Ruby Redfort: Gefährlicher als Gold (German Edition)
lautesten war ihr Herz, das ihr bis zum Hals schlug. Und in ihrem Kopf war nur Platz für einen einzigen Gedanken: Wie konntest du nur so dumm sein?
Als sie den Kopf drehte, um zu sehen, wo das Auto inzwischen war, stolperte sie und landete bäuchlings in einer Pfütze. Der Wagen hielt an. Durch die blendende Helligkeit der Scheinwerferlichter sah sie, wie sich die Tür öffnete und eine dunkle Gestalt ausstieg. Ein Mann! Er stand zuerst nur reglos da, und hinter dem Licht war sein Gesicht völlig ohne Konturen. Dann setzte er sich in Bewegung und kam zielgerichtet auf Ruby zu. Poch-poch machten seine Schuhe auf dem glänzenden feuchten Asphalt, und poch-poch machte auch Rubys Herz. Sie hielt die Luft an, merkte, dass sie es nicht mal schaffte, ihre Hände zu Fäusten zu ballen … Panisch tastete sie nach einem Stein oder Stock, nach irgendetwas, das sich als Waffe eignete, um diesen gespenstischen Fremden abzuwehren. Doch da beugte sich der Mann auch schon über sie … und sie konnte sein Rasierwasser riechen.
»Wann fängst du endlich an, etwas vorsichtiger zu werden, Kleine?«
»Hitch?«, krächzte Ruby. » Sie?! «
»Ja, da kannst du von Glück reden, Kleine«, lautete die Antwort.
17. Kapitel
Ein mulmiges Gefühl
Die Heimfahrt war nicht sehr angenehm. Hitch war nicht sauer, das war gar nicht nötig – Ruby war selbst schon total sauer auf sich. Sie war allerdings auch ziemlich froh – sie saß in einem schönen, warmen Auto und war nicht einem blutrünstigen Verrückten in die Hände gefallen. Es war ja nicht so, dass die Welt voll davon war, aber man konnte nie wissen … und da Ruby in letzter Zeit nicht allzu viel Glück gehabt hatte, war die Wahrscheinlichkeit relativ hoch, auf einen blutrünstigen Verrückten zu stoßen.
Hitch war ungewöhnlich schweigsam auf der Heimfahrt, während Ruby vor sich hin schimpfte. Ab und zu schaute er sie an, zog höchstens mal eine Augenbraue hoch oder nickte zustimmend, aber sie rechnete ihm hoch an, dass er sich die Bemerkung Hab ich’s dir nicht gesagt? verkniff.
Das war auch gar nicht nötig.
Zu Hause im Cedarwood Drive setzte sich Ruby niedergeschlagen auf einen Barhocker am Frühstückstresen, während Hitch Lopez’ Fahrrad aus dem Kofferraum holte. Als er in die Küche kam, sagte er: »Hör mal, Kleine, ich bin vielleicht nicht ganz unschuldig, das gebe ich zu, ich hab dir absichtlich Angst gemacht, um dir eine Lektion zu erteilen. Was meinst du? Sollen wir einen Neuanfang machen?«
Ruby staunte nicht schlecht – damit hätte sie nun wirklich nicht gerechnet.
»Na schön«, sagte sie. »Ich glaube, ich hätte auf Sie hören sollen, aber ich bin nun mal gern unabhängig. Das verstehen Sie doch sicher, oder?«
Hitch nickte. »Okay, dann würde ich vorschlagen, dass du in Zukunft allein zur Maverick Street und zurückfahren darfst, aber mit deinem eigenen Rad und unter der Bedingung, dass du diesen kleinen Peilsender am Lenker anbringst.« Er holte ein kleines rundes, orangefarbenes Metallding aus der Tasche, das eigentlich wie eine Fahrradklingel aussah. »Sobald dir etwas verdächtig vorkommt, drückst du auf den grünen Knopf in der Mitte, und ich eile zu dir.«
Das war ein faires Angebot, wie Ruby fand. »Klar, kann ich machen.«
»Da wäre aber noch eine weitere Bedingung«, fuhr Hitch fort. »Sollte dich mal jemand beschatten – und damit meine ich in Zusammenhang mit deinem Job bei Spektrum, jemand, der herausgefunden hat, woran du arbeitest –, ist Schluss mit lustig und deine Karriere als Codeknackerin gelaufen.«
»Okay.« Ruby nickte widerwillig. »Ich denke, damit kann ich leben.« Was blieb ihr anderes übrig als zuzustimmen? Und außerdem – sie würde sich von niemandem verfolgen lassen!
Am Samstagmorgen zog Ruby ihre Jeans und ein T-Shirt mit dem schlichten Aufdruck HILFE NAHT! an. Sie schaute aus dem Fenster – Mrs Gruber führte ihre Katze Gassi, wie immer dienstags –, doch davon abgesehen war nicht viel los. Ruby ging nach unten, kraulte Floh hinter den Ohren, sprang auf ihr Rad und radelte zur Maverick Street. Ungefähr auf halber Strecke beschlich sie ein … na ja, nicht direkt komisches, aber doch mulmiges Gefühl. Sie hatte keine Ahnung, warum, aber sie wurde das Gefühl nicht los, dass jemand jede ihrer Bewegungen beobachtete.
Du wirst nervös, Ruby, das ist nicht gut. Holzauge, sei wachsam, aber werd bloß nie nervös.
Aber sie konnte das Gefühl einfach nicht abschütteln, dass gleich etwas Schlimmes passieren
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