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Roxelane

Titel: Roxelane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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du und der Vater, ihr habt doch im neuen Gesetz selbst die Strafen des Korans durch Geldbußen abgelöst“, konnte die junge Sultana gerade noch schüchtern einwenden.
    „Soll das heißen, der Kaiser habe die Strafen seiner selbst willen gemildert?“ entgegnete Roxelane.
    „O Mutter . . .“, seufzte Mirmah und verstummte.
    „Und du, mein Kind, rätst Versöhnung, wo es gar keine Entzweiung gab?“ fuhr Roxelane fort. „Ich befolge Allahs Gebot, wie Er es uns verkünden ließ.“
    „Und wenn ich Ihnen nun sage, daß es dem Vater schlecht geht?“ wagte sich Mirmah von neuem hervor.
    Über Roxelanes Gesicht lief ein zärtlicher Schein. Doch dann verbarg ihre undurchsichtige Ruhe wieder jedes Gefühl.
    „Ich werde zu Allah für ihn beten“, sagte sie.
    „Und nicht des Vaters Wunsch erfüllen?“ drängte Mirmah. „Wirklich nicht?“
    „Wenn von zweien einer nachgeben muß, soll es der Mächtigere tun, zumal wenn er es ohne Sünde tun kann“, gab Roxelane zur Antwort. Doch mehr als alles andere schien Mirmahs Verständnislosigkeit zu beweisen, wie vermessen Roxelanes Ziel sei.
    „Wie kann der Vater denn nachgeben, wenn Sie es sind, die ihm den Zutritt zu sich verwehren?“ sagte Mirmah, ohne auch nur in Erwägung zu ziehen, ob sich nicht vielleicht Soliman der Mutter zuliebe über Tradition und Kanun hinwegsetzen könne.
    „Und der Mächtigere .. .?“ sann sie weiter. „Ich weiß nicht, wer von Ihnen beiden unter diesen Umständen der Mächtigere ist: Sie oder der Vater?“
    Ein leises Lachen kam von Roxelane.
    Aber siegesgewiß war es nicht. Sie hatte ja nicht allein gegen Soliman - sie hatte gegen alle und alles zu kämpfen. Das wußte sie jetzt. Der einzige, der sie vielleicht verstand, mochte Ebusuud sein.
    „Sie müssen doch einsehen, liebe Mutter“, eiferte Mirmah, „daß ein
    Zustand wie der gegenwärtige unhaltbar ist! Alle Welt wundert sich, daß die Würdenträger, denen Sie gewogen waren, noch immer im Amt sind. Auch Rustem gehört zu ihnen. Und nun noch die Ernennung Sokollis zum Nachfolger Chaireddins! Das heißt doch nichts anderes, als daß Sie regieren, obwohl Sie in Ungnade sind. - Nein, nicht in Ungnade“, verbesserte sie sich sofort, „ich kenne ja die Wahrheit. Aber ist es eigentlich nicht dasselbe, wenn Sie dem Vater Ihre Tür verschließen? Wie soll also Bestand haben, was heute noch ist?“ „Vielleicht hat es dadurch Bestand, daß dein Mann und dieser Sokolli und alle die andern tüchtigen Menschen für ihre Ämter besonders befähigt sind und daß der Kaiser das weiß“, meinte Roxelane und mußte dann über Mirmah lächeln. „Aber ich sehe schon“, fuhr sie fort, „das ist dir zu einfach, und allen andern wird es ebenso ergehen. Doch nun sage schon, was du weißt. Vielleicht ist dein Rustem in der Tat besser bedient als ich.“
    Sie glaubte es zwar nicht, doch das war ein Irrtum.
    Es war dafür gesorgt worden, daß Rustem seine Nachricht erhielt, ehe Dede Semid oder der Kapu Aga davon wissen konnten. Immer unzugänglicher wurde daher Roxelane, während ihre Tochter sprach. Der Kaiser habe beschlossen, berichtete Mirmah, der Mutter den Titel einer Chasseki zu geben ...
    „Ich habe ihn nicht darum gebeten“, warf Roxelane ein, um dann sofort wieder ihre Lippen fest aufeinanderzupressen, als reue sie bereits jedes gesprochene Wort.
    Nach einem kurzen angstvollen Blick zu Nino setzte Mirmah ihre Mitteilung dennoch fort.
    Im venezianischen Krieg hatte Barbarossa die großen Familien der Republik als Beherrscher der griechischen Inseln vertrieben. Nun sollten alle diese Inseln zu einem Königreich und zusammen mit Athen zu einem Lehen für Roxelane vereinigt werden.
    Ebenso war ihr der Tribut des Königreichs Zypern zugedacht, wie ihn einst Hafsa Chatun innegehabt hatte.
    Reichtümer und Ehren häuften sich mit den Worten der Tochter auf Roxelanes schmucklosem Scheitel. Trotzdem war Nino aufgestanden, als gelte es, die Herrin vor dem Umfallen zu bewahren.
    „Sprich weiter!“ befahl Roxelane. „Ich denke, die Geschichte hat noch einen Nachsatz.“
    „Sie hat einen ...“, zögerte Mirmah.
    „Mach dir keine, Sorge um mich, meine Liebe“, trieb Roxelane sie an. „Auch Saffieje wurde verbannt. Warum nicht deine Mutter?“ Mirmah zitterte.
    „Nicht geradezu verbannt, liebe Mutter“, sagte sie. „Aber Sie sollen mit aller Feierlichkeit eingesetzt und dann huldvollst beurlaubt werden, um Ihre Länder von - Athen aus zu regieren.“
    Tiefes Schweigen umhüllte die

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