. Gegen das Ende der Reise erzeigte mir Fräulein Merceret bereits weniger Freundlichkeiten; nach unserer Ankunft trug sie nur noch Kälte gegen mich zur Schau, und ihr Vater, der nicht in Ueberfluß schwamm, bereitete mir ebenfalls keine allzu gastliche Aufnahme; ich suchte deshalb in der Herberge ein Unterkommen. Am nächsten Tage besuchte ich sie und nahm das mir angebotene Mittagsessen an. Keine Thränen flossen bei unserer Trennung, am Abend kehrte ich in mein Kosthaus zurück und trat am zweiten Tage nach meiner Ankunft die Rückreise wieder an, ohne mir darüber völlig klar zu sein, wohin ich denn gehen wollte.
    Es war wieder einmal eine Gelegenheit in meinem Leben gewesen, wo mir die Vorsehung gerade das angeboten, was ich nöthig hatte, um mein Leben in glücklicher Ruhe hinzubringen. Die Merceret war ein sehr gutes, durchaus nicht glänzendes und schönes, aber auch keineswegs häßliches Mädchen, wenig lebhaft und von einigen kleinen Launen abgesehen, die nie mit

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