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Roxelane

Titel: Roxelane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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Doch dann wiegte er abschätzend sein dunkel gelocktes Haupt. Wußte er doch nicht, ob Ibrahim ihn nicht etwa nur versuchen wollte.
    „Viele sind diesen Weg gegangen“, meinte er; „aber er ist nicht mein Weg! Meine Aufgabe in Ungarn kann ich nur als gut katholischer Christ erfüllen, mein Giulio, wie du ja auch weißt.“
    „Sage mir nicht, Venezianer“, spaßte Ibrahim, „daß du unter ,deiner Aufgabe“ die Generalvertretung des Königs Johann Zapolya verstehst. Dessen Vertrauen würde dich nicht abhalten, noch diese Nacht die Beschneidung zu verlangen, wenn du dir davon einen Vorteil versprächest. Es ist mehr die Krone, die dich leitet, als der König. Die Stephanskrone aber ist heilig, und ihr Träger muß ja wohl katholisch sein? Meintest du etwa das?“
    „Wie könnte ich!“ gab ihm Gritti im gleichen Ton zurück. „Ohne zu wissen, ob mein Herr und Freund Giulio nicht vielleicht selbst geneigt sei, den inzwischen reichlich verrosteten Reifen für seinen eigenen eleganten Kopf wieder herrichten zu lassen!“
    Beide lachten.
    Dann wurde Ibrahim ernst.
    „König?“ wog er die Worte. „Als ungarischer Kral von Soliman mit Fahne, Keule und Heerpauke belehnt .. .?“
    „Für den Bastard eines Dogen von Venedig allerhand!“ wagte sich Gritti vor, trotzdem er noch bei den letzten Verhandlungen geschworen hatte, wie ein Hund sterben zu wollen, wenn er jemals nach der ungarischen Krone trachten sollte.
    „Aber nichts als ein Staub für den Großwesir des türkischen Reiches!“ schloß Ibrahim die Erwägung ab, soweit sie seine eigene Person betraf. „Doch diese Krone zur gegebenen Stunde einem guten Freund zu schenken“, fuhr er mit einer Bewegung zu Gritti hin fort, „wäre ich nicht abgeneigt. Also tust du gut daran, dem Beschneidungsmesser vorläufig noch auszuweichen, mein Aloysio.“
    „Es hat bei dir auch nicht gerade Wunder gewirkt“, lachte Gritti, um seine jähe Freude nicht allzusehr zu zeigen. „Deine Verwandlung in einen christlichen König wäre immerhin noch möglich . . . Viele sagen sogar, du seist in deinem Herzen ein Christ. Aber die kennen dich nicht. In Wirklichkeit sind wir natürlich beide dasselbe, nämlich -nichts.“
    „Wir sind Venezianer“, erklärte Ibrahim.
    „Wenn du die stinkenden Lagunen erst gerochen hättest, würdest du nicht so reden“, widersprach Gritti, weil er der Stadt abgeneigt war, die ihm seinen Adel bestritt. Doch größer noch war seine Freude, und die riß ihn zum Übermut hin. „Im übrigen bist du ein Grieche“, ließ er sich darum entschlüpfen.
    „Und du bist der Sohn einer Sklavin!“ erwiderte Ibrahim ärgerlich. „Das hab Ich mit dem Sultan gemein“, fing Gritti schnell den Hieb ab. „Söhne von Müttern, die sich als Sklavinnen ihre Stellung im Leben erst machen müssen, sind viel unterhaltsamer, mein Giulio“, bespöttelte er sich dann selbst. „Ich zum Beispiel fühle mich zu nichts verpflichtet, sondern verspüre einen so erhabenen Geist in mir, daß ich weder an Mohammed noch an Christus und viel lieber an ein Amulett glaube, wie du eins vorhin ebenfalls auf deiner Brust verbargst.“ Doch statt abzulenken, hatte Gritti nur zum zweitenmal eine empfindliche Stelle bei seinem Freund getroffen.
    Ibrahim runzelte die Brauen. „Laß das!“ sagte er unwillig. „Statt mir nachzuforschen, verantworte dich lieber. Ich bleibe dabei: meine Niederlage mit dem Mustafa verdanke ich dir.“
    „Mir?“
    „Dir! Niemand außer Soliman und dir wußte um meine Absicht. Und Soliman schwieg.“
    „Woher willst du das wissen?“
    „Ich bat ihn darum.“
    „Und das genügt?“
    „Das genügt.“
    Bei jedem andern hätte Gritti über eine solche Zuversicht nur gelacht. Ibrahim aber machte ihn nachdenklich.
    „Du bist sehr zu beneiden, mein Giulio.“
    „Weil ich einen Freund wie Soliman habe?“
    „Weil du zwei Freunde hast“, entgegnete Gritti. „Soliman und mich.“ „Du verrietst mich also nicht?“
    „Nein! So wahr mir ...“
    „Schwöre nicht! Daß ich dir nicht mißtraue!“
    „Und trotz allem war es vielleicht doch Soliman“, überging Gritti den Einwurf. „Damit will ich natürlich nicht behaupten, daß der
    Kaiser auch nur ein einziges Wort geredet habe. Aber wo ist das Geheimnis, das einem Eunuchen widerstände? Und wann ist Prinz Mustafa benachrichtigt worden? Sicher doch einige Tage vor dem neunten ?“
    Diese Gedankengänge waren nicht abzulehnen.
    „Die Walide und Roxelane Sultana müssen sehr schnell gearbeitet

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