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Rousseau's Bekenntnisse

Rousseau's Bekenntnisse

Titel: Rousseau's Bekenntnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Jacques Rousseau
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ihr überhäuften, noch weit stärker als die rührten, welche sie mir persönlich erzeigten.
    So blieb es ziemlich lange; endlich aber trieb die Frau Marschall die Güte so weit, daß sie eines meiner Kinder aus dem Findelhause nehmen wollte. Sie wußte, daß ich in die Windeln des ältesten ein Namenszeichen hatte legen lassen; sie ersuchte mich um das Duplicat desselben, und ich gab es ihr. Zu der nöthigen Nachforschung bediente sie sich eines gewissen La Roche, der ihr Kammerdiener und Vertrauensmann war. Seine Bemühungen waren jedoch fruchtlos, und er fand nichts, obgleich es erst zwölf oder vierzehn Jahre her waren. Hätte in den Registern des Findelhauses Ordnung geherrscht, oder wäre die Nachforschung mit Umsicht geführt worden, so hätte das Namenszeichen nicht unauffindbar sein dürfen. Wie dem auch sein möge, ich war über die Erfolglosigkeit der Nachsuchung jetzt weniger betrübt, als ich gewesen, wäre ich dem Kinde seit seiner Geburt mit eigenen Augen gefolgt. Hätte man mir mit Hilfe des Nachweises ein Kind als das meinige vorgestellt, so würde mir der Zweifel, ob es dasselbe auch wirklich wäre, ob man ihm nicht ein anderes untergeschoben hätte, durch die Ungewißheit das Herz bedrückt und ich mich des wahren Gefühles der Natur nicht in seinen: ganzen Reize erfreut haben. Zur Erhaltung dieses Gefühles muß es wenigstens während der Kindheit durch die Gewohnheit unterstützt werden. Die lange Entfernung eines Kindes, das man nicht kennt, schwächt noch die väterlichen und mütterlichen Gefühle und ertödtet sie endlich, und nie wird man das, welches man einer Amme übergeben, so lieben, wie das, welches man unter seinen eigenen Augen groß gezogen hat. Die Bemerkung, die ich hier mache, kann mein Unrecht zwar in seinen Wirkungen abschwächen, aber läßt es in seinem Ursprünge noch schwerer erscheinen. [Fußnote: Das Bekenntnis, welches er über seine Fehler der Frau von Luxembourg abgelegt hat, und die Nachforschungen, die in Folge dessen angestellt sind, bilden den Inhalt des rührenden Briefes, welchen er den 12. Juni 1761 an sie geschrieben hat, sowie der darauf folgenden vom 20. Juli und 10. August.]
    Es ist vielleicht nicht unnütz zu bemerken, daß dieser nämliche La Roche durch Theresens Vermittelung mit Frau Le Vasseur Bekanntschaft machte, die Grimm nach wie vor zu Deuil unmittelbar vor dem Thore der Chevrette und dicht bei Montmorency hielt. Nach meiner Abreise fuhr ich fort, dieser Frau durch Herrn La Roche das Geld, das ich ihr nie zu senden aufgehört habe, einhändigen zu lassen, und ich glaube, daß er ihr auch häufig Geschenke von Seiten der Frau Marschall brachte; so war sie sicherlich nicht zu beklagen, obgleich sie stets klagte. Ueber Grimm sprach ich, da ich von Leuten, die ich hassen muß. nicht zu reden liebe, mit Frau von Luxembourg nur wider meinen Willen; aber sie brachte mich mehrmals auf dieses Kapitel, ohne mir zu sagen, was sie darüber dachte, und ohne mich je merken zu lassen, ob sie mit diesem Manne bekannt war oder nicht. Da Zurückhaltung gegen Leute, die man liebt, und die gegen uns eben so offen sind, nicht nach meinem Geschmacke ist, namentlich in dem, was sie selbst angeht, so habe ich über die ihrige in diesem Punkte seitdem bisweilen nachgedacht, aber freilich erst, als andere Ereignisse dieses Nachdenken natürlich machten.
    Nachdem ich von dem Emil, seitdem ich ihn der Frau von Luxembourg übergeben, lange nichts vernommen hatte, hörte ich endlich, daß der Kaufvertrag darüber zu Paris mit dem Buchhändler Duchesne und durch ihn mit dem Amsterdamer Buchhändler Réaulme abgeschlossen war. Frau von Luxembourg sandte mir die beiden Abschriften meines Vertrages mit Duchesne zur Unterzeichnung. Ich erkannte, daß die Schrift von derselben Hand herrührte, von der diejenigen Briefe des Herrn von Malesherbes waren, die er nicht eigenhändig schrieb. Diese Gewißheit, daß mein Vertrag mit der Zustimmung und unter den Augen der Behörde zu Stande gekommen war, ließ mich ihn mit Vertrauen unterzeichnen. Duchesne bezahlte mir für dieses Manuscript sechstausend Franken, die Hälfte baar, und, ich glaube, hundert oder zweihundert Exemplare. Nach Unterzeichnung der beiden Abschriften sandte ich sie alle beide der Frau von Luxembourg zurück, die es so gewünscht hatte; sie gab Duchesne die eine und behielt die andre anstatt sie mir zurückzuschicken, und ich habe sie nie wieder gesehen.
    Obgleich mein Vorhaben, mich zurückzuziehen, durch du

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