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Ruby und Niall

Ruby und Niall

Titel: Ruby und Niall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pia Recht
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auf dem Beifahrersitz, sie auf der schmalen Rückbank. Das Radio lief die ganze Zeit und sie machten sich auch noch keine Sorgen, als der Radiomann einen schweren Schneesturm ansagte, der sich über die nächsten Tage hinziehen könne.
"Die können das Wetter nicht vorhersagen", sagte sie. Kurz vor Portland schneite es schon so heftig, dass die Autos nur noch im Schneckentempo vorankamen.
"Ich würde euch beide weiter mitnehmen", sagte der junge Mann, "aber ich steh bereits vor meiner Haustür."
Sie setzten sich dem Schneesturm aus und versuchten nur etwa für eine halbe Stunde, von einer Straßenecke aus mitgenommen zu werden. Selbst die Mitleidsmasche mit der Krücke zog nicht mehr bei dem Wetter.

Niall sagte, sein Gipsfuß sei bereits eingefroren und er mache sich echte Sorgen um seine Zehen. Deshalb flüchteten sie in ein Schnellrestaurant, aber diesmal war es nicht einfach, jemanden zu finden, der sie mitnehmen wollte.
"Was ist? Nehmen wir den Bus, wenn sich das Wetter nicht bessert?"
"Hör auf, hier herumzujammern", sagte Ruby, "wir sind keine drei Stunden von Boston entfernt. Es wird sich schon jemand finden."

Das Problem war, dass die Gäste in dem Schnellrestaurant fast alle aus Portland waren und von dort auch nicht weg wollten. Die wenigen, die von außerhalb waren, wollten keine Anhalter mitnehmen, erst recht nicht bei dem Wetter.
"Wir können auf einen neuen Schwung Gäste warten", sagte Niall scheinbar gut gelaunt, während seine Stimmung immer schlechter wurde, "wenn du deine Meinung immer noch nicht ändern willst."
Er wäre lieber allein nach Boston gegangen; er wollte sich mit Ruby nicht streiten und er verstand nicht, weshalb sie sich so quer stellte. Ethan hatte ihr genug Geld in die Hand gedrückt, um damit drei Mal nach Boston und wieder zurückfahren zu können.
"Ich mach das schon", sagte Ruby und er erwiderte: "Ja, klar" und es gelang ihm, genau den Tonfall zu treffen, den er nicht hatte treffen wollen.

Ruby warf ihm einen düsteren Blick zu, stand vom Tisch auf und sprach an der Theke mit der Bedienung, die ihr aufmerksam zuhörte und dann bedauernd den Kopf schüttelte. Niall wandte sich ab, als sie zurückkam, weil er ihr nicht das Gefühl geben wollte, dass er sie beobachtet hatte, strich sich mit einer Hand über das Kinn. Der Bart fehlte ihm. Er hatte sich immer gut dahinter verstecken können, und seit er ihn mühevoll geschnitten und dann abrasiert hatte, fühlte er sich nackt und schutzlos.
"Okay", sagte Ruby, als sie sich ihm wieder gegenübersetzte.
Er sah sie nur an und wartete, was als Nächstes kommen würde.
"Möchtest du vorher noch was essen oder sollen wir uns direkt aufmachen zum Thompson Point?"
"Was ist am Thompson Point?"
"Der Busbahnhof."
"Willst du was essen?"
"Ich bin bedient", sagte Ruby.

Draußen hatte sich das Wetter nicht gebessert, der scharfe Wind blies noch immer den Schnee über die Straßen und wer ein Auto hatte, benutzte es auch. An einer Tankstelle fragte Ruby nach einer Mitfahrgelegenheit zum Busbahnhof und weil Niall neben ihr stand, schwer auf die Krücke gestützt und ein sehr unglückliches Gesicht zeigte, wurden sie von einer Frau mitgenommen, die sich als Charlene vorstellte und sagte, dass es nicht ihre Richtung nach Hause sei, aber sie könne einem solchen Hundeblick nicht standhalten. Worauf Niall wieder rot anlief.
"Seid ihr immer zu zweit unterwegs?", fragte Charlene, als sie aus der Tankbucht rollte, die Straße im Rückspiegel kontrollierte und sich im schleichenden Verkehr einfädelte.
"Wir wollen beide nach Boston", sagte Ruby, warf Niall einen auffordernden Blick zu, damit er auch endlich mal was sagte, "mit wenig Gepäck, aber dafür mit einem Gipsbein."

Während der Fahrt

Ruby überließ es Niall, die Fahrkarten nach Boston zu kaufen, während sie sich um heiße Getränke kümmerte. In einer Ecke stand ein Getränkeautomat, aus dem sie zwei Becher zog und mit etwas füllen ließ, was sich "heiße Zitrone" nannte, aber nicht wirklich etwas mit Zitrone zu tun hatte. Immerhin waren die Getränke so heiß, dass sie die Plastikbecher nur am oberen Rand tragen konnte. Die Wartehalle war sehr viel größer als die in Winslow, und es saßen sehr viel Leute herum, die auf pünktliche und verspätete Busse warteten.
"In einer halben Stunde", sagte Niall und reichte ihr die Fahrkarte. Er nahm den Becher mit der heißen Zitrone vorsichtig entgegen und lehnte die Krücke gegen die Wand, um sich beide Hände zu wärmen.
"Knapp zwei Stunden im

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