Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rousseau's Bekenntnisse

Rousseau's Bekenntnisse

Titel: Rousseau's Bekenntnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Jacques Rousseau
Vom Netzwerk:
meines verspäteten Versuches mich als Hofmann zu zeigen, lernte ich mich vor aller Fuchsschwänzerei hüten invita Minerva .
    Mein Talent bestand darin, den Menschen nützliche, aber harte Wahrheiten in ziemlich entschiedener und kräftiger Weise zu sagen; daran mußte ich mich halten. Ich war nicht geboren, ich will nicht sagen zum Schmeicheln, sondern auch nicht einmal zum Loben. Die Unbeholfenheit der Lobsprüche, die ich habe aussprechen wollen, hat mir mehr Nachtheil bereitet, als die Strenge meines Tadels. Ich habe hier davon ein Beispiel anzuführen, welches so furchtbar ist, daß seine Folgen nicht allein mein Schicksal für meine ganze übrige Lebenszeit bestimmt haben, sondern vielleicht auch über meinen Ruf bei der ganzen Nachwelt entscheiden werden.
    Während des Sommeraufenthalts zu Montmorency speiste bisweilen der Herr von Choiseul auf dem Schlosse zu Abend. Einst kam er gerade daselbst an, als ich eben fortging. Man sprach von mir. Herr von Luxembourg erzählte ihm meine Geschichte mit Herrn von Montaigu in Venedig. Herr von Choiseul bedauerte, daß ich diese Laufbahn aufgegeben hätte, und erklärte, wenn ich wieder in sie eintreten wollte, so verlangte er nichts besseres, als mich zu beschäftigen. Herr von Luxembourg sagte es mir wieder. Ich war dafür um so dankbarer, je weniger mich die Minister bisher verwöhnt hatten, und es ist noch nicht sicher, daß ich mich trotz meiner Entschlüsse hätte abhalten lassen, von neuem diese Thorheit zu begehen, wenn mir meine Gesundheit nur daran zu denken gestattet hätte. Der Ehrgeiz bemächtigte sich meiner immer nur in kurzen Zwischenräumen, wo mich jede andere Leidenschaft frei ließ; aber einer dieser Zwischenräume hätte genügt, mich in die alte Laufbahn zurückzuführen. Da mich diese gute Absicht des Herrn von Choiseul mit Zuneigung zu ihm erfüllte, so wuchs noch die Achtung, die ich nach einigen Handlungen seines Ministeriums für seine Talente gefaßt hatte, und namentlich der Familienvertrag schien mir einen Staatsmann ersten Ranges anzukündigen. In meinem Geiste gewann er noch durch den geringen Werth, den ich seinen Vorgängern beilegte, ohne Frau von Pompadour auszunehmen, die ich als eine Art ersten Minister betrachtete, und als das Gerücht umlief, daß entweder sie ihn oder er sie verdrängen würde, glaubte ich für den Ruhm Frankreichs zu beten, wenn ich Herrn von Choiseuls Triumph erflehte. Ich hatte zu jeder Zeit gegen Frau von Pompadour Antipathie gefühlt, selbst als sie noch vor dem Aufgange ihres Glücks Frau von Etioles hieß. Als solche hatte ich sie bei Frau von Poplinière gesehen. Seitdem war ich über ihr Schweigen hinsichtlich Diderots wie über ihr Verhalten gegen mich unzufrieden gewesen, sowohl bezüglich der »Fêtes de Ramire« und der »Galanten Musen« als auch bezüglich des »Dorfwahrsagers«, der mir in keinerlei Hinsicht seinem Erfolge entsprechende Vortheile gebracht hatte. Bei jeder Gelegenheit hatte ich sie stets sehr wenig geneigt gefunden, mir einen Dienst zu erweisen, was den Chevalier von Lorenzi nicht von der Aufforderung zurückhielt, ich sollte etwas zum Lobe dieser Dame schreiben, wobei er einfließen ließ, dies könnte mir nützlich sein. Diese Aufforderung entrüstete mich um so mehr, da ich recht gut einsah, daß er sie nicht aus eigenem Antriebe an mich stellte; ist es mir doch bekannt, daß dieser an sich nichtige Mensch nur auf Fremder Antrieb denkt und handelt. Ich verstehe mich zu wenig zu beherrschen, als daß ich ihm meine Verachtung für seinen Vorschlag oder irgend jemandem meine geringe Neigung für die Favoritin hätte verbergen können. Sie kannte sie, davon war ich überzeugt und in Folge alles dessen vereinigte sich in meinen Wünschen für Herrn von Choiseul mein eigenes Interesse mit meiner natürlichen Neigung. Voll Achtung für seine Talente, die alles waren, was ich von ihm kannte, voll Dankbarkeit für seinen guten Willen, und sonst in meiner Zurückgezogenheit mit seinen Neigungen und seiner Lebensweise völlig unbekannt, betrachtete ich ihn von Anfang an als des Volkes und meinen eigenen Rächer. Da ich damals gerade die letzte Hand an den » Contrat social « legte, bekannte ich darin an einer einzigen Stelle, was ich von den vorhergehenden Ministern und von dem dachte, der sie zu verdunkeln begann. Ich fehlte bei dieser Gelegenheit gegen meinen festesten Grundsatz und noch mehr, ich dachte nicht daran, daß, wenn man in dem nämlichen Artikel Leute ohne Nennung des

Weitere Kostenlose Bücher