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Ruchlos

Ruchlos

Titel: Ruchlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Baum
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aggressiver, als ich wollte.
    »Der Virus hat mich für zwei Tage ausgeschaltet«, sagte Andreas und trank langsam einen kleinen Schluck Mineralwasser. »Ich kann mir schon vorstellen, dass ein alter Mann an so was sterben kann.«
    *
    Am nächsten Morgen war mir wieder übel. Ich musste mich übergeben, danach ging es allerdings wieder. Ich hatte sogar Frühstückshunger. Bloß nach Kaffee war mir absolut nicht, also brühte ich mir einen Kräutertee auf.
    »Ich fange mal an zu arbeiten und schaue, ob ich durchhalte«, sagte ich, während ich einen Toast mit Marmelade bestrich.
    Andreas grinste. »Du bist mindestens genauso verrückt wie ich.«
    »Na, ich weiß ja nicht. Wenn du dabei bleibst, dass du heute zurückkommst, obwohl du noch immer nichts essen kannst, bleibst du der König der Verrückten.«
    Er hatte ebenfalls einen Teebecher vor sich stehen und knabberte an einem Zwieback.
    »Unfug, ich mach einfach noch ein bisschen Diät. Tut mir gut.« Dabei sah er mich nicht an, sondern befasste sich mit der Zeitung.
    Er hatte wirklich in den vergangenen beiden Tagen Gewicht verloren, sein Gesicht sah regelrecht schmal aus. Andy kämpfte seit Jahren gegen einige überzählige Pfunde an – insofern klang die Bemerkung vertraut, dennoch glaubte ich ihm nicht, dass er freiwillig wieder Zwieback aß.
    »Hans hat einen schönen Nachruf auf deinen Querulanten geschrieben.« Er begann zu lachen. »Nein, du bist nicht krank.«
    Verwirrt blickte ich ihn an. Andreas zeigte auf meinen Teller mit einem Toast, den ich gerade dick mit Knoblauchkäse belegt hatte.
    *
    »Hat dir eigentlich schon einmal jemand gesagt, dass niemand unersetzlich ist, Boss?«, begrüßte Ingeborg Andreas. » Und dass Kirsten dich hier sehr gut vertritt?«
    Ich dankte ihr mit einem Lächeln.
    »Ach, es ist doch schön zu hören, dass man vermisst wird«, entgegnete Andy. »Wenn du mir jetzt noch einen Gesundheitstee aufgießt, bin ich dir ewig dankbar.«
    »Für mich auch, bitte«, hängte ich an.
    »Na, ihr seid ja ein starkes Team!«
    Ich versicherte Ingeborg, dass mir bloß ein bisschen kodderig sei, holte meine Unterlagen aus Andys Büro und richtete mich wieder an meinem eigenen Schreibtisch ein, wo ich den Artikel von Hans las. Es war ein einfühlsamer Text geworden, von dem ich dachte, dass er dem alten Herrn gerecht wurde.
    »Weißt du, wer mich gerade angerufen hat?«, fragte Andy. Seine Stimme klang gepresst.
    Ich hatte ihn nicht kommen hören und blickte erstaunt auf. »Wie sollte ich?«
    »Der Müller. Er ist nämlich vom Chef der Messe rausgeklingelt worden. Du hast noch einmal von den unsauberen Abrechnungen für die Baumaßnahmen geschrieben, über die ich vor einem Jahr berichtet hatte.«
    Ich nickte. Mir dämmerte, dass mit dieser Sache etwas gewesen war, aber mir fiel nicht ein, was. Andere Kollegen trudelten ein, begrüßten Andreas mehr oder weniger erfreutironisch und begaben sich an ihre Arbeit.
    »Verdammt noch mal!« Es fiel Andy offenbar schwer, nicht laut zu werden. Von der anderen Seite des Raums schaute Christina zu uns herüber. »Erinnerst du dich nicht? Wir mussten eine Gegendarstellung bringen. Ich hatte mich viel zu weit aus dem Fenster gelehnt. Kirsten, das darf doch nicht wahr sein – wir haben damals stundenlang über die Geschichte geredet!« Er stützte sich mit beiden Händen auf meinem Schreibtisch ab, an den Unterarmen traten die Adern hervor.
    »Du hattest deinen Text noch im Verzeichnis stehen – ohne einen Hinweis«, versuchte ich mich zu verteidigen.
    »In meinem Verzeichnis! Wenn du darin herumstöberst …«
    »Herumstöberst? Ich fass es nicht! Du …« Im Eingang erschien Jonas Michaelis, er steuerte geradewegs auf uns zu. Ich schluckte den Rest herunter.
    »Guten Morgen, Frau Bertram.« Er trug ein T-Shirt mit ›New-York-City‹-Aufdruck, in dem er endlich so jung aussah, wie er war. Sein Parfüm sorgte wieder dafür, dass mir schlecht wurde. »Ich habe Ihren Artikel gelesen. Zufällig habe ich mich mit der Berichterstattung über die Dresdner Messe schon beim Studium beschäftigt: Ist nicht der Verdacht, dass die Bauarbeiten falsch abgerechnet wurden, längst widerlegt?« Mit einem leicht devoten, aber selbstbewussten Gesichtsausdruck blickte er mich an.
    Ich biss die Zähne zusammen, sah aus den Augenwinkeln, wie sich Andys Mund sarkastisch verzog. »Guter Mann«, sagte er in Richtung des Praktikanten. »Aus Ihnen wird noch etwas.«
    So sehr ich mich auch dagegen wehrte, mir schossen die Tränen in

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