Ruby Redfort: Gefährlicher als Gold (German Edition)
klickt da dauernd? Spielst du wieder mit diesem Schlüsselring herum? Es macht mich verrückt.«
Ruby nahm die Hand etwas zu schnell aus der Tasche, und Lopez’ Puderdose fiel scheppernd auf den Asphalt des Schulhofs.
Ruby und Clancy starrten darauf.
»Hä? Du hast sie mitgenommen?«
»Wollte ich nicht«, sagte Ruby. »Ich hab’s nicht mal gemerkt – au Mann, da hab ich echt Mist gebaut.« Der kleine Spiegel war zerbrochen, der Puder stieg in einer kleinen Staubwolke auf, und als diese sich lichtete, gab die Puderdose ihr Geheimnis preis. Beim Herunterfallen hatte sich im Deckel ein Fach geöffnet, von dessen Existenz Ruby nichts gewusst hatte: Es war das Fach für die Puderquaste. Doch darin befand sich keine Quaste … sondern ein fein säuberlich zusammengefaltetes Papierchen.
»Was ist das?«, flüsterte Clancy.
Was es war? Nun, der kleine Notizzettel vom Hotel Springbrunnen, den jemand ganz sachte mit einem Bleistift übermalt hatte. Zwischen den Graphitspuren konnte man deutlich Abdrücke erkennen – Striche und in der Ecke oben links ein Wort.
»Der Code, nach dem wir suchen«, flüsterte Ruby ergriffen. »Das muss er sein. Ich hatte also recht, er war nie in den Akten!«
»Sieht für mich nur nach ein paar Linien und Strichen aus«, sagte Clancy. »Striche und dieses komische Gekritzel.« Er zeigte auf die merkwürdigen Buchstaben in der linken Ecke, die tatsächlich verdächtig nach einem Code aussahen.
Ruby setzte sich auf die Bank und dachte angestrengt nach. Was hatte Lopez noch mal gesagt? »Ich hab’s im Spiegel gesehen, und jetzt weiß ich Bescheid.« Was, wenn sie gar nicht den Twinford Tagesspiegel gemeint hatte? Sondern einen echten Spiegel? Nachdenklich hob Ruby die Puderdose vom Boden auf und hielt den kleinen Zettel vor den Spiegel. Die Striche und Linien waren jetzt natürlich anders herum, und die Buchstaben lauteten nun:
»Sagt mir immer noch nichts«, seufzte Clancy.
»Mir auch nicht«, sagte Ruby.
Die Glocke verkündete das Ende der Pause, und Ruby musste wohl oder übel zu ihrer nächsten Stunde gehen. Aber die arme Lopez ging ihr nicht aus dem Sinn. Da hatte sie sich eben noch in ihrem kleinen düsteren Büro in der Maverick Street zu Tode gelangweilt – und drei Tage später war sie tatsächlich tot. Was LB gesagt hatte, traf zu: Neugierde kann wirklich tödlich sein.
Ruby öffnete die Tür von Zimmer 14B und setzte sich.
»Wer kann mir sagen, wie die Formel von Schwefelsäure lautet?«, fragte Mr Singh gerade.
»H 2 SO 4 «, sagte Ruby ohne aufzublicken.
»Korrekte Antwort, Miss Redfort, aber falsches Klassenzimmer. Wenn mich nicht alles täuscht, hast du dienstags bei mir Chemie.«
Ruby blickte sich um. »Oh, verstehe. Falsches Zimmer, falsche Klasse.« Sie schnappte sich ihre Tasche, verließ fluchtartig den Raum und eilte ins Zimmer 14A, das genau ein Stockwerk tiefer lag.
Ruby murmelte eine Entschuldigung für ihr Zuspätkommen und sah zu, dass sie an ihren Platz kam.
»Wie ich gerade sagte«, nahm Mrs Schneiderman ihre Ausführungen wieder auf, »war Khotan bis ins elfte Jahrhundert ein buddhistisches Land, doch dann geriet es unter die Herrschaft von Yusuf Qadr Khan und musste eine neue Religion annehmen. Der weltberühmte Forscher Marco Polo besuchte Khotan im Jahr 1274 – er hatte von dem berühmten Jadebuddha gehört und wollte ihn mit eigenen Augen sehen. Doch leider musste er dann erfahren, dass dieser schon Jahre zuvor aus dem Land geschmuggelt worden war – von wem und wann wusste keiner.«
»Was soll an diesem Buddha so aufregend sein, Mrs Schneiderman«, stellte Vapona eine Zwischenfrage. »Er ist doch nur aus Jade, oder? Mein Mutter hat auch Jadeschmuck.«
»Nun, womit soll ich anfangen, Vapona …« Mrs Schneiderman wurde verlegen; Vapona Begwell als schwierige Schülerin zu bezeichnen, war in ihren Augen noch untertrieben.
»Abgesehen von der Schönheit und Bedeutung des Buddhas an sich, muss man bedenken, dass es sich nicht um eine x-beliebige Jadeart handelt, sondern um durchscheinenden Jadeit – eine Jadeart, die viele für die wertvollere halten. Nicht aber die Bürger von Khotan; sie schätzten den milchig-weißen Nephritjade, der in ihrer Gegend vorkommt, höher ein; für sie war er wertvoller als Gold. Und das macht den Jadeitbuddha auch so geheimnisvoll: die Frage, wie er überhaupt nach Khotan kam. Jade kommt auf der ganzen Erde vor, aber in China gibt es keinen Jadeit.«
Vapona gähnte unhöflicherweise. Red Monroe mochte es
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