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Rousseau's Bekenntnisse

Rousseau's Bekenntnisse

Titel: Rousseau's Bekenntnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Jacques Rousseau
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den Dienst des Königs von Preußen zu treten wünschte, stellt sich ihm vor. Anstatt eines Briefes giebt ihm Mylord ein Säckchen voll Erbsen mit dem Auftrage, es dem Könige zu überbringen. Nach Entgegennahme dieser sonderbaren Empfehlung giebt ihm der König sofort eine Anstellung. Diese erhabenen Genies haben untereinander eine Sprache, die gewöhnliche Geister nie verstehen werden. Diese kleinen Seltsamkeiten, die den Launen einer hübschen Frau ähneln, machten mir den Lord Marschall nur noch interessanter. Ich war fest überzeugt und habe es in der Folge zur Genüge erfahren, daß sie auf seine Gesinnungen und auf die Pflichten, die ihm die Freundschaft bei ernsten Gelegenheiten vorschrieb, keinen Einfluß ausübten. Wahr ist jedoch, daß er in seine Art zu verpflichten, dieselbe Sonderbarkeit wie in sein Benehmen legte. Ich will zum Beweise nur eine einzige Anekdote anführen, bei der es sich um eine Kleinigkeit handelte. Da mir die Reise von Motiers nach Colombier für einen Tag zu lang war, theilte ich sie gewöhnlich, indem ich nach dem Mittagsessen aufbrach und auf dem halben Wege in Brot übernachtete. Als der Wirth, Namens Sandoz, in Berlin um eine Gnade eingekommen, die für ihn von äußerster Wichtigkeit war, bat er mich, ihm die Fürsprache Seiner Excellenz zu verschaffen. Gern. Ich nehme ihn mit mir; ich lasse ihn im Vorzimmer und spreche über seine Angelegenheit mit Mylord, der mir nichts antwortet. Der Vormittag vergeht; als ich, um mich nach dem Eßzimmer zu begeben, das Vorzimmer durchschreite, sehe ich den armen Sandoz, der immer noch wartet. In der Meinung, Mylord hätte seiner vergessen, fange ich, ehe wir uns zu Tische setzen, noch einmal davon an; wieder kein Wort wie vorher. Ich fand diese Art, mir verständlich zu machen, daß ich ihm lästig fiele, ein wenig rücksichtslos und schwieg, indem ich den armen Sandoz im Stillen beklagte. Auf dem Rückwege am andern Tage war ich über die Danksagungen äußerst überrascht, die er mir wegen der guten Aufnahme und des guten Mittagsessens abstattete, welche er bei Seiner Excellenz erhalten hatte. Selbst seine Papiere hatte derselbe an sich genommen. Drei Wochen später sandte ihm Mylord das erbetene Rückschreiben, vom Minister ausgefertigt und vom König unterschrieben, und das geschah, ohne daß er mir oder dem Wirthe auch nur ein einziges Wort über eine Angelegenheit hatte sagen oder antworten wollen, mit der er, wie ich glaubte, nichts zu schaffen haben wollte.
    Ich möchte gar nicht aufhören von Georg Keith zu reden, sind doch an ihn meine letzten glücklichen Erinnerungen geknüpft; alle meine übrigen Lebenstage sind Trübsal und Herzenskummer gewesen. Das Andenken daran ist so traurig und steigt so wirr in mir auf, daß es mir unmöglich ist, Ordnung in meine Erzählungen zu bringen; von nun an bin ich gezwungen, die Ordnung dem Zufall zu überlassen, je nachdem meine Erlebnisse mir vor der Seele vorüberziehen.
    Es dauerte nicht lange, so wurde ich aus meiner Unruhe über mein Asyl durch die Antwort des Königs an Mylord Marschall gerissen, an dem ich, wie man denken kann, einen guten Fürsprecher gefunden hatte. Seine Majestät war nicht allein mit seiner Handlungsweise einverstanden, sondern beauftragte ihn auch, (denn ich muß alles sagen), mir zwölf Louisd'or auszuzahlen. Verlegen über einen solchen Auftrag und nicht wissend, wie er denselben in anständiger Form ausrichten sollte, bemühte sich der gute Mylord, das Beleidigende darin abzuschwächen, indem er dieses Geld als einen Zuschuß zu meinem Unterhalte erklärte und mir anzeigte, er hätte Befehl, mir Holz und Kohlen zu liefern, damit ich meine kleine Haushaltung beginnen könnte. Er fügte sogar und vielleicht aus eigenem Antriebe hinzu, der König würde mir gern ein Häuschen nach meinem Geschmacke bauen lassen, wenn ich mir eine Stelle dazu auswählen wollte. Dieses letzte Anerbieten rührte mich sehr und ließ mich die Kargheit des andern vergessen. Obgleich ich keines von beiden annahm, betrachtete ich Friedrich als meinen Wohlthäter und Beschützer und war ihm so aufrichtig zugethan, daß ich mich von da an eben so sehr für seinen Ruhm interessirte, als ich bisher in seinen Erfolgen Ungerechtigkeit erblickt hatte. Bei dem Frieden, den er kurz darauf schloß, legte ich meine Freude durch eine höchst geschmackvolle Illumination an den Tag; sie bestand in gewundenen Lampenreihen, mit denen ich das von mir bewohnte Haus schmückte, wobei ich allerdings den

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