Roxelane
gerade Saffieje hatte sich das Palais, das Soliman sonst nie betrat, schon längst zur eigenen Residenz gewünscht.
Doch Soliman zürnte seiner Chasseki.
Er hätte bei weitem vorgezogen, die letzte Nacht mit ihr zu verbringen, die ihm so vertraut war, und statt dessen mußte er das Abenteuer mit dieser Roxelane bestehen, in das Saffieje ihn gestürzt hatte! Von den Reizen der Überraschung, die ihm die Begegnung mit einer Unbekannten bescheren konnte, hielt Soliman nämlich gar nichts. Dafür erinnerte er sich viel zu gut seines gelegentlichen Versagens, das gerade seinen Körper nicht verschont hatte, weil er, ohne seelisch berührt zu sein, niemals der Mann einer Frau hatte werden können. Diesen Umstand, der ihn einer Frau von Persönlichkeit nur liebenswert machen konnte, empfand er selbst als beschämende Schwäche, und darum war die Zahl seiner Verbindungen mit dem andern Geschlecht bis jetzt auch erstaunlich gering geblieben, um so geringer, als er, selbst mit alttürkischer Strenge erzogen, an jedermann und auch an Frauen die höchsten Ansprüche stellte.
Zusammen mit den Serailpagen war er in derselben Zucht aufgewachsen, die darum keineswegs gelinder war, weil sie ausschließlich von weißen Eunuchen als Lehrern und Erziehern ausgeübt wurde. Mit sechzehn Jahren hatte er dann alles gewußt, was ein wohlerzogener Muselman zu wissen hatte, war er allen körperlichen Übungen gewachsen und im kraftverlangenden Bogenschießen sogar ein Vorbild für andere gewesen.
In diesem Alter hatte er mit seiner Ernennung zum Statthalter von Haifa seinen eigenen Hofstaat und damit seine erste Frau bekommen, die als Mutter der unlängst an der Seuche verstorbenen Prinzen Murad und Mahmud mit Solimans Thronbesteigung auch sofort zur Sultana ernannt worden war.
Eine syrische Hanum war dagegen schon bei der Geburt einer Prinzessin gestorben, derselben, die Soliman dann ebenfalls neben ihren Brüdern hatte bestatten müssen.
Saffieje aber war die dritte und letzte.
Die Sultana Walide hatte diese Verbindung zustande gebracht, als Soliman zwanzig Jahre alt gewesen war, und wenn Soliman seiner ersten Frau, Kira Sultana, auch immer mit der Rücksicht begegnete, die sein Herz und der Koran ihm geboten, so hatte sich Saffieje doch bald gegen jedes Herkommen zur ersten Dame seines Serails aufgeschwungen, was zuletzt in der Verleihung des Chasseki-Titels auch nach außen seinen Ausdruck gefunden hatte.
Niemals aber hätte Saffieje eifersüchtig zu sein brauchen, schon deswegen nicht, weil Soliman so gar nicht neugierig auf Frauen war. Er wußte es ja nicht anders, als daß eine Frau eine Frau sei und daß jede, auf der er seinen Blick ruhen lasse, ihm gehöre.
Allerdings hatte er sonst seine Blicke immer zu beherrschen gewußt, eben weil er nach dem Ungewissen und nach allen oft ärgerlichen Möglichkeiten von Damen, die er nicht kannte, durchaus kein Verlangen trug.
Und nun war ihm von Saffieje, die er vor Kira, seiner älteren und früheren Frau, so ausgezeichnet hatte, Unrecht geschehen!
Saffieje war schuld, daß er sich jetzt in einem Zustand befand, der es den ankleidenden Eunuchen fast unmöglich machte, die Wünsche eines sonst so gerechten Herrn zu befriedigen.
Solimans Ungeduld entsprang dabei jedoch keineswegs Mängeln, die etwa zutage getreten wären. Was der Kaiser nur irgendwie gebrauchte, war auch vorhanden, und das grenzte fast an Zauberei, weil das Köschk Hebetullah jahrelang vergeblich seines Herrn geharrt hatte. Doch für die Hofverwaltung war es das gleiche gewesen, als ob der Herr das Palais bewohnt hätte.
Durch Jahre war es Tag für Tag wie so viele andere instand gehalten worden, immer hatte man alles für den unwahrscheinlichen Fall vorgesehen, daß die Majestät vielleicht doch einmal geruhen würde, sich ihres Hauses zu bedienen.
Die Majestät hatte geruht, und nun fehlte nichts.
Darin war keiner der zuständigen Behörden ein Vorwurf zu machen, nur ... daß der Herr noch ziemlich unbekleidet dastand, als sich der Brautzug bereits durch seine Gesänge ankündigte.
Die ersten Würdenträger des persönlichen Dienstes waren ratlos. Nein, keinen Staatsturban! Welch ein Unsinn! Ob er einen Diwan abhalten oder einen Botschafter empfangen solle? grollte Soliman. Ein Dülbend solle es tun, ein einfacher Kopfbund oder noch besser ein schwarzes Seidentuch, und wenn das zu sehr nach Trauer aussehe, eins in Rot, wie er es bei seinen Zusammenkünften mit Ibrahim Bey, dem Oberstfalkonier, trage, ganz
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