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Rousseau's Bekenntnisse

Rousseau's Bekenntnisse

Titel: Rousseau's Bekenntnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Jacques Rousseau
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Ich sende ein kleines Fäßchen Salz, einen Vorhang für Frau Le Vasseurs Zimmer und einen meiner ganz neuen Unterröcke von feinem Flanell, den ich wenigstens noch nicht getragen habe und der ganz geeignet ist, daraus entweder einen für Theresens Mutter oder eine gute Unterjacke für Sie selbst zu machen. Leben Sie wohl, König der Bären, lassen Sie etwas von sich hören.«

Dieses Billet verdient unstreitig nicht das ganze ihm von Rousseau gespendete Lob; aber abgesehen davon, daß er hier nur aus dem Gedächtnisse redet, so beweist schon dieses Lob selbst, daß, sobald er bei seinen Freunden wahrhaft liebenswürdige Absichten voraussetzen konnte, ihre Wohlthaten wie ihre Briefe in seinen Augen, die dieser glücklichen Stimmung entsprechenden Farben annahmen.]
    Obgleich mir meine Harnverhaltung in dem damaligen Winter wenig Ruhe ließ, und ich während eines Theiles desselben zur Anlegung von Sonden gezwungen wurde, so war es doch alles in allem genommen die Zeit, die ich seit meinem Aufenthalte in Frankreich am angenehmsten und ruhigsten zugebracht habe. Während der vier oder fünf Monate, in denen mich die schlechte Witterung so ziemlich gegen Besucher schützte, genoß ich in höherem Grade als je vorher oder nachher dieses unabhängige, gleichmäßige und einfache Leben, dessen Behaglichkeit es mir stets lieber machte, ohne andere Gesellschaft als den wirklichen Verkehr mit Theresen und ihrer Mutter und den eingebildeten mit den beiden Cousinen. Damals vor allem beglückwünschte ich mich täglich mehr über den Entschluß, den ich so klug gewesen war ohne Rücksicht auf das Geschrei meiner Freunde zu fassen, die Aergernis daran nahmen, mich von ihrer Tyrannei befreit zu sehen; und als ich jenes Attentat eines Wahnsinnigen [Fußnote: Var.: das fluchwürdige Attentat eines Wahnsinnigen. (Damiens Mordversuch gegen Ludwig XV. am 4. Januar 1757.)] erfuhr, als Deleyre und Frau von Epinay in ihren Briefen von der in Paris herrschenden Verwirrung und Aufregung redeten, wie dankte ich da dem Himmel, mich von diesen Schauspielen des Gräuels und der Verbrechen fern gehalten zu haben, die der verbissenen Stimmung, in welche mich der Anblick der öffentlichen Unordnung versetzt, nur neue Nahrung gegeben hätten, während mein Herz sich hier, wo ich um mein einsam liegendes Daheim nur freundliche und gefällige Gegenstände sah, sich keinen andern als lieblichen Gefühlen überließ. Mit wahrem Wohlbehagen zeichne ich hier den Verlauf der letzten friedlichen Augenblicke auf, die mir zu Theil geworden sind. Der auf diesen so ruhigen Frühling folgende Winter sah den Keim der Leiden aufgehen, deren Schilderung mir jetzt noch übrig bleibt und in deren dicht zusammenhängender Kette man keinen ähnlichen Zwischenraum, der mir Muße zum Aufathmen gelassen hätte, wahrnehmen wird.
    Dennoch glaube ich mich zu entsinnen, daß mich während dieses Zwischenraums die Holbacher selbst in meiner größten Einsamkeit nicht völlig in Ruhe ließen. Diderot zog mir einige Verdrießlichkeiten zu, und ich müßte mich sehr irren, wenn nicht in diesem Winter der »Natürliche Sohn« erschien, von dem ich bald werde zu reden haben. Abgesehen davon, daß mir aus Gründen, die man später hören wird, wenig sichere Anhaltspunkte aus diesem Zeitraume geblieben sind, so haben auch die, welche man mir gelassen hat, hinsichtlich der Daten sehr geringen Anspruch auf Zuverlässigkeit. Diderot schrieb seine Briefe stets ohne Datumangabe. Frau von Epinay, Frau von Hondetot bemerkten auf den ihrigen gewöhnlich nur den Wochentag, und Deleyre machte es in der Regel wie sie. Bei dem Bemühen, diese Briefe zu ordnen, mußte ich nach blosen Muthmaßungen, auf die ich mich nicht verlassen kann, die Daten ergänzen. Da ich demnach den Anfang dieser Zwistigkeiten nicht mit Sicherheit anzugeben vermag, so will ich lieber alles, dessen ich mich noch entsinnen kann, später in einem besondern Abschnitte berichten.
    Die Wiederkehr des Lenzes hatte meine zärtliche Schwärmerei verdoppelt, und in meiner erotischen Leidenschaftlichkeit hatte ich für die letzten Abtheilungen der »Julie« mehrere Briefe verfaßt, welche die Begeisterung, in der ich sie schrieb, verrathen. Unter andern kann ich die über das Elysium und die Gondelfahrt auf dem See anführen, die, wenn ich mich recht erinnere, ihre Stelle am Ende der vierten Abtheilung gefunden haben. Wer sein Herz beim Lesen dieser beiden Briefe nicht von derselben Rührung, die sie mir eingab, ergriffen fühlt,

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