Ruby Redfort: Gefährlicher als Gold (German Edition)
nicht, wenn jemand Mrs Schneidermans Gefühle verletzte, und deshalb tat sie das, was sie am besten konnte: Sie heuchelte Interesse. »Mrs Schneiderman, wo kam das Material für den Buddha dann her?«
»Oh, gute Frage, Red. Man findet Jadeit in weit entfernten Ländern wie Neuseeland, aber auch in Amerika, zum Beispiel in Kalifornien. Außerdem in Alaska, Guatemala … und natürlich in Burma, und deshalb vermutet man, dass der Buddha ursprünglich von dort stammt. Jadeit und Nephrit unterscheiden sich nicht nur vom Aussehen her, sondern sie haben natürlich auch ganz unterschiedliche chemische Zusammensetzungen.«
Nun hatte Vapona endgültig genug. Sie legte den Kopf auf den Tisch und schloss die Augen.
Mrs Schneiderman war sichtlich enttäuscht.
Ruby Redforts Gehirnwindungen dagegen begannen zu glühen. Mensch, klar doch!, dachte sie.
»Mrs Schneiderman«, fuhr Red eifrig fort, »Sie sagten, Jadeit habe eine andere chemische Zusammensetzung als Nephritjade – worin besteht dieser Unterschied genau?«
»Ähm, Moment … da muss ich kurz nachdenken«, sagte Mrs Schneiderman. »Ich glaube, das eine besteht aus … Natrium, Sauerstoff, Silizium und … ähm, was war’s noch gleich … ach ja, Aluminium.«
Während ihrer Ausführungen griff die Lehrerin zu ihrer Kreide und schrieb die Abkürzungen dieser Elemente an die Tafel, aber Ruby wusste sie auf Anhieb:
NaAlSi 2 O 6
Kein Code, sondern eine chemische Formel!
Rubys Hand schoss hoch. »Mrs Schneiderman, kann ich bitte kurz raus? Mir ist gerade etwas ganz, ganz Wichtiges eingefallen.«
Mrs Schneiderman schüttelte irritiert den Kopf. »Aber Ruby, wir sind hier in Geschichte, du hast Unterricht … ich kann dich nicht einfach ohne Entschuldigung gehen lassen.«
»Ah, stimmt«, sagte Ruby, holte ein Blatt mit dem Briefkopf der Redforts aus ihrer Tasche und schrieb etwas darauf. Dann sprang sie auf, rannte damit zu Mrs Schneiderman und reichte es ihr.
»Aber Ruby, das hast du doch gerade erst geschrieben, die Tinte ist ja noch feucht.«
»Ach, sie müssen das Blatt nur ein bisschen hin und her schwenken, dann trocknet es sofort.« Ruby eilte zu ihrem Platz zurück und raffte hektisch ihre Sachen zusammen. Und schon war sie auf dem Weg zur Tür.
»Moment, das hab ich doch gar nicht gemeint, Ruby. Ich wollte sagen, dass es doch gar nicht von deiner Mutter geschrieben wurde.«
»Keine Bange, Mrs Schneiderman, meine Mutter würde Ihnen grünes Licht geben, wenn sie hier wäre – unten steht sogar ihre Unterschrift.«
Mrs Schneiderman studierte das Blatt und sah, dass Ruby recht hatte.
Meine Tochter Ruby darf den Geschichtsunterricht verlassen, wenn sie dringend weg muss.
Mit freundlichen Grüßen
S. Redfort
P.S. Danke, dass Sie meiner Tochter so viel über den Jadebuddha von Khotan beibringen, mir ist es trotz all meiner Bemühungen weiß Gott nicht gelungen!
Bis sich Mrs Schneiderman von ihrer Verblüffung erholt hatte, war Ruby schon verschwunden und flitzte durch den Korridor. Und keine zwei Minuten später rannte sie zum Schultor hinaus.
Sie rannte und rannte, bis sie an einer Straßenecke ein öffentliches Telefon entdeckte. Nach zweimaligen Läuten wurde abgenommen.
»Hey, Hitch, wollen Sie wissen, was ich weiß?«
»Kommt drauf an, was du weißt, Kleine.«
»Darf ich mal kurz wiederholen?«, sagte Ruby. »Sie WOLLEN WISSEN, was ich weiß?«
»Okay, jetzt begreife ich. Also, was weißt du?«
»Ich hab gerade etwas im Spiegel gesehen«, sagte Ruby.
Schweigen.
»Sind Sie noch dran, Hitch?«
»Ich hole dich ab, Kleine.«
»Dann sollte ich Ihnen wohl sagen, wo ich bin, oder?«
»Ich weiß, wo du bist, Kleine, an der Ecke Lime Street und Culver Street.«
»Hey, wie machen Sie das?«, fragte Ruby verblüfft.
»Ich hab eine kleine Vorrichtung, die mir immer verrät, von welchem Telefon aus du anrufst«, erklärte Hitch gelassen.
»Ganz schön abgefahren. Ha, dann darf ich nicht vergessen, dass ich Sie niemals anlügen darf, wenn Sie mich fragen, wo ich bin. Aber beeilen Sie sich! Ich schwänze den Unterricht, und das könnte Konsequenzen haben.«
»Überlass Letzteres mir , bin in zehn Minuten da.«
Acht Minuten später fuhr Hitchs Wagen vor.
»Sie sind zu früh«, sagte Ruby.
»Dann muss meine Uhr vorgehen«, erwiderte Hitch. »Also, worum geht’s genau?«
»Geben Sie mir eine Limo aus, dann erzähle ich Ihnen alles.«
»Du pokerst ganz schön hoch, Kleine«, meinte Hitch achselzuckend.
Sie fuhren zu Blinky’s Corner Café
Weitere Kostenlose Bücher