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Ruchlos

Ruchlos

Titel: Ruchlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Baum
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Krankenhaus befasst.«
    »Ach ja?« Jetzt schaute ich ihn an, betont neutral.
    »Du hattest recht. Da ist was faul«, sagte er eifrig.
    »Und du hast eine tolle Story, vermute ich?«
    »Nein.« Verunsichert stockte er. »Noch nicht, zumindest. Aber einen Anfang.«
    »Gut, also dann hat das ja noch Zeit, oder?« Ich wandte mich zur Tür.
    »Kirsten, ich will nicht wissen, was für private Probleme ihr beiden habt, aber spiel hier bitte nicht Kindergarten.« Martin klang etwas zu laut, aber durchaus wie ein richtiger Chef. »Andreas hat den Namen der Firma, die diese künstlichen Gelenke herstellt, herausgefunden. Als er dort anrief, reagierte man sehr zurückhaltend.«
    »Ich hab direkt nach den vielen hochpreisigen Prothesen gefragt, und daraufhin ist der Mitarbeiter total ins Schwimmen gekommen«, fiel Andy ihm ins Wort.
    »Es ist eine Dresdner Firma«, Martin verkürzte die Sprechpause, als er merkte, dass Andreas wieder etwas sagen wollte, » deshalb meinte der Chef, wir könnten ein Porträt des Unternehmens bringen.«
    »Ich kann da ja schlecht hin, so wie ich aussehe.« Andy versuchte es mit seinem gewinnenden Lächeln, das auf der rechten Seite durch den Verband abgefangen wurde. »Aber wenn du ihnen vielleicht einen Besuch abstatten könntest, also vor Ort bekommst du bestimmt etwas raus.«
    Die Idee war nicht schlecht, das musste ich zugeben. Ebenso wie die Vorarbeit. Gut, dann wollte ich nicht K indergarten spielen‹, sondern würde einwilligen. Ich suchte noch nach einem Spruch über Andys lädiertes Aussehen, in den ich meine Zusage kleiden konnte, als das Telefon klingelte.
    Martin meldete sich, gab ein »Ja, der ist noch hier« von sich, legte auf.
    Unmittelbar darauf klopfte es an der Tür, und Kommissar Clausnitzer betrat mit seinem älteren Kollegen den Raum. Die Männer grüßten in die Runde.
    »Herr Rönn, gut, dass wir Sie hier antreffen. Wir haben verdächtige Rechtsradikale festgenommen und bräuchten Sie für eine Gegenüberstellung.«
    Andreas’ Gesicht verlor schlagartig wieder seine Farbe. » Aber ich habe Ihnen doch schon gesagt, dass das …«
    »Ein Missverständnis war, ja. Wir würden Sie trotzdem gern mitnehmen. Kommen Sie bitte?«
    Andys linke Hand krallte sich um die Stuhllehne. Ich sah die Adern hervortreten.
    »Nein.« Er flüsterte fast.
    »Doch«, sagte ich laut. »Ich komme auch mit.«
    »Auf gar keinen Fall!« Nun klang er durchdringend, fast hysterisch. »Du bleibst hier. Und wieso können Sie mich einfach mitnehmen? Ich habe meine Aussage gemacht!«
    Was sollte das? Martin sah mich fragend an, ich zuckte die Achseln und ließ meinen Blick zu den beiden Beamten wandern. Die wirkten sehr cool.
    »Wir möchten Sie lediglich bitten, einen Blick auf die Festgenommenen zu werfen«, beschwichtigte Herr Clausnitzer. »Aber vielleicht kann uns ja auch Frau Bertram weiterhelfen. Frau Rendille wartet draußen.« Er wandte sich zum Gehen.
    Andreas sah aus wie ein in die Enge getriebenes Tier. »Ich komme mit«, presste er nach einer schier endlosen Pause hervor, fügte schnell an mich gerichtet hinzu: »Wenn du hierbleibst.«
    Als ich hinter ihnen auf den Flur hinaustrat, und in Simones Gesichtsausdruck das Spiegelbild von Andys erkannte, wurde es mir schlagartig klar: Er hatte Angst. Nackte Angst.
    »Einen Augenblick noch«, sagte ich zu der Praktikantin und den Beamten, zog Andreas zurück in sein Büro, an dem erstaunten Martin vorbei und durch die andere Tür in den Waschraum. Eine der vier Kabinen war belegt. Ich drehte einen Wasserhahn weit auf und zischte leise und scharf:
    »Simone macht sich genauso in die Hose wie du, aber sie kneift nicht!«
    Andy stützte sich mit der linken Hand auf dem Waschbecken ab, vermied den Blick in den Spiegel darüber ebenso wie den in meine Augen. In der Toilettenzelle rauschte es und Jonas Michaelis kam heraus, grüßte überrascht, als er Andreas sah. Der reagierte gar nicht, starrte weiter in das laufende Wasser. Ich versuchte, dem jungen Kollegen mit Blicken klarzumachen, dass er verschwinden sollte, was er jedoch erst nach quälend langsamem Händewaschen am Becken neben uns tat.
    Nahezu tonlos flüsterte Andy etwas, als die Tür zugefallen war.
    »Was?« Ich drehte den Wasserhahn zu.
    »Ob du glaubst, dass ich Angst um mich habe?«
    »Was denn sonst?« Ich studierte sein Profil. Er hatte den Kopf ein wenig angehoben, sah mich jedoch noch immer nicht an.
    »Ach ja«, seine Stimme wurde lauter und bekam einen zynischen Ton, »natürlich. Ich

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