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Rousseau's Bekenntnisse

Rousseau's Bekenntnisse

Titel: Rousseau's Bekenntnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Jacques Rousseau
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suchte mich davon zu heilen. Es freute sie, ihrem Geliebten und sich selbst einen Freund zu erhalten, den sie schätzte; von nichts redete sie zu mir mit größerem Vergnügen als von dem innigen und freundschaftlichen Umgange, den wir unter uns dreien pflegen könnten, wenn ich vernünftig geworden wäre. Sie beschränkte sich nicht immer auf diese freundschaftlichen Ermahnungen, sondern ersparte mir, wenn es Noth that, auch nicht härtere Vorwürfe, die ich gar wohl verdient hatte.
    Ich selbst schenkte sie mir noch weniger; sobald ich allein war, kam ich wieder zu mir; nachdem ich geredet hatte, war ich ruhiger. Hat man der, welche uns die Liebe einflößt, sie bekannt, so läßt sie sich leichter ertragen. Der Nachdruck, mit dem ich mir die meinige vorwarf, hätte mich, wäre es überhaupt möglich gewesen, davon heilen müssen. Welche mächtige Beweggründe rief ich nicht zu Hilfe, um sie zu ersticken: meine sittlichen Grundsätze, meine Gefühle, die Scham, die Untreue, das Verbrechen, den Mißbrauch eines von der Freundschaft anvertrauten Schatzes, die Lächerlichkeit endlich, noch in meinem Alter in der heftigsten Leidenschaft für einen Gegenstand zu glühen, dessen bereits verschenktes Herz mir keine Gegenliebe verheißen noch Hoffnung lassen konnte; eine Leidenschaft noch dazu, die durch treue Ausdauer nichts gewann, sondern von Tage zu Tage weniger entschuldbar wurde.
    Wer sollte meinen, daß gerade diese letzte Betrachtung, die allen übrigen noch größeres Gewicht verleihen mußte, diejenige war, die sie werthlos machte? Weshalb, dachte ich, soll ich mir aus einer Thorheit, die mir allein nachtheilig ist, ein Gewissen machen? Bin ich denn ein junger Cavalier, den Frau von Houdetot sehr zu fürchten brauchte? Würden mich meine dünkelhaften Gewissensbisse nicht der Einbildung verdächtigen, meine Galanterie, mein Aeußeres, mein zierliches Auftreten wären im Stande, sie zu verführen? Ach, armer Jean-Jacques, liebe getrost in aller Gewissensruhe und besorge nicht, daß deine Seufzer Saint-Lambert Nachtheil bereiten.
    Man hat gesehen, daß ich nie, nicht einmal in meiner Jugend, unternehmend war. Diese Denkweise war die Folge meiner Geistesrichtung und war meiner Leidenschaft günstig; es war genug, mich ihr rückhaltlos zu überlassen und sogar über die alberne Bedenklichkeit zu lachen, die ich mir mehr aus Eitelkeit als aus vernünftigen Gründen gemacht zu haben glaubte. Welche gewaltige Lehre für die ehrlichen Seelen, die das Laster nie mit offenem Gesichte angreift, aber die es zu überrumpeln Mittel findet, indem es sich hinter irgend einem Sophisma und häufig auch unter irgend einer Tugend verbirgt!
    Strafbar ohne Gewissensbisse, war ich es bald ohne Maß, und man wolle freundlichst bemerken, wie meine Leidenschaft dem Zuge meiner Natur folgte, um mich schließlich in den Abgrund hinabzuziehen. Anfangs nahm sie, um mir den Muth einzuflößen, eine demüthige Miene an, und trieb dann, um mich dreist zu machen, diese Demuth bis zum Mißtrauen. Ohne aufzuhören, mich an meine Pflicht zu erinnern und zur Vernunft zu mahnen, ohne je auch nur einen Augenblick meiner Thorheit zu schmeicheln, behandelte mich Frau von Houdetot im Uebrigen mit der größten Milde und nahm mir gegenüber den Ton der zärtlichsten Freundschaft an. Diese Freundschaft hätte mich, ich betheure es, befriedigt, wenn ich sie für aufrichtig gehalten hätte; allein da ich sie zu lebhaft fand, um wahr zu sein, so stieg der Wahn in mir auf, daß mich die Liebe, die sich für mein Alter und Aeußeres so wenig schickte, in Frau von Houdetots Augen erniedrigt hätte, daß sich die ausgelassene junge Frau nur über mich und meine greisenhaften Zärtlichkeiten lustig machen wollte, daß sie Saint-Lambert alles mitgetheilt und ihr Geliebter, über meine Treulosigkeit empört, auf ihre Pläne eingegangen wäre, so daß sie nun im gegenseitigen Einverständnisse mir den Kopf vollends zu verdrehen und mich zu verspotten suchten. Diese Dummheit, die mich im Alter von sechsundzwanzig Jahren bei Frau von Larnage, die ich nicht kannte, Albernheiten begehen ließ, würde mir mit fünfundvierzig Jahren bei Frau von Houdetot haben verziehen werden können, wenn ich nicht gewußt hätte, daß sie und ihr Geliebter beide zu ehrliche Leute waren, um sich ein so rohes Vergnügen zu machen.
    Frau von Houdetot fuhr fort, mir Besuche abzustatten, die ich nicht zu erwidern zögerte. Sie ging eben so gern wie ich; wir machten in einer bezaubernden Gegend

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