Rubinroter Schatten - Frost, J: Rubinroter Schatten - Eternal Kiss of Darkness (Night Huntress World/ Cat & Bones Welt 2)
allmählich bedrohlich.
Angekleidet verließ sie das Schlafzimmer auf der Suche nach Mencheres. Zu ihrer Überraschung war der Flur, den sie betrat, sehr groß und hatte ebenfalls diese seltsamen Wände. Sie ging an drei Türen vorbei und erreichte schließlich etwas, das wie eine enge Stiege aussah. Sie ging hinab und war verdutzt: Die einzelnen Stufen waren in Stein gehauen und führten in einen unglaublich großen Wohnbereich mit riesiger gewölbter Decke. Fenster waren nach wie vor nirgends zu sehen, und überall gab es diese grau glänzenden Wände.
» Ah, du bist wach«, hörte sie eine Stimme mit leichtem Akzent von irgendwo außerhalb ihres Sichtfeldes.
Kira wagte sich weiter in den Raum vor, enttäuscht, dass die Stimme nicht Mencheres gehörte. Vlad saß auf einem von drei Sofas in dem riesigen Raum. Vor sich hatte er einen aufgeklappten Laptop, mit einer Hand strich er sich gedankenverloren über den kurzen Bart.
» Ist Mencheres hier?«, fragte Kira, die das im Augenblick mehr interessierte als ihr knurrender Magen.
» Nein, aber er müsste bald zurück sein. Du bist früher als erwartet auf den Beinen. Die Sonne geht erst in zwei Stunden unter. Hunger?«
Schmerz durchzuckte sie, und sie schaffte es gerade noch die Worte » ein bisschen« über die Lippen bringen, ohne dass ihre Stimme zittrig klang.
» Kein Problem, ich lasse dir jemanden kommen«, antwortete er.
Jemanden? » Äh, falls du Blutkonserven da hast, nehme ich lieber die.«
Vlad stieß ein kurzes Lachen aus. » Blut konserven? Kommst du noch immer nicht ohne diese Krücken aus? Als ich verwandelt wurde, gab es das Zeug noch gar nicht. Den jungen Vampiren wurden Kriminelle oder feindliche Soldaten vorgeworfen.«
Dass ihr bei seinen Worten nicht der Appetit verging, zeigte nur, wie hungrig sie war. » Auf diese Weise muss ich Menschen wenigstens nicht als Nahrung behandeln«, gab sie zurück, ein bisschen sauer über seinen » Krücken«-Kommentar.
Vlad maß sie mit kühlem Blick. » Du glaubst, du ehrst die Menschen, indem du nicht von ihnen trinkst, aber in Wirklichkeit schadest du ihnen nur. Tierblut sättigt nicht lange, und Blutkonserven sind ständig knapp, weil es nicht ausreichend Spender gibt. Die Beutel, die du trinkst, können im Ernstfall über Leben und Tod eines Patienten entscheiden, und wenn du sie nimmst, bekommt er sie nicht.«
Seinen letzten Halbsatz betonte Vlad mit einem herausfordernden Hochziehen der Augenbrauen. Kira ertappte sich bei dem Gedanken, dass noch kein Schauspieler Vlad je richtig dargestellt hatte. Er war kein bleichgesichtiger Dandy mit Balkan-Akzent und auch kein Adeliger mit Krallen statt Nägeln und monströsem Äußeren. Nein, Vlad war ein markant aussehender Herr um die dreißig mit unwiderstehlicher Ausstrahlung, der eine brutal ehrliche Meinung zum Leben vertrat. Die er allem Anschein nach anderen auch gern ins Gesicht sagte.
Und er hatte ja recht. Ihre Ernährungsgewohnheiten sollten niemandem schaden, und wenn sie sich weiterhin auf Blutkonserven beschränkte, würden sie genau das tun.
» Stimmt«, sagt sie. » Bitte lass mir jemanden kommen. Mein Hunger fängt nämlich langsam an, mir Sorgen zu machen.«
Er lächelte, sodass sein strenges Gesicht plötzlich charmant wirkte. » Gern.« Er griff zu seinem Handy und forderte einen gewissen Mordred auf, einen gewissen Lewis zu ihm heraufzuschicken.
Unsicher blieb Kira stehen. Sollte sie sich hinsetzen? Oder gab es zum Blutsaugen einen eigenen Raum? Die Küche schien ihr das Naheliegendste zu sein, aber wer wusste schon, ob es in diesem seltsamen Vampirunterschlupf mit seinen Felswänden und der hallenden Akustik so etwas überhaupt gab.
» Sind wir unter der Erde?«, erkundigte sie sich.
» Nicht ganz. Wir befinden uns in einer Bergflanke. Das hier war mal ein Bergwerk, aber es ist schon lange verlassen. Vor einigen Jahrzehnten habe ich es zu einer komfortablen Privatunterkunft umbauen lassen.«
Leere Stollen, das würde die Echos erklären. » Wo ist Mencheres hingegangen?«
» Er muss ein wichtiges Telefonat führen. Mein Handy kann er nicht nehmen, sonst findet man uns womöglich, und das darf auf keinen Fall passieren.«
Ach ja, Mencheres wollte sich mit einer Gesetzeshüterin treffen, der mit dem lateinischen Namen für Wahrheit: Veritas. Hoffentlich machte sie ihrem Namen Ehre und lockte Mencheres nicht in die Falle, wenn sie sich auf das Treffen einließ.
Kira fragte sich, ob Mencheres vielleicht extra trödelte. Immerhin
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