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Rousseau's Bekenntnisse

Rousseau's Bekenntnisse

Titel: Rousseau's Bekenntnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Jacques Rousseau
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wurden, von ungemeiner Schwierigkeit, da ich oft in wenigen Versen und in sehr schnellen Uebergängen Symphonien und Chöre von sehr verschiedenen Tonarten mit einander verbinden mußte; denn damit mir Rameau nicht den Vorwurf machen könnte, seine Melodien verschlechtert zu haben, wollte ich keine ändern oder transponiren. Die Recitative gelangen mir. Sie waren durch den Ton gut hervorgehoben, voller Kraft und namentlich von vortrefflicher Modulation. Der Gedanke an die beiden großen Männer, denen man mich an die Seite zu stellen gewürdigt, hatte meine Geisteskraft gesteigert, und ich kann sagen, daß ich mich bei dieser undankbaren und ruhmlosen Arbeit, von der das Publikum nicht einmal etwas erfahren konnte, mit meinen Vorbildern fast immer auf gleicher Höhe hielt.
    In dieser meiner Bearbeitung gelangte das Stück in der großen Oper zur Probeaufführung. Von den drei Verfassern war ich allein zugegen. Voltaire weilte in der Ferne, und Rameau kam nicht oder hielt sich verborgen.
    Die Worte des ersten Monologes hatten etwas Trauerartiges; der Anfang lautete:
    »Komm, Tod, und ende meines Lebens bittre Leiden!«
    Die Musik hatte dem Inhalt natürlich angepaßt werden müssen. Trotzdem ergoß Frau De la Poplinière gerade darüber eine sehr abfällige Kritik, indem sie mich mit großer Bitterkeit beschuldigte, eine Begräbnismusik gemacht zu haben. Herr von Richelieu erkundigte sich klüglicherweise erst, von wem die Verse dieses Monologes herrührten. Ich legte ihm das mir übersandte Manuscript vor, welches den Beweis lieferte, daß sie von Voltaire wären. »In diesem Falle,« sagte er, »ist Voltaire allein der Schuldige.« Während der Probe erhielt alles, was von mir herrührte, der Reihe nach den schärfsten Tadel der Frau De la Poplinière und den Beifall des Herrn von Richelieu. Allein meine Gegner behielten doch das Uebergewicht, und ich wurde aufgefordert, einige Theile einer Umarbeitung zu unterziehen, über die ich mich mit Herrn Rameau in Einvernehmen setzen sollte. Durch ein solches Ansuchen um so mehr gekränkt, da ich Lobsprüche erwartet und sicherlich auch verdient hatte, kehrte ich heim, den Tod im Herzen. Von Anstrengung erschöpft, von Aerger verzehrt, sank ich auf das Krankenlager und war sechs Wochen lang außer Stande auszugehen.
    Rameau, dem nun die von Frau De la Poplinière bezeichneten Aenderungen übertragen wurden, ließ mir die Ouvertüre zu meiner großen Oper abverlangen, um sie mit der von mir für jenes Stück umcomponirten zu vertauschen. Glücklicherweise merkte ich den Fallstrick und verweigerte ihre Herausgabe. Da bis zur Aufführung nur noch fünf oder sechs Tage waren, hatte er keine Zeit mehr, selbst eine zu machen, und mußte deshalb die meine lassen. Sie war im italienischen Stile gehalten, der damals in Frankreich noch ganz fremd war. Indessen fand sie Beifall, und ich erfuhr von Herrn von Valmalette, dem Haushofmeister des Königs, der als Schwiegersohn des Herrn Mussard mir verwandt und befreundet war, daß die Kenner mit meinem Werke sehr zufrieden gewesen wären, und es das Publikum nicht von Rameaus Arbeit hätte unterscheiden können. Dieser ergriff jedoch im Einverständnisse mit Frau De la Poplinière Maßregeln, damit man nicht einmal meinen Antheil an der Arbeit erführe. Auf dem zur Vertheilung an die Zuschauer bestimmten Textbuche, auf welchem sonst immer die Verfasser angegeben werden, wurde nur Voltaire genannt; Rameau wollte lieber seinen Namen unterdrücken, als ihn neben dem meinigen erblicken.
    Sobald ich im Stande war auszugehen, wollte ich Herrn von Richelieu meine Aufwartung machen. Ich hatte die günstige Zeit verabsäumt, er war eben nach Dünkirchen abgereist, wo er die Einschiffung des nach Schottland bestimmten Corps anordnen und überwachen sollte. Nach seiner Rückkehr sagte ich mir zur Beschönigung meiner Trägheit, daß es nun zu spät wäre. Da ich ihn seitdem nicht wiedergesehen, so bin ich um die Ehre, die mein Werk verdiente, wie um das Honorar gekommen, das es mir hätte einbringen müssen; und ich hatte nichts davon als Zeitverlust, Mühe, Aerger, Krankheit und Kurkosten, ohne auch nur einen Sou Gewinn oder vielmehr Entschädigung zu erhalten. Es ist mir jedoch immer so vorgekommen, als ob Herr von Richelieu eine aufrichtige Zuneigung zu mir gehegt und von meinen Talenten günstig gedacht hätte; aber mein Unglück und Frau De la Poplinière brachten mich um die Früchte seines guten Willens.
    Die Abneigung dieser Frau, der ich zu

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