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Rousseau's Bekenntnisse

Rousseau's Bekenntnisse

Titel: Rousseau's Bekenntnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Jacques Rousseau
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Gewalt einer wahnsinnigen Leidenschaft stand, machte ich auch keine Thorheiten. Zufrieden, Therese anständig, aber ohne Aufwand, gegen drückende Sorgen geschützt, zu unterhalten, duldete ich, daß alle Erträge ihrer Arbeit ihrer Mutter zu Gute kamen, und ich beschränkte mich nicht darauf; aber in Folge eines Verhängnisses, das mich verfolgte, wurde Therese von ihren Verwandten gerade eben so ausgebeutet wie Mama von ihren Gaunern, und ich konnte auf keiner Seite etwas thun, das der, für welche es bestimmt, Nutzen gebracht hätte. Es war eigenthümlich, daß die Jüngste unter den Kindern der Frau Le Vasseur, die einzige, die keine Ausstattung erhalten, die einzige war, die ihre Eltern ernährte, und daß diese Aermste, nachdem sie lange Zeit von ihren Brüdern, ihren Schwestern, ja selbst von ihren Nichten geschlagen worden war, jetzt von ihnen ausgeplündert wurde, ohne daß sie sich gegen ihre Diebereien besser vertheidigen konnte als gegen ihre Schläge. Eine einzige ihrer Nichten, Namens Goton Leduc, war ziemlich liebenswürdig und von einem ziemlich sanften Charakter, obgleich sie durch das Beispiel und den Unterricht der andern verdorben wurde. Da ich sie häufig beisammen sah, legte ich ihnen die Namen bei, die sie sich unter einander gaben; ich nannte die Nichte »meine Nichte« und die Tante »meine Tante«. Alle beide nannten mich ihren Onkel. Daher der Name Tante, mit welchem ich Therese seitdem beständig anredete, und den meine Freunde mitunter zum Scherze ebenfalls gebrauchten.
    Man wird begreifen, daß ich keinen Augenblick zu verlieren hatte, um mich aus einer solchen Lage zu reißen. Da ich überzeugt war, daß mich Herr von Richelieu vergessen hatte, und ich von Seiten des Hofes nichts mehr hoffte, machte ich einige Versuche, meine Oper in Paris zur Aufführung zu bringen; allein mir traten Schwierigkeiten entgegen, deren Beseitigung viel Zeit erforderte, und ich gerieth von Tage zu Tage in größere Bedrängnis. Da kam ich auf den Gedanken, mein kleines Schauspiel »Narciß« beim italienischen Theater einzureichen. Es wurde angenommen, und ich erhielt dafür freien Eintritt, was mir große Freude gewährte; das war jedoch auch alles. Es gelang mir nie die Aufführung meines Stückes durchzusetzen, und überdrüssig, Schauspielern den Hof zu machen, sagte ich mich von ihnen los. Ich griff endlich zu dem letzten Mittel, das mir noch blieb, und zu dem einzigen, das ich hätte ergreifen sollen. Während meines Umganges mit dem Hause des Herrn De la Poplinière hatte ich das des Herrn Dupin vernachlässigt. Obgleich die beiden Damen verwandt waren, herrschte doch ein schlechtes Verhältnis zwischen ihnen, und sie besuchten sich nicht; es fand kein geselliger Verkehr zwischen den beiden Häusern statt, und Thieriot allein lebte in dem einen wie in dem andern. Er übernahm meine Wiedereinführung bei Herrn Dupin. Herr von Francueil beschäftigte sich damals mit Naturgeschichte und Chemie und legte eine Sammlung an. Ich glaube, er strebte nach einem Sitze in der Akademie der Wissenschaften; zu dem Zwecke beabsichtigte er ein Buch zu schreiben und hielt mich für geeignet, ihm bei dieser Arbeit hilfreich zu sein. Frau Dupin, die ihrerseits den Plan zu einem andern Buche entworfen, hatte auf mich ungefähr ähnliche Absichten. Sie hätten mich gern gemeinschaftlich zu einer Art Secretär haben wollen, und das war der Gegenstand der Unterhandlungen Thieriots. Ich verlangte vorher, Herr von Francueil sollte mir durch seinen und Jelyotes Einfluß eine Probevorstellung meines Stückes in der Oper erwirken. Er ging darauf ein. Die Proben meiner »Galanten Musen« fanden zuerst mehrmals in dem dazu bestimmten Saale, dann im großen Theater statt. Der Generalprobe wohnten viele bei, und einigen Stücken wurde lebhafter Beifall zu Theil. Trotzdem merkte ich während der von Rebel sehr schlecht dirigirten Vorstellung selbst, daß das Stück keine Aufnahme finden würde und daß es sogar ohne große Verbesserungen nicht aufführungsfähig wäre. Deshalb zog ich es, ohne ein Wort zu sagen und ohne mich einer Zurückweisung auszusetzen, zurück; aber aus mehreren Anzeichen erkannte ich deutlich, daß mein Stück, wäre es auch vollkommen gewesen, doch nicht durchgekommen sein würde. Herr von Francueil hatte mir wohl versprochen, die Probe desselben durchzusetzen, aber nicht die Annahme. Er hielt mir genau Wort. Bei dieser Gelegenheit wie bei vielen anderen habe ich immer wahrzunehmen geglaubt, daß weder ihm

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